Mülheim. Früher kamen der Pfarrer oder der Kaplan zur Beerdigung. Jetzt kommen immer öfter ehrenamtliche Begräbnisleiter. Wir trafen vier von ihnen.
Früher kamen der Pfarrer oder der Kaplan zur Beerdigung. Doch in Zeiten des Priestermangels kommen seit 2015 immer öfter auch ehrenamtliche Begräbnisleiter, wenn es darum geht, Verstorbene würdig beizusetzen und ihre Hinterbliebenen seelsorgerisch zu begleiten.
Auch interessant
Die Mülheimer Gemeindemitglieder Bernd Heßeler (St. Mariä Himmelfahrt), Rolf Völker (St. Engelbert), Christoph Groote (St. Mariae Geburt) und Heinz Nienhaus (St. Theresia vom Kinde Jesu) stellen sich dieser Herausforderung. „Das ist ein schwieriges Ehrenamt, das man nicht mal so eben übernimmt“, sagt der Pfarrer von St. Barbara und St. Mariä Himmelfahrt, Christian Böckmann.
Lange als Priester in der Krankenhaus-Seelsorge gearbeitet
Der Priester, der lange in der Krankenhausseelsorge gearbeitet hat und in diesem Zusammenhang auch die Ausbildung der ehrenamtlichen Begräbnisleiter begleitet hat, sieht diese ehrenamtlichen Kollegen aus der Mitte der Gemeinde nicht nur als praktische Entlastung für die hauptamtlichen Seelsorger. „Es geht bei diesem Ehrenamt in besonderer Weise auch darum, christliche Charismen zu entdecken und für die Glaubensverkündigung zu nutzen“, betont Böckmann.
Der pensionierte Bankbetriebswirt Bernd Heßeler, der sich bereits seit fünf Jahren als ehrenamtlicher Begräbnisleiter engagiert und außerdem in der ökumenischen Trauerbegleitung links der Ruhr aktiv ist, sieht sich nicht als geistlichen Lückenbüßer. „Wir bringen mit unserer Arbeit zum Ausdruck, dass die Gemeinde ihre Toten beerdigt und damit einen urchristlichen Liebesdienst leistet“, beschreibt der 67-Jährige seine Motivation.
Den Menschen zugewandt sein
In den vergangenen fünf Jahren hat er 102 Begräbnisse geleitet. Die wichtigste Eigenschaft, die man als ehrenamtlicher Begräbnisleiter oder als ehrenamtliche Begräbnisleiterin braucht, formuliert Heßeler so: „Man muss Menschen mögen und ihnen zugewandt sein.“
Natürlich hat nicht nur Heßelers Kollege Rolf Völker als ehrenamtlicher Begräbnisleiter beim Trauergespräch schon einmal Sätze wie diesen gehört: „Unsere Mutter ist immer in die Kirche gegangen. Da ist es doch das Mindeste, dass ein Pfarrer kommt.“ Doch am Ende, das weiß nicht nur der pensionierte Ingenieur zu berichten, erleben alle ehrenamtlichen Begräbnisleiter bei ihrer Arbeit vor allem eines: „die Dankbarkeit für seelischen Beistand in einer emotionalen Ausnahmesituation.“
Nachdem Völker in den vergangenen vier Jahren 138 Beerdigungen geleitet hat, weiß er: „Jedes Trauergespräch ist anders. In der Regel dauern sie etwa eine Stunde, aber ich habe auch schon vierstündige Trauergespräche erlebt.“
Wichtig: Eine gute seelsorgerische Trauerbegleitung
Ausbildung zwischen Oktober und Mai
Das Bistum Essen bildet seine ehrenamtlichen Begräbnisleiter jeweils zwischen Oktober und Mai im Essener Kardinal-Hengsbach-Haus aus. Ihre Ausbildung umfasst sechs Module mit insgesamt 90 Stunden. Auf dem Stundenplan der Kursteilnehmer stehen zum Beispiel seelsorgerische Gesprächsführung, Liturgie und liturgischer Gesang sowie Predigtkunde und Bestattungsrecht.
Wer sich für das Ehrenamt interessiert, sollte sich an die Projektleiterinnen Andrea Schlüter und Melanie Malitius wenden. Sie sind erreichbar unter 0208-380093 oder 0208-63554140, andrea.schlueter@bistum-essen.de und melanie.malitius@bistum-essen.de. Weitere Informationen: bistum-essen.de/info/seelsorge-glaube/liturgie/
Sein 46-jähriger Kollege Christoph Groote, der als Versicherungsbetriebswirt noch mitten im Berufsleben steht, weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine gute seelsorgerische Trauerbegleitung ist. Er selbst hat sie nach dem plötzlichen Freitod seines Bruders in Gesprächen mit dem Pfarrer von St. Mariae Geburt, Michael Janßen, erlebt.
Diese intensive Auseinandersetzung mit Gott und der Welt, mit Tod und Leben, hat ihn letztlich dazu gebracht, sich selbst als ehrenamtlicher Begräbnisleiter zu engagieren. „Man kann nichts mitnehmen, nur die Liebe und das Wissen“, bringt Ex-Messdiener Christoph Groote die wichtigste Erkenntnis auf den Punkt, die er während der vergangenen sieben Monate sammeln konnte, in denen er sechs Begräbnisse geleitet und den Hinterbliebenen beigestanden hat.
Dem Ehrenamt seelisch gewachsen sein
Wie sein 67-jähriger Kollege, Heinz Nienhaus, der sein Berufsleben als selbstständiger Gerüstbauer bestritten hat, hat auch Groote das Gefühl, durch sein Ehrenamt „seelisch gewachsen“ zu sein. Für Nienhaus ist es wichtig, den Hinterbliebenen den christlichen Auferstehungsglauben und damit Hoffnung und Trost zu vermitteln. „Wir haben die Chance, auch kirchenfernen Menschen durch unsere Arbeit ein positives Erlebnis von Kirche zu vermitteln“, ist Christoph Groote überzeugt.
Und nicht nur Heinz Nienhaus, der in den vergangenen sieben Monaten 14 Begräbnisse geleitet hat, geht mit einem guten Gefühl nach Hause, wenn sich Hinterbliebene nach der Beerdigung bei ihm bedanken und zum Beispiel sagen: „Wir haben uns bei Ihnen gut aufgehoben gefühlt.“
Ob Spazierengehen, Fahrradfahren oder Karnevalfeiern: Alle Begräbnisleiter wissen von einem lebendigen Ausgleich zu berichten, der ihnen Kraft für die Konfrontation mit der Vergänglichkeit des Lebens gibt.