Mülheim. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind im Jahr 2019 in Mülheim rückläufig gewesen. Doch es gibt deutliche Signale für einen Abschwung.

Die Agentur für Arbeit blickt zum Abschluss des Arbeitsmarktjahres mit Sorge auf die stark gestiegene Zahl von Mülheimern in Kurzarbeit und darauf, dass Arbeitgeber ihr in diesem Jahr deutlich weniger offene Stellen zur Vermittlung gemeldet haben. Ist das schon die befürchtete Arbeitsmarktkrise?

„Nein“, sagte Agentur-Geschäftsführer Jürgen Koch nun im Gespräch mit der Redaktion, in der auch Mülheims Jobcenter das Jahr Revue passieren ließ. Gleichwohl sieht Koch eben jene zwei Krisenanzeichen bei Kurzarbeit (steigend) und Jobangeboten (sinkend).

Mülheimer Arbeitslosenzahl laut Agentur-Chef „immer noch ein herausragender Wert“

2019 ist aus Sicht der Arbeitsagentur aber zunächst einmal kein schlechtes Jahr gewesen. Etwa sank erneut die offizielle Arbeitslosenzahl im Jahresmittel auf 6099 betroffene Mülheimer (minus 2,2 Prozent; Quote: 7,1 Prozent). Das sei „immer noch ein herausragender Wert“ im Kern-Ruhrgebiet, so Koch. Einschränkend muss er allerdings konstatieren, dass in den wirtschaftlich guten Jahren zuletzt die Arbeitslosenzahlen in vielen umliegenden Städten deutlicher gesunken sind als in Mülheim.

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Auch die Zahl der Mülheimer ohne regulären Job am ersten Arbeitsmarkt sei deutlich gesunken, so Koch, auf rund 9000 im Jahresmittel. Letztgenannte Zahl bezieht etwa Menschen mit ein, die an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnehmen, etwa Ein-Euro-Jobber.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung: Mülheim verliert an Boden

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, 59.500 waren es Ende März 2019, sei immer noch ein guter Wert, sagt Koch. Allerdings verliere Mülheim an Boden, weil in Städten ringsum deutlich mehr Beschäftigung aufgebaut worden sei. Und, auch ein Fakt: Während die Vollzeit-Jobs leicht rückläufig sind, resultiert die leichte Zunahme um 342 Stellen im Jahresvergleich allein auf Teilzeit-Jobs.

Die Neustrukturierung von Tengelmann macht sich weiter bemerkbar, Stellen verschwinden zudem bei Siemens, insgesamt im Metallbereich und im Maschinenbau. Aktuell gingen die Pläne zum Stellenabbau bei Aldi Süd, Europipe und Mannesmann Grobblech durch die Öffentlichkeit.

Kurzarbeit: Anzeigen auf „absolutem Rekordstand“

Auch andere große Industrieunternehmen in der Stadt haben zu kämpfen mit einer mangelhaften Auslastung; abzulesen ist das laut Koch „am absoluten Rekordstand“ bei der Kurzarbeit, die im Dezember für 1331 Beschäftigte in örtlichen Unternehmen angezeigt ist. „Es steht auf der Kippe, ob die 1331 Menschen wieder zurück in die Beschäftigung kommen“, so Kochs Sorge.

Ob die negativen Entwicklungen bei Kurzarbeit oder Stellenzugängen, wo die Agentur im Jahresvergleich einen satten Rückgang von 19,4 Prozent feststellt: Hier sei die Situation in Mülheim, verglichen etwa mit Oberhausen, „frappierend“, so Koch. Auch durch Insolvenzen seien im vergangenen Halbjahr rund 150 Arbeitsplätze querbeet durch die Branchen in Mülheim verloren gegangen.

Fachkräftemangel im Handwerk, beim Bau und in der Pflege

Positive Beschäftigungseffekte könnte es laut Agentur-Chef im Handwerk, in der Bauindustrie und im Pflegesektor geben – aber nur in der Theorie. Die Nachfrage nach Fachkräften sei da, aber kein qualifiziertes Personal ohne gravierende Vermittlungshemmnisse zu finden.