Mülheim. . Bei ihrer Jahresbilanz blickte die Industrie- und Handelskammer mit großer Sorge nach Mülheim. Im Fokus dabei: Gewerbeflächen und Nahverkehr.
Bei ihrer Jahresbilanz-Pressekonferenz hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) am Dienstag Mülheim zum Sorgenkind im Drei-Städte-Vergleich mit Essen und Oberhausen dargestellt. Scharfe Kritik gab es insbesondere für die Standortpolitik und die Nahverkehrsplanung.
Konjunktur-Umfrage: Unternehmen weiter guter Dinge
In einer aktuellen Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen äußern weiter 53 Prozent der Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage als gut (befriedigend: 39 Prozent). Nur acht Prozent beklagen ihre Situation.
Gut ein Fünftel glaubt, dass sich ihre Lage in den kommenden zwölf Monaten noch bessern wird, 16 Prozent glauben an eine Verschlechterung (2018: 7 Prozent). „Für uns ist das ein deutliches Zeichen, dass sich die Wirtschaft in der MEO-Region weiterhin stabil hält“, so IHK-Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel.
Noch zwei Werte: Ein Viertel der befragten Unternehmen will künftig mehr investieren. 19 Prozent wollen ihre Investitionen zurückfahren. Jedes fünfte Unternehmen will zusätzlich Personal einstellen, 17 Prozent wollen Personal abbauen.
„Da hat Mülheim ja die volle Breitseite abbekommen“, sagte eine Journalistin beim Verlassen der IHK-Zentrale in Essen – und hatte es damit auf den Punkt gebracht. Insbesondere der Gewerbeflächen-Notstand in Mülheim treibt die IHK-Vorderen um. Sie stellen deutliche Forderungen diesbezüglich an einen neuen Entwurf für den Masterplan Industrie und Gewerbe, der nach dem politischen Scheitern des ersten Papiers dem Vernehmen nach in verschiedenen Runden hinter verschlossenen Türen diskutiert wird. Im Herbst oder zum Jahreswechsel, so rechnen Beteiligte, wird ein neuer Entwurf vorgelegt.
IHK: Mülheim hat genügend Freiflächen, um noch Gewerbe anzusiedeln
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90 Hektar zusätzlich an Gewerbe- und Industrieflächen seien in Mülheim auszuweisen, um die Nachfrage zu befriedigen, so Heinz-Jürgen Hacks, Geschäftsführer für Industrie, Raumordnung und Verkehr bei der IHK. Der Kammer in diesem Zusammenhang vorzuwerfen, sie sei dafür „den letzten Quadratmeter zuzuzementieren“, sei nicht angebracht.
Mülheim verfüge nach aktuellsten Zahlen über einen Freiflächenanteil von 44 Prozent. Schaue man etwa nach Bochum (29 Prozent), Gelsenkirchen (259, Oberhausen (24) oder Herne (22), sehe man: „Da liegen Welten zwischen“, so Hacks. 90 Hektar neue Wirtschaftsflächen ließen den Freiflächen-Anteil in Mülheim lediglich um einen Prozentpunkt sinken.
Kammer kritisiert Flächenvorratspolitik im Bezirk
IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Püchel hatte schon zuvor die
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kritisiert und Zahlen vorgelegt, nach denen in anderen IHK-Bezirken bis zum Jahr 2032 deutlich mehr Flächenpotenziale für die Wirtschaft zur Verfügung stünden.
Für diesen einen von zwölf Themenschwerpunkten, die die IHK in ihrem neuen Handlungsprogramm „Meo 2030+“ setzt, stellte Püchel für die MEO-Region fest: „In den kommenden 15 Jahren stehen hier von den benötigten zusätzlichen Flächen in einer Größenordnung
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.“
Geschäftsführer Hacks: Wirtschaftliche Entwicklung in Mülheim „grottenschlecht“
Die Folgen für die Entwicklung bei Beschäftigtenzahlen und Wirtschaftsleistung seien bereits deutlich spürbar. Mülheim ist da das Sorgenkind. Bei Ansiedlungs- und Expansionsvorhaben könne Mülheims Wirtschaftsförderer nahezu durchgehend das Schild „Ausverkauft“ rausstellen, so Püchel.
Wiederum Hacks verwies darauf, dass Mülheim bereits in jüngerer Vergangenheit bei der Entwicklung der Wirtschaftsleistung „grottenschlecht“ abschneide, nach Bereinigung der Preisentwicklung gar ein Negativ-Wachstum zu Buche stehe.
IHK: Mülheim könnte mit besserer Wirtschaftspolitik Haushaltsnot lindern
Für Hacks liegt hierin auch eine bedeutende Ursache für die Haushaltsnot der Stadt. Nach seiner Berechnung hätte der Kämmerer jedes Jahr 26 Millionen Euro Mehreinnahmen, wenn sich das Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren zumindest mit dem NRW-Schnitt fortentwickelt hätte.
Auch bei der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen habe Mülheim seine exponiert gute Stellung mittlerweile eingebüßt. Wo Hacks wieder bei der IHK-Forderung landete: Mehr Gewerbeflächen ausweisen!
Im Nahverkehr zu sparen, sei der falsche Weg
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Auch in der Nahverkehrsplanung sieht die IHK Mülheim auf einem falschen Weg. Angesichts der vielfältigen Verkehrsprobleme und der Debatte um Luftschadstoffe sei in eine Ausweitung des Angebots zu investieren. Der ÖPNV sei deutlich attraktiver zu gestalten, so Püchel.
Mit Blick auf Mülheim sagte er, die Haushaltsprobleme seien auch an anderer Stelle zu lösen –
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. Dort leiste sich Mülheim deutlich mehr als andere Städte, blicke man auf die Personalkosten pro Einwohner.