Mülheim. Das Ambulante Hospiz Mülheim will sichtbar werden und ist in ein Ladenlokal in der City gezogen. Dort werden zwölf neue Ehrenamtler ausgebildet.

Manche leisten den wichtigen Dienst am Menschen ganz im Stillen. Dazu gehören auch die Ehrenamtler des Ambulanten Hospizes Mülheim, die seit über 23 Jahren Sterbende und ihre Familien begleiten. Der Verein hat nun erstmals ein eigenes, sichtbares Büro in der Innenstadt bezogen. Am Kohlenkamp 7 ist willkommen, wer Hilfe in einer schweren Zeit benötigt.

Die neuen Räume in der Innenstadt sind hell und freundlich

Es ist noch alles ein wenig unfertig in den neuen Räumen, wo früher einmal ein Ladenlokal war. Doch dass hier alles hell, freundlich und einladend gestaltet wird, kann man schon deutlich sehen. Ursula König, die Leiterin des Ambulanten Hospizes, freut sich darauf, wenn das Schaufenster endlich schön gestaltet ist, und die Passanten sehen können, wer hier eingezogen ist. Mancher traut sich vielleicht dann eher über die Schwelle. Vielleicht, weil er die Hilfe des Ambulanten Hospizes Mülheim benötigt, vielleicht, um sich einfach mal zu informieren.

Der Verein finanziert sich über Spenden

Die Menschen würden oft zu spät nach Unterstützung fragen, sagt Ursula König, das sei sehr schade. Sie selbst hat schon einmal eine unheilbar erkrankte Frau über eineinhalb Jahre begleitet.

Oft heiße es dann beim ersten Kontakt, es sei ja noch Zeit, und dann müsse es plötzlich schnell gehen, weil die letzte Lebensphase angebrochen sei. Ursula König weiß, dass Tod und Sterben nach wie vor ein Tabuthema in der Gesellschaft ist, das auch in den Familien ausgeklammert wird.

Der Verein Ambulantes Hospiz Mülheim finanziert sich über Spenden und wird von den Krankenkassen unterstützt.

Ursula König bildet gerade zwölf neue Ehrenamtler aus, die in einem sechsmonatigen Kurs plus Praktikum fit für die anspruchsvolle Aufgabe gemacht werden. 38 aktive ehrenamtliche Frauen und Männer gibt es bereits, die in Mülheim Schwerstkranke und Sterbende zu Hause oder im Seniorenheim begleiten, aber auch mit ins Krankenhaus, ins Stationäre Hospiz gehen, wenn das in den letzten Tagen und Stunden nötig sein sollte. „Wir werden“, betont Ursula König, „nur auf Anfrage tätig.“ 60 bis 80 Begleitungen hat das Ambulante Hospiz im Jahr im Durchschnitt. In den vergangenen fast 24 Jahren haben man noch nie eine gewünschte Begleitung ablehnen müssen. „Es ist toll, dass wir immer wieder neue Ehrenamtler finden“, freut sich Ursula König.

Das Angebot der ehrenamtlichen Begleitung ist kostenlos

Das Angebot des Vereins, der im Januar 1996 als „Hospizverein“ gegründet wurde, ist kostenlos und für jedermann offen. Wer die Kontaktnummer wählt, wird bei Andrea Guntermann landen, der einzigen fest Angestellten des Vereins. Als Halbtagskraft organisiert sie die Ehrenamtlichen für den Einsatz in den Familien. Sie schaut, wer am besten zu der Familie passen könnte. Die Ehrenamtlichen, darunter sind seit zehn Jahren auch immer wieder Männer, werden gut vorbereitet auf ihre Aufgabe, bei der sie weitgehend auf sich selbst gestellt sind. Sie müssen bestimmte Qualifikationen haben, um ganz selbstständig in einer seelisch wie körperlich belastenden Ausnahmesituation Familien Unterstützung sein zu können. „Es ist eine schwierige, sensible Situation, die viel Empathie erfordert“, weiß Ursula König. Unterstützung erfahren die Ehrenamtler regelmäßig durch den Verein, durch regelmäßige Supervisionen.

Der oder die Ehrenamtliche macht allein mit den Familien aus, wie oft oder wie lange die Unterstützung gewünscht ist, wobei der Kranke immer im Mittelpunkt steht. Im Schnitt sind das zwei, drei Termine in der Woche, jeweils für etwa zwei Stunden. Wenn es dem Ende zugeht, wird es meistens mehr, so die Erfahrung von Ursula König, die betont: „Wir pflegen in keiner Weise, wir sind nur im psychosozialen Bereich tätig.“ Die Angehörigen können den Kranken in besten Händen wissen, wenn eine dringende Erledigung nicht warten kann oder sie vielleicht einmal eine kleine Auszeit für sich selbst brauchen. Viele, weiß König, sind erschöpft, weil sie sich nicht mehr trauen, den Kranken allein zu lassen.

Die Ehrenamtler werden sorgfältig für ihre anspruchsvolle Aufgabe geschult

Die zwölf neuen Ehrenamtler werden bis April 2020 ausgebildet, gehen dann in ein 60-stündiges Praktikum im Krankenhaus, im Altenheim, im Stationären Hospiz. Was motiviert Menschen für diese Aufgabe? „Die Ehrenamtler kommen aus ganz verschiedenen Lebensbereichen und Berufen“, sagt Ursula König. „Die Motivation ist häufig die eigene Betroffenheit.“ Dass man in eine zuvor völlig fremde Familie geht und dort einen großen Vertrauensbeweis bekommt, das sei „ein ganz großes Geschenk“ für die Ehrenamtlichen, die bei der letzten Krise eines Menschen ihm oder ihr hilfreich zur Seite stehen wollen.