Mülheim. Vor 100 Jahren wurde der Mülheimer Sportbund gegründet. Großen Anteil daran hatte vor allem einer der ersten Sportfunktionäre dieser Stadt.

Würde Martin Gerste in der heutigen Zeit leben, man würde ihm wohl ein Prädikat wie „Mister Sport“ verleihen. Denn er war der Mann, der vor einem Jahrhundert dafür sorgte, dass sich die Mülheimer Sportvereine zusammentaten. Die Entstehung und die ersten Jahre des Mülheimer Sportbundes (MSB) sind auch seine Geschichte. Der gebürtige Schlesier, Jahrgang 1872, war bereits 1906 an der Gründung des bis heute bestehenden Verbandes Mülheimer Turnvereine beteiligt. Der VMT war 1919 einer der Initiatoren beim Zusammenschluss aller Sportvereine.

Initiative für den Kahlenberg-Sportplatz

Martin Gerste war der erste Vorsitzende des Mülheimer Sportbundes.
Martin Gerste war der erste Vorsitzende des Mülheimer Sportbundes. © Stadtarchiv | Stadt Mülheim

1911 rief Gerste einen jährlich ausgetragenen Wettkampf der Turn- und Schuljugend ins Leben – das Vaterländische Turn- und Spielfest. Auf seine Initiative hin wurde der heutige Sportplatz auf dem Kahlenberg hergerichtet und dort das Jahn-Denkmal am Rande des Platzes aufgestellt. Der von ihm gegründete Lehrer-Turnverein brachte jede Menge Ausbilder für die Vereine hervor.

Beim Schulamt der Stadt bekleidete Martin Gerste von 1910 bis 1925 die Dienststelle für Turnen, Sport und Jugendpflege. Er war damit der „Stadtturn- und Spielinspektor“ Mülheims. „Das nenne ich mal einen Titel“, sagt 100 Jahre später Oberbürgermeister Ulrich Scholten schmunzelnd während seiner Rede bei Festakt des MSB, als er die Leistung des ersten wichtigen Mülheimer Sportfunktionärs hervorhob.

Führungsposition im neuen Stadtamt

Als 1925 das Stadtamt für Leibesübungen und Jugendpflege neu geschaffen wurde, war es kein Wunder, dass Gerste dort bis zu seiner Pensionierung die Leitungsfunktion des Stadtturn- und Sportdirektors inne hatte. Durch die Verknüpfung seines Haupt- und Ehrenamtes war der Funktionär damit einer der Vorreiter für die bis heute bestehende Kooperation zwischen der öffentlichen Sportverwaltung und der Sportselbstverwaltung.

Jenes Ehrenamt hatte Martin Gerste seit 1919 inne. Durch das Vaterländische Turn- und Spielfest hatten die Vereine ohnehin schon eng zusammengearbeitet, die Gründung von Dachverbänden regte aber vor allem der Reichsausschuss für Leibesübungen an. Im Herbst 1919 wurden erste Schritte unternommen. „In Mülheim herrscht ein großes Verständnis für eine Interessengemeinschaft aller Turn- und Sportvereine“, schrieb die Mülheimer Zeitung am 1. November 1919.

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Politisch und kirchlich neutral

Die Gründungsversammlung fand 18 Tage später im Gasthaus „Kaiser Friedrich“ an der Kaiserstraße statt. Die Anwesenden beschlossen, der Stadtverband für Leibesübungen soll „helfend und unterstützend eingreifen, den Turn- und Sportbetrieb allseitig fördern zum Wohle von Volk und Staat“. Es wurde großer Wert auf vollständige Neutralität im Zusammenhang mit Politik und Kirche gelegt. Der Verband solle „eine auf überfachlicher und demokratischer Grundlage aufgebaute Gemeinschaft“ werden, hieß es.

Erst nach zehn Jahren im Vereinsregister

Erst zehn Jahre nach der Gründung – Martin Gerste war nicht mehr im Amt – wurde der Stadtverband tatsächlich ins Vereinsregister eingetragen. Erst am 24. April 1930 erhielt der Vorstand vom Amtsgericht die Nachricht.

Vorher hatte der MSB-Vorgänger vor allem mit der „reinlichen Scheidung von Turnen und Sport“ ab dem Herbst 1923 zu kämpfen.

Ab 1924 setzte sich Geschäftsführer Gottfried Behmerburg dafür ein, dass bei der Erschließung neuen Baugeländes auch Sport- und Spielplätze vorgesehen wurden.

Mit der Gründung wurde auch eine enge Verzahnung von Schulen und Vereinen beschlossen. So saßen im Vertreterausschuss auch der Direktor der Fortbildungsschule und je ein Turnlehrer der höheren und Volksschule.