Mülheim. Seit Montag ist das Reisezentrum der Bahn im Mülheimer Hauptbahnhof geschlossen - fast fünf Wochen früher als geplant. Kunden ärgern sich.
Der Aushang an der gläsernen Tür hängt seit Tagen – und sorgt seitdem immer mal wieder für Verwirrung. Auch an diesem Morgen finden sich wieder einige Reisende vor eben jener Tür wieder, lesen, schauen, zucken mit den Schultern. Das Reisezentrum der Deutschen Bahn am Mülheimer Hauptbahnhof ist seit Montag, 11. November, geschlossen. Eigentlich sollte das erst zum 15. Dezember geschehen.
Für die frühzeitige Schließung des Reisezentrums gibt es Gründe
Doch für die Schließung knapp einen Monat eher gibt es Gründe, wie Dirk Pohlmann erklärt: „Einige Kollegen haben vorzeitig gekündigt“, berichtet der Deutsche-Bahn-Sprecher für Nordrhein-Westfalen auf Nachfrage. Andere hätten sich krank gemeldet. Die Folge: „Es gibt kein Personal, um den Betrieb aufrecht zu erhalten“, so Pohlmann.
Politischer Appell, den Kundenservice zu erhalten
Zu Beginn des Jahres hatte der Rat der Stadt Mülheim auf Initiative der Grünen-Fraktion mit einem einstimmigen Beschluss einen Appell an die Deutsche Bahn und einen neuen Vertriebspartner des VRR gerichtet, den Kundenservice in Mülheim zu erhalten.
Oberbürgermeister Scholten hatte zuvor die die regionale Vertriebsleitung der Deutschen Bahn und den VRR angeschrieben und um ein Gespräch gebeten. „In dem Schreiben hat der Oberbürgermeister deutlich gemacht, dass losgelöst von der Bedeutung des Reisezentrums für die Mülheimer Bürger und natürlich auch durchreisende Gäste diese Entscheidung auch negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Hauptbahnhofs in der allgemeinen Öffentlichkeit hat“, so Verkehrsdezernent Peter Vermeulen im Februar auf Nachfrage der Redaktion.
Trotzdem soll es in Mülheim weitergehen mit dem Verkauf der Fahrscheine – so geschrieben auf dem Aushang. Dort steht: „Seit Montag, 11.11.2019, erhalten Sie Ihre Fahrscheine und Informationen des Verbund- und Nahverkehrs sowie künftig auch des Fernverkehrs im Kundencenter der Ruhrbahn.“
Ruhrbahn will in Mülheim den Vertrieb übernehmen
Von Seiten der Ruhrbahn heißt es recht kurz: „Die Ruhrbahn hat die Absicht, in Mülheim den Vertrieb des DB Fernverkehrs zu übernehmen“, so Sprecherin Simone Klose. Zur Zeit würden allerdings noch die Mitarbeiter geschult. Klose teilte auf Nachfrage mit: „Ein Termin steht noch nicht fest, wird aber rechtzeitig bekannt gegeben.“ Dirk Pohlmann wird da schon etwas konkreter: Die Ruhrbahn habe bereits Anfang November die Lizenz bekommen.
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Keine Karten also, nirgends, außer am Automaten. Peter Bauch ist einer von vielen Bahnkunden, die sich in diesen Tagen am Mülheimer Hauptbahnhof geärgert haben. Er wollte eigentlich einen der Automaten nutzen, doch nach dem dritten Versuch, ein Ticket zu erstehen, habe er entnervt aufgegeben. Eigentlich hätte er in so einem Fall den Service des DB-Reisezentrums genutzt – doch mit der Schließung ist das eben nicht mehr möglich. „Es muss doch noch anders möglich sein, an eine Fahrkarte zu kommen“, sagt der Essener, der regelmäßig den Zug nach und über Mülheim nutzt. In seinen Augen spricht die Schließung eindeutig gegen eine Serviceorientierung der Bahn.
„Das ist kein Kundenservice“
So sieht es auch Joachim Willnat: „Das ist schon ein Hammer“, kommentiert er die Schließung des Reisezentrums. Er nutzt die Bahn regelmäßig, kommt eigentlich aus Oberhausen, machte zufällig in Mülheim Station. Er sagt: „Das ist kein Kundenservice.“
Der 80-jährige Jürgen Mortell sieht ein Problem durch die Schließung des Reisezentrums. „Es gibt doch viele Menschen, vor allem ältere, die den Service immer gerne in Anspruch genommen haben.“ Bahnkarten online im Internet oder mit der App auf dem Smartphone zu erstehen, sei für viele Senioren eben keine Option – „das muss man auch erst mal lernen“.
Wirtschaftlich sei ein Betrieb nicht mehr darstellbar gewesen
Wirtschaftlich sei ein Betrieb des Reisezentrums nicht mehr darstellbar gewesen, so DB-Sprecher Pohlmann. Längst hatte das Reisezentrum der Bahn nicht mehr so große Bedeutung wie früher. Insbesondere spiele der Ticketverkauf an Automaten und via Internet eine Rolle. Laut Deutscher Bahn haben die Kundenzentren einen Anteil von 16,2 Prozent an den Ticketerlösen.