Mülheim. Die Mülheimer SPD ließ einen Kranz mit der Beschriftung „Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“ niederlegen. Nun ist klar, wie es dazu kam.

„Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“: Seit dem Wochenende beschäftigt ein Trauerkranz mit dieser Beschriftung nicht nur die Mülheimer SPD, sondern auch nahezu alle Medien bundesweit. Nun kommt Klarheit in die Sache. Grund allen Übels soll ein Schreibfehler einer Blumenverkäuferin gewesen sein.

Das bestätigte uns nun auch der Chef des Blumenladens, der den Kranz für die Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag gestaltet und geliefert hatte. Mündlich per Telefon, so Heinz Hartmann, sei der Auftrag für die Beschriftung der Schleife bei seiner Mitarbeiterin angekommen. „Sie hat es falsch aufgeschrieben und falsch durchgefaxt“, berichtet Hartmann.

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Das bestätigt auch die SPD: „Die Trauerschleife wurde telefonisch beauftragt“, so SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff. „Eine Mitarbeiterin der Gärtnerei notierte das Wort falsch und übermittelte es so an die Druckerei. Verschiedene Menschen hätten es sehen können, aber leider fiel es niemandem auf.“

Zwei Tage nach Bekanntwerden des Vorfalls hat die Floristin gekündigt

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Bereits am Montagabend, zwei Tage nach dem Bekanntwerden des Vorfalls im Netz, habe die Floristin gekündigt, so Heinz Hartmann, der den Blumenladen in Oberdümpten vor anderthalb Jahren übernommen hat. „Ihr geht es super schlecht“, sagt er auf Nachfrage dieser Zeitung. Sie sei untröstlich, fügt er hinzu. Und auch, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, wie dieser Fehler überhaupt passieren konnte. Es sei ein stressiger Tag gewesen.

Für den Geschäftsführer, der auch einen Blumengroßhandel in Bochum betreibt, hat die Posse um den Kranz und die damit verbundene bundesweite mediale Aufmerksamkeit enorme Konsequenzen. „Für meine Mitarbeiterin sind es die seelische Folgen, für mich extrem finanzielle.“ Denn: Durch die Kündigung seiner Floristin hat er nun schlicht keine Mitarbeiter mehr vor Ort, die den Laden betreuen könnten. „Bis auf Weiteres muss der Laden nun geschlossen bleiben. Für mich ist es der Ober-GAU, vor allem so direkt vor dem Weihnachtsgeschäft“, ergänzt Hartmann.

Blumenhändler erhebt schwere Vorwürfe gegen Schleifen-Druckerei

Abläufe bei der Bestellung sollen verändert werden

In ihrer offiziellen Pressemitteilung gehen Dieter Spliethoff, SPD-Fraktionschef, und Rodion Bakum, Mülheims SPD-Vorsitzender auch offen auf die Floristin zu: „Wir laden die Floristin gerne auch auf einen Kaffee und ein Gespräch ein, wenn sie sich dazu bereiterklärt“, heißt es da.

Die SPD habe aus dem Vorfall gelernt – man wolle nun die Abläufe bei der Bestellung von Trauerkränzen verändern und entsprechende Kontrollmechanismen einführen.

Und er erhebt schwere Vorwürfe, gerichtet an die Essen-Stoppenberger Druckerei, die den Auftrag für die Beschriftung der Schleife bekommen hatte: „Wie kann eine Druckerei so etwas drucken?“, fragt er. „Man muss solche Texte doch noch einmal kontrollieren.“

Der Chef der Druckerei habe am 12. November den Auftrag per Fax bekommen, klar und leserlich geschrieben. Inhaltlich habe er nicht mehr kontrolliert, was ihn da Mitte November erreicht hatte. „Es wird grundsätzlich das gedruckt, was der Kunde angibt“, präzisierte Heinz-Jürgen Jahnke auf Nachfrage unserer Zeitung. „Wir haben hier Stress, drucken 30 bis 40 Schleifen am Tag, da machen wir uns über die einzelnen Inhalte keine Gedanken.“ Den Text aus dem Fax habe man 1:1 übernommen. Später habe man die Schleife in den Blumenladen in Mülheim-Dümpten gebracht. Dort sei niemandem etwas aufgefallen.

Keiner hatte die Absicht, das Gedenken ins Lächerliche zu ziehen

Den Fehler sieht Jahnke „eindeutig bei der SPD“: „Man gibt so etwas nicht telefonisch durch. Vor allem nicht, wenn man weiß, dass mehrere Personen an dem Auftrag beteiligt sind.“ Man wisse ja gar nicht, wie kompetent die anderen Beteiligten seien. „Hätte man das gefaxt, wäre alles gut gegangen“, behauptet der Druckerei-Chef.

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Die Mülheimer Sozialdemokraten, die seit Tagen eine Presseanfrage nach der anderen beantworten mussten, verweisen darauf, dass das Vorgehen seit Jahren gängige Praxis war. Sie hoffen, dass jetzt bald Ruhe einkehrt in diesem Fall. Wichtig ist den Mülheimer Sozialdemokraten jetzt vor allem eines: „Dass die beauftragte Gärtnerei und deren Mitarbeiter durch den Vorfall nicht geschädigt werden.“ Für die Genossen ist ebenfalls wichtig, dass „keiner der Beteiligten die Absicht hatte, das Gedenken am Volkstrauertag ins Lächerliche zu ziehen“. Für sie gehe die falsche Schleife am Trauerkranz zudem nicht auf Sabotage – wie zwischenzeitlich auch in den sozialen Netzwerken angeklungen – zurück, sondern auf „eine Verkettung unglücklicher Umstände“.

Der Staatsschutz ermittelt in der Sache

Ansonsten stelle man sich nun schützend vor die Floristin, die den Fehler gemacht haben soll. „Fehler sind menschlich. Die Frau hat wohl etwas falsch gemacht, aber das darf ihre Existenz doch nicht bedrohen“, so Spliethoff. Rodion Bakum, Chef der Mülheimer SPD, sieht es ähnlich: Er nannte den Vorfall „sehr bedauerlich“ und betonte: „Fehler, auch wenn sie noch so unvorstellbar und für alle Beteiligten peinlich sind, passieren nun mal“.

„Wir ermutigen die Floristin herzlich, ihre Arbeit wieder aufzunehmen“, so Bakum und Spliethoff. In ihrer Pressemitteilung unter der Überschrift „Fehler auf Trauerschleife war ein menschliches Missverständnis“ schreiben sie: „Der Medienrummel kann sicher einschüchternd sein, aber mehreren Beteiligten sind Fehler unterlaufen. Dadurch soll nun keinesfalls ein Leben zerstört werden.“

Der Vorfall hatte sich zuvor rasant in den sozialen Medien verbreitet

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Eine Sprecherin der Polizei Essen/Mülheim erklärte am Mittwoch auf Nachfrage, dass der Staatsschutz in Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft noch ermittele. Sehr wahrscheinlich werden die Ermittlungen aber schon bald abgeschlossen sein, „auch weil das Fax des Blumenladens aufgetaucht ist“, so die Sprecherin.

Der SPD-Unterbezirk und die SPD-Ratsfraktion der Stadt hatten am vergangenen Samstag, einen Tag vor dem Volkstrauertag, bei einer Gedenkveranstaltung an einem Mahnmal in Mülheim-Dümpten den Kranz, dessen rote Schleife falsch beschriftet war, aufhängen lassen. Statt wie von der SPD in Auftrag gegeben – „Den Opfern von Krieg und Faschismus“ – landete der Schriftzug „Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“ auf der Kranzschleife. Die Sache gelangte schnell an die Öffentlichkeit und verbreitete sich rasant in den sozialen Medien, nachdem Jochen Hartmann, Fraktionsvorsitzender des Bürgerlichen Aufbruch Mülheim (BAMH), mit einem spöttischen Facebook-Post den Stein ins Rollen gebracht hatte.