Mülheim. Der Aufdruck „Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“ auf einem Trauerkranz der Mülheimer SPD zum Volkstrauertag beschäftigt auch die Polizei.
„Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“: Wie es zu dem Text auf einem Trauerkranz der Mülheimer SPD zum Volkstrauertag gekommen ist, beschäftigt nicht nur Medien bundesweit, sondern auch die Polizei. Sie hat Ermittlungen aufgenommen.
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Am Montag um kurz vor 13 Uhr standen SPD-Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler und SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff wieder am Mahnmal für die Gefallenen am Schildberg, Ecke Barbarastraße, in Dümpten. Schindler stellte sich einem weiterem TV-Interview, diesmal vom WDR. Man stellt sich, doch große Lust an dieser Art von Öffentlichkeitsarbeit verspürt niemand der SPD-Verantwortlichen in diesen Tagen nach dem Samstag.
Genossen fragen sich: Wie konnte es nur dazu kommen?
Wie konnte es nur dazu kommen? Diese Frage stellen sich Mülheims Genossen seit Samstagnachmittag, als in sozialen Netzwerken schnell ein Post von BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann die Runde machte, der Mülheims SPD rasend schnell bundesweit in die Schlagzeilen brachte – und bei ihr selbst für Fassungslosigkeit sorgte, weil die Peinlichkeit offensichtlich niemandem im Produktionsprozess aufgefallen war.
Auf einem Trauerkranz zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, den die SPD-Fraktionsgeschäftsstelle zum Volkstrauertag nach Dümpten bestellt hatte, war es auf einer Trauerschleife aus bisher ungeklärten Umständen dazu gekommen, dass dort statt Faschismus „Verschissmuss“ gedruckt worden war. Schlimmer noch: Der Kranz mit dem peinlichen Spruchband war zur Gedenkveranstaltung am Samstagnachmittag auch schon am Mahnmal aufgehängt. Nicht von der SPD selbst, sondern vom beauftragten Blumenladen.
BAMH-Fraktionschef bringt Shitstorm im Netz ans Laufen
In der Folge musste die örtliche SPD Hohn und Spott über sich ergehen lassen. „Zu häufig bei den Freitagsdemos und zu wenig im Deutsch-Unterricht“, sparte etwa BAMH-Fraktionschef Hartmann in den sozialen Medien nicht mit Häme.
Die Spitzen von SPD-Fraktion und -Unterbezirk werden seit dem Wochenende von Medien belagert. Fraktionschef Dieter Spliethoff etwa war am Sonntag nach eigenem Bekunden bis Mitternacht mit Medienanfragen beschäftigt, am Montag habe sein Telefon ab 8 Uhr in der Früh nicht mehr stillgestanden. Neue Erkenntnisse habe man noch nicht, sagt er im Einklang mit Schindler und Parteichef Rodion Bakum. Ein Anwalt sei aber eingeschaltet, um herauszufinden, wie es zu diesem Aufdruck kommen konnte.
Anwalt soll bei Gärtnerei und Druckerei Stellungnahmen einfordern
Den Auftrag an eine Dümptener Gärtnerei herausgegeben hatte die Fraktionsgeschäftsstelle. „Wie seit Jahren geübte Praxis“ sei das Prozedere gewesen, so Schindler. Den Auftrag habe man telefonisch erteilt, es habe noch die Nachfrage gegeben: „Den gleichen Text wie im letzten Jahr?“ Ja. Genau so! Es habe – wie in den Jahren zuvor – keinen Korrekturabzug gegeben. Die SPD habe darauf vertraut, dass alles so läuft wie in den Vorjahren.
Ist es nun aber nicht. Parteichef Bakum verzichtete am Montag wie Spliethoff und Schindler darauf zu benennen, welcher Blumenladen und welche Druckerei involviert waren. „Unser Anwalt wird sie anschreiben und zu einer Stellungnahme auffordern“, sagte Bakum. Zum jetzigen Zeitpunkt, da man noch nicht sagen könne, ob möglicherweise strafrechtlich relevantes Handeln hinter dem „Fehldruck“ stecke, wolle man Beteiligte vor einer Rufschädigung schützen.
Polizei ermittelt von sich aus in der Sache
Was steckt hinter der Sache? „Nur“ eine massive Rechtschreibschwäche, ein übler Scherz oder gar politische Motivation? Eine Strafanzeige behält sich die SPD vor. Die Polizei sagte am Montag auf Anfrage, dass sie eine solche gar nicht abwarte. Ermittlungen seien aufgenommen.
„Wir sind schon aktiv, die Hintergründe aufzuhellen“, kündigte ein Behördensprecher an, dass Befragungen bei Beteiligten anstünden. Nicht auszuschließen sei, dass auch der Staatsschutz hinzugezogen werde, wenn sich Hinweise ergäben, dass nicht Dummheit hinter dem durch das doppelte „SS“ auffälligen „Verschissmuss“ stehe.
SPD hatte schon am Sonntag ihr Bedauern ausgedrückt
Bereits am Sonntag hatte die SPD ihr Bedauern ausgedrückt und klargestellt, wie wichtig ihr das Gedenken an die Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft ist: „Der Volkstrauertag hat in Bezug auf die deutsche und sozialdemokratische Geschichte für uns einen hohen Stellenwert, was den Vorgang noch schmerzlicher macht.“