Mülheim. Filip Fischer (22) mischt an vielen Stellen in Mülheim ehrenamtlich mit. Jetzt will er als DGB-Vorsitzender für soziale Gerechtigkeit streiten.

Wer bei Veranstaltungen in Mülheim unterwegs ist, hat gute Chancen, Filip Fischer zu treffen. Der 22-Jährige gehört seit geraumer Zeit zu den umtriebigsten Ehrenamtlern hier in der Stadt. Vorläufiger Höhepunkt ist seine Wahl zum bundesweit jüngsten DGB-Vorsitzenden. Er traut es sich locker zu.

Filip Fischer ist eine auffällige Erscheinung, nicht nur wegen seiner überragenden Körpergröße. Er verfügt auch über ein solides Selbstbewusstsein. Gewerkschaftlich organisiert sei er selber erst seit Anfang 2018, berichtet der Student: „Ich bekam einen Minijob, und für mich war immer klar: Wenn ich arbeite, trete ich auch in die Gewerkschaft ein.“

Gewerkschaftsmitglied erst seit knapp zwei Jahren

Zunächst wurde Fischer Verdi-Mitglied, wenig später kam die IG Metall hinzu. Beweggrund: „Ich finde sie vorbildlich, was Jugendbildungsarbeit angeht. Außerdem gibt es in dieser Branche viele Anknüpfungspunkte, große Arbeitgeber in Mülheim. Ich bin ein sehr wissbegieriger Mensch und möchte viel dazulernen.“ Die IG Metall hatte Fischer auch als neuen Vorsitzenden des DGB-Stadtverbands vorgeschlagen. Mit Erfolg.

Der junge Mann studiert im vierten Semester Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule in Bochum, möchte in einem Jahr seinen Bachelor machen. Dass er selber noch nie im Berufsleben gestanden hat, empfindet er nicht als Hindernis bei seiner Tätigkeit als DGB-Vorsitzender: „Ich sehe mich als Teamplayer im Vorstand und habe viele Kolleginnen und Kollegen, die mich unterstützen.“

„Teamplayer“ im DGB-Vorstand

Dazu gehört zweifellos Dieter Hillebrand, DGB-Geschäftsführer für die Region Mülheim-Essen-Oberhausen. Er unterstreicht: „Als Vorsitzender muss man nicht unbedingt 50 Jahre gedient haben. Filip bringt als roten Faden sein Gefühl für soziale Gerechtigkeit mit.“

Der 22-Jährige, der noch bei den Eltern in Eppinghofen wohnt, führt sein frühes Engagement auf seinen familiären Hintergrund zurück. Vater wie Mutter sind gehörlos, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei dadurch erschwert, hat der Sohn erfahren: „Es gab Zeiten, da waren beide arbeitslos, und jeder Cent musste umgedreht werden. Das hat meine Jugend sehr geprägt.“

Geprägt durch familiären Hintergrund mit gehörlosen Eltern

Angefangen bei CVJM-Gruppen über die Jusos, SPD oder die DGB-Jugend sind bei Fischer seit etwa zehn Jahren immer neue Engagements hinzugekommen. Von 2015 bis 2018 war er zudem Vorsitzender des Jugendstadtrates in Mülheim. Das Ehrenamt sei sicher zeitraubend, sagt der Student, gebe ihm aber viel Freude und Kraft. Filip Fischer gehört auch dem Vorstand des Stadtjugendrings an, dieses Amt allerdings will er in der nächsten Woche niederlegen.

Neue Kampagne zur Tarifgerechtigkeit

Eine große Kampagne zur Tarifgerechtigkeit hat der DGB gerade gestartet. Zum Auftakt in Mülheim gab es am Mittwoch einen Infostand auf dem Kurt-Schumacher-Platz.

Der DGB will auch die Frage aufgreifen, inwiefern die Tarifbindung von Betrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge eine Rolle spielt. Eine Erhebung dazu laufe gerade, erklärt Dieter Hillebrand, DGB-Geschäftsführer für Mülheim, Essen und Oberhausen. „Wir haben die Oberbürgermeister direkt angeschrieben.“

Denn auch für ihn umfasst der Tag nur 24 Stunden, obwohl Fischer glaubhaft versichert: „Ich habe ein ausgeprägtes Zeitmanagement.“ Beim Studium unterstützt ihn neuerdings ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung, für das er aber auch weiterhin gute Noten liefern muss.

Ausgeprägtes Zeitmanagement

Als Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes hat Fischer sich vorgenommen, „dem DGB in Mülheim wieder ein Gesicht zu geben und ihn in der Stadtgesellschaft zu verankern“. Zu arbeits- und sozialpolitischen Fragen will er sich einmischen. Soziales ist ihm generell ein persönliches Anliegen: „Der Jugend-, Freizeit- und Sportbereich läuft wegen der Haushaltslage in Mülheim seit Jahren auf Sparflamme“, kritisiert Fischer. „Kein Ende in Sicht, dabei sind diese Themen existenziell für die Gesellschaft.“ Da spricht jemand, der noch einiges vor hat.