Mülheim/Essen. Sie sind die erste Hilfe für die Seele: 17 neue Notfallseelsorger sind ab sofort ehrenamtlich in Mülheim und Essen aktiv. Die Aufgaben nehmen zu.

Sie sind die Menschen, die anderen in ihren schwersten Stunden helfen, die da sind, wenn anderen Schlimmes widerfährt: 17 neue ehrenamtliche Notfallhelfer des evangelischen Kirchenkreises an der Ruhr sind für Essen und Mülheim ab sofort im Einsatz. Sie sind eine „erste Hilfe für die Seele“, wenn Menschen psychischen Extremsituationen ausgesetzt sind, durch Unfälle, den plötzlichen Verlust eines Angehörigen oder Katastrophen.

Notfallseelsorger sind konfrontiert mit Menschen in Ausnahmesituationen

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„Ich bin ein Menschenfreund“, sagt Karin Neumann. „Mir geht‘s verdammt gut und ich will Menschen unterstützen, denen es nicht so gut geht.“ Die 43-Jährige hat mit den anderen Ehrenamtlichen die neunmonatige Ausbildung zur Notfallseelsorgerin absolviert. Ihre Mutter hat in der Telefonseelsorge gearbeitet, schon sie wollte anderen etwas zurückgeben.

Manchmal waren da Zweifel bei Karin Neumann, ob sie dem gewachsen ist, aber die Unterstützung der Gruppe hat ihr geholfen. Denn nicht nur für die Betroffenen, auch für die Notfallseelsorger selbst kann die Situation extrem belastend werden. Sie erleben Leid und Trauer, sind konfrontiert mit Menschen in Ausnahmesituationen.

24 Pfarrer und 34 Ehrenamtliche in der Notfallseelsorge Essen/Mülheim

Pfarrer Guido Möller ist seit 17 Jahren Notfallseelsorger, seit 2007 leitet er die Mülheimer Notfallseelsorge mit ihren 24 Pfarrern und 34 Ehrenamtliche. Besonders eingeprägt hat sich ihm der Großbrand am Dickswall, die Loveparade in Duisburg. „Es gibt Einsätze, die sind noch minutiös in meinem Kopf, vor allem solche mit Kindern“, sagt Möller. Dann muss er auf sein Bauchgefühl hören und wissen, wann auch er für sich selbst Hilfe braucht.

Verstärkung für die Notfallseelsorge

Auch im nächsten Jahr bildet die Notfallseelsorge des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr wieder neue ehrenamtliche Mitarbeiter aus. Wer Interesse hat, kann sich nun anmelden. Für alle Interessierten bietet die Notfallseelsorge einen Informationsabend an – am Mittwoch, 6. November, 18.30 Uhr, in der Feuer- und Rettungswache Heißen, An der Seilfahrt 17-19 (Treffen im Hof).

Auch 2020 gibt es wieder einen Lehrgang für Neueinsteiger an. Die Kursabende finden vom 8. Januar bis zum 7. Oktober 2020, jeweils mittwochs, von 18.30 bis 21 Uhr (außer in den Schulferien) statt. Kursorte sind abwechselnd in Essen und in Mülheim. Hinzu kommen zwei Ausbildungswochenenden.

Ansprechpartnerin für Anmeldungen und weitere Informationen ist Elke Lohmar-Bärz, erreichbar unter 455-36349 (Mo - Do, 8 bis 12 Uhr), oder per E-Mail: elke.lohmar-baerz@ekir.de

Diese Resilienz, dass man auf sich selbst und seine eigenen Grenzen achtet, hat auch Jürgen Deutschbein in der Ausbildung gelernt. „Das Gute ist“, sagt der 59-Jährige, „dass man immer jemanden im Rücken hat, auf den man auch bei Einsätzen zurückgreifen kann“. Er arbeitet in der Personalverwaltung der Feuerwehr Mülheim, sieht seine Aufgabe als Notfallseelsorger auch darin, den Einsatzkräften zu helfen, die ebenfalls „ihr Päckchen zu tragen haben“.

110 Einsätze im Jahr für die Notfallseelsorger

Wer sich ehrenamtlich als Notfallseelsorger engagieren will, sollte „die ernsthafte Absicht haben, einige Jahre dabei zu sein“, sagt Annika Lante, Sprecherin des Kirchenkreises. Die Ausbildung ist aufwendig, die Ehrenamtler verpflichten sich für eine bestimmte Zeit, haben aber auch immer die Möglichkeit, für zwei, drei Monate zu pausieren. Rund 110 Einsätze im Jahr fahren Guido Möller und sein Team, in Online-Dienstplänen wird die Bereitschaft geplant. Und die Aufgaben nehmen zu, auch in der ambulanten Palliativpflege seien immer mehr Stellen gefragt.

Jutta Tolzmann ist als selbstständige Schmuckdesignerin flexibel, war schon lange in der Kirche engagiert, als sie ein Erlebnis vor ihrer Haustür zur Notfallseelsorge brachte: Eine Frau hatte einen Nervenzusammenbruch, ein Todesfall, als sie nach Hause lief, kam ihr der Leichenwagen entgegen. „Ich habe mich eine halbe Stunde mit ihr unterhalten“, erzählt die 59-Jährige, „da habe ich gemerkt, das kann ich.“ Und auch wenn sie diejenige ist, die anderen hilft: „Die Menschen geben mir so viel zurück.“