Mülheim. In drei Wochen schließt der Real-Markt an der Weseler Straße. Für die Mitarbeiter gibt es einen Sozialplan. Auch alle Untermieter müssen raus.
Es hat sich seit Dezember angebahnt und ist mittlerweile im Geschäft unübersehbar: In drei Wochen schließt der Real-Markt an der Weseler Straße in Mülheim. Für den Großteil der Beschäftigten sind das bittere Aussichten – sie verlieren ihre Jobs. Auch die Untermieter müssen zum Jahresende ausziehen.
Vor dem Eingang begrüßt ein Aufsteller die letzten Kunden: „Dieser Markt schließt am 02.11.2019. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in ...“ Fünf Filialen in der Nähe werden aufgelistet. Vom Verkaufspersonal werden die Kunden dort kaum jemanden wiedersehen. Betriebsratsvorsitzende Isabell Meeth schätzt, dass fünf, sechs Leute in andere Märkte wechseln, „einigen ist das angeboten worden“. Den meisten nicht.
„Unsere Perspektive? Arbeitsamt“, sagt ein Mitarbeiter an der Information. Zwischen sich leerenden Regalen, Ständern mit Sonderangeboten und Saisonware aus anderen Märkten halten nach Angaben der Betriebsratschefin noch etwa 70 Beschäftigte die Stellung, darunter viele Teilzeitkräfte. Als die Schließungspläne in der Vorweihnachtszeit 2018 bekannt wurden, haben hier noch 102 Menschen gearbeitet, allen wurde gekündigt.
Sozialplan für die betroffenen Real-Mitarbeiter
Mittlerweile gibt es einen Sozialplan, der zwischen Unternehmen und Betriebsrat ausgehandelt wurde, unter Einschaltung einer Einigungsstelle. Real bestätigt den Abschluss auf Anfrage. Isabell Meeth ist dem Vermittler, einem ehemaligen Arbeitsrichter, dankbar, doch zum Ergebnis sagt sie nur: „Das ist sicher nicht mit Tengelmann vergleichbar, wo jeder einen Batzen Geld bekommen hat.“
Viele Beschäftigte an der Weseler Straße seien „alte Hasen“, was auch bedeute, dass sie unbefristete Verträge hatten und weiter tariflich bezahlt wurden, nachdem sich Real aus dem Flächentarifvertrag gelöst hat. „Das Durchschnittsalter liegt hier über 50, viele sind seit etlichen Jahren hier“, es sei für diese Kolleginnen und Kollegen sehr schwierig, etwas Gleichwertiges zu finden, so die Betriebsratsvorsitzende. „Der größte Teil von uns hat bald als Arbeitgeber das Arbeitsamt.“
Enttäuscht von der Mülheimer Politik und Wirtschaftsförderung
Nach dem letzten Verkaufstag am 2. November werden noch „schließungstypische Abschlussarbeiten durchgeführt“, teilt ein Unternehmenssprecher mit. Isabell Meeth meint: „Wir gehen davon aus, dass wir noch ein, zwei Wochen aufräumen und danach freigestellt werden.“ Sehr enttäuscht sei sie auch von der Stadt, der Politik, der Wirtschaftsförderung: „Anfangs haben alle gesagt, sie wollen uns helfen, aber dann hat man nicht mehr gehört.“
Markt am Heifeskamp soll bleiben
Eine letzte Betriebsversammlung ist am 29. Oktober bei Real an der Weseler Straße geplant, organisiert von der Gewerkschaft Verdi.
Die Geschäfte, die auf der anderen Seite des Gebäudes liegen, direkt an der Rheinstraße, bleiben vor Ort. Dazu gehört der Textildiscounter Kik und der Dogstyler-Store mit Hundezubehör.
Der zweite Real-Standort in Mülheim am Heifeskamp soll nach Aussage eines Unternehmenssprechers unverändert weiterlaufen.
Eigentümer der Immobilie ist nicht die kriselnde SB-Warenhauskette Real, beziehungsweise deren Eigner Metro AG, sondern eine Mülheimer Grundstücksgesellschaft. Deren Inhaber teilt auf Anfrage nur mit, dass es für einen großen Teil der Real-Fläche einen Nachmieter gebe. Namen nennt er nicht und äußert sich auch nicht zu Gerüchten, wonach Kaufland oder ein anderer Händler hier einziehen könnte.
Nachmieter für einen großen Teil der Fläche ist da, aber noch unbenannt
Von der Schließung an der Weseler Straße ist nicht nur die Real-Belegschaft betroffen: Auch die Geschäfte, die als Untermieter auf der Real-Fläche ansässig sind, haben hier keine Perspektive mehr, darunter ein Bäcker, Zeitschriftenladen, Friseur, asiatischer Imbiss, eine Reinigung. Vor dem Schuh-Center steht ein Plakat, Teilzeitkräfte werden gesucht - aber nicht mehr für diesen Laden, wie eine Verkäuferin erklärt, sondern für andere Filialen. Hier sei bald Schluss.
Die „Apotheke am Hafen“ wurde 2010 im Eingangsbereich von Real eröffnet, wird ihr Zehnjähriges hier aber nicht mehr feiern. Inhaber Kai-Uwe Kolm hatte sogar den Aufsichtsrat der Metro AG angeschrieben, als die Schließungspläne bekannt wurden, hatte appelliert, den Standort und die Arbeitsplätze zu erhalten.
Apotheker nennt Schließung „eine Katastrophe“
Sein Mietvertrag sei zum 31. Dezember 2019 gekündigt worden, erklärt der Apotheker jetzt, wer die Immobilie übernimmt, wisse er nicht. „Unser Ansprechpartner war immer nur Real, aber dort fühlt sich niemand mehr zuständig, ist niemand erreichbar.“ Wenigstens könne er seine Mitarbeiter anderswo unterbringen, da er zwei weitere Apotheken in Duisburg und Bochum betreibt. „Aber es ist sehr unerfreulich“, sagt Kolm, „für uns alle hier eine Katastrophe.“