Mülheim. Beim WAZ-Medizinforum war die Volkskrankheit der Herz-Rhythmus-Störungen Thema. Dabei kam ein Oberarzt nicht ohne Grund: auf den Hund.

Wenn das eigene Herz aus dem Rhythmus gerät, ist das für Menschen eine große Belastung. „Man sollte sich aber auch nicht verrückt machen“, so der Appell von Prof. Dr. Heinrich Wieneke, Direktor der Klinik für Kardiologie am Mülheimer St. Marien-Hospital, dieser Tage beim WAZ-Medizinforum.

„Herz außer Takt“ – so lautete der Titel des WAZ-Medizinforums, das Wieneke und sein Kollege, Oberarzt PD Dr. Heiner Post, vor rund 70 Gästen in der Contilia-Akademie trotz des ernsten Themas kurzweilig und, ja, auch unterhaltsam gestalteten.

Der erste Mensch mit implantiertem Schrittmacher wurde älter als seine Ärzte

Im Oktober 1958 hing das Leben des 43-jährigen Schweden Arne Larsson am seidenen Faden. Bis zu 30 Mal am Tag, so ist nachzulesen, verlor er das Bewusstsein, weil sein Herz nur noch auf 28 Schläge in der Minute kam. Mit der ersten Implantation eines Herzschrittmachers gehen Larsson und seine Operateure in die Medizingeschichte ein. Wieneke weiß im Medizinforum zu erzählen, dass Larsson seine zwei Mediziner im Alter weit überlebt hat.

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Es sind diese Geschichten, die Patienten auch Mut und Hoffnung machen können. 60 Jahre nach der ersten Implantation ist der medizinische Fortschritt noch nicht am Ende. Schrittmacher und Defibrillatoren gibt es in den unterschiedlichsten Varianten.

Darf ich mit einem Defibrillator schwimmen und Fahrrad fahren?

Der Schrittmacher hilft, das Herz schneller schlagen zu lassen. Ein implantierter Defibrillator wiederum ist in der Lage, über einen Elektroschock einen gefährlich zu schnellen Herzschlag zu beenden, so dass der plötzliche Herztod verhindert werden kann. Ein Herr im Publikum jedenfalls berichtete beim Medizinforum froh, dass sein „Defi“ schon zweimal verlässlich seinen Dienst getan habe.

Man könne nicht jede Form der Herzschwäche mit Schrittmachern und Co. beheben, so Wieneke. Wenn das Herz zu langsam schlage, helfe aber kein Medikament. Darf ich denn mit einem eingebauten Defibrillator schwimmen und Fahrrad fahren? Das ist eine der Fragen, die sich Patienten stellen. „Ja, natürlich“, antwortet Oberarzt Post, auch Fliegen sei kein Problem. Zu vermeiden seien allerdings wilde Bewegungen. Auch sei es womöglich ratsam, beim Sport nicht alleine unterwegs zu sein, falls der Defibrillator tatsächlich einmal auslöst.

Wenn der Puls kräftig stolpert, sollte ein EKG gemacht werden

Post referierte zum Vorhofflimmern, der häufigsten Herz-Rhythmus-Störung, dass sie oft unbemerkt bleibt und für viele Menschen auch keine Gefahr darstellt. Wenn der Puls kräftig stolpere, sei eine (Langzeit-)EKG-Untersuchung aber in jedem Fall ratsam, so der Mediziner. „Wenn man es verschleppt, kann es sehr gefährlich werden“, etwa zum Schlaganfall führen.

Hospital sieht sich für alle Notfälle gerüstet

Die Notfallversorgung in Mülheim sieht Prof. Dr. Heinrich Wieneke mit seinen zwei Krankenhäusern sehr gut aufgestellt. „Wir stehen bei jedem Notfall wie Herzinfarkt oder Schlaganfall hier in Mülheim rund um die Uhr für Sie bereit“, ergänzte Oberarzt Dr. Heiner Post beim Medizinforum zu den Zuhörern.

Für dringliche Eingriffe am Herzen wie Bypassoperationen oder Herzklappenansatz besteht laut Wieneke eine exzellente Zusammenarbeit mit dem Herzzentrum Essen-Huttrop auf dem Campus des Elisabeth-Krankenhauses.

Vorhofflimmern bedeutet Schlaganfallrisiko und verlange eine dauerhafte Behandlung, etwa über Blutverdünner. Hier gebe es mittlerweile sehr gute Alternativen zum Marcumar, dessen Dosierung häufig anzupassen ist. Allerdings seien diese neuen Präparate noch immer deutlich teurer als das bewährte Marcumar. Ein Umstieg von einer gut eingestellten Marcumar-Therapie auf eines der neueren Produkte sei nicht immer ratsam, so Post.

Bei Vorhofflimmern sind mehrere Behandlungen möglich

Um dem Vorhofflimmern zu begegnen und den Sinusrhythmus wieder herzustellen, gibt es nicht nur die medikamentöse Behandlung oder eine so genannte Kardioversion, die 30 bis 50 Prozent Erfolgsaussicht habe. Es können auch über einen Herzkatheter-Eingriff diejenigen Stellen am Herz verödet werden, die den Herzrhythmus instabil machen. Die Erfolgsquote liege hier gar bei 60 bis 90 Prozent, so Post. Doch durch das Risiko, was jeder Eingriff mit sich bringt, sei immer eine Abwägung nötig.

hier gibt es mehr artikel, bilder und videos aus mülheimHerz-Rhythmus-Störungen werden am häufigsten bei Menschen mit Bluthochdruck, Übergewicht oder Schlafapnoe (Schnarchen mit Atemaussetzern) diagnostiziert. Was hilft vorbeugend? Abspecken, na klar. Insbesondere aber auch eine gesunde Ernährung und Bewegung.

„Eine hervorragende Medizin hat auch vier Beine“

Nordic Walking etwa sei sehr zu empfehlen, sagt Post – und zeigt in seinem Vortrag als nächstes ein Bild von einem Hund: „Eine hervorragende Medizin hat auch vier Beine“, sagt er. Ein Hund verhelfe Herrchen und Frauchen auch an Regentagen zu Bewegung – und „Bewegung hilft das Risiko zu halbieren“. Wer es aber, insbesondere im fortgeschrittenen Alter, mit dem Sport übertreibe, weiß der Mediziner, könne sein Risiko wiederum auch steigern.