Mülheim. Lesepaten bringen Kindern in Kitas und Grundschule die Literatur näher. 34 sind derzeit in Mülheim aktiv – das CBE sucht noch mehr Unterstützer.
Wenn Hartwig Küchler erzählt von seiner Arbeit als Lesepate, mit seiner tiefen Stimme, die mit jeder veränderten Tonlage die Spannung steigert, dann kann man sich bildlich vorstellen, wie Kinder an seinen Lippen hängen, wenn er vorliest, wenn er Geschichten erfindet. Der Rentner ist einer von 34 Lesepaten in Mülheim, gefördert durch das Centrum für bürgerliches Engagement (CBE) – und es sollten noch viele mehr sein.
Seit seiner Gründung im Jahr 2001 fördert das CBE die Lesepaten, die in Kitas und Gruppen des offenen Ganztages an der Grundschule Kindern vorlesen, „weil es Spaß macht, weil es Sinn macht“, sagt Geschäftsführer Michael Schüring. Viele hätten kaum noch Vorlesezeit zu Hause, auch Kitas wünschen sich dafür mehr Raum im Alltag. „Die Lesepaten leisten einen wichtigen Beitrag zur Bildungskarriere.“
Lesen fördert soziale Kompetenz, Sprach- und Konzentrationsfähigkeit
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Denn, das weiß Hartwig Küchler, „wenn die Eltern nicht lesen, lesen die Kinder auch nicht“. Und es ist nicht nur Küchlers persönliche Erfahrung, die zeigt, wie wichtig das Lesen im jungen Alter schon ist. „Es fördert die soziale Kompetenz, die Sprach- und Konzentrationsfähigkeit“, sagte Anna Maria Allegrezza, Koordinatorin im Netzwerk Literacy in Mülheim.
Von der Konzentration ist Hartwig Küchler manchmal fasziniert, wenn ihm die Kinder fast eine Stunde gebannt zuhören. Ein Dreijähriger sei ihm einmal vorgestellt worden als schwierig, weil er wenig spricht, sich wenig in die Gruppe einbringt. „Er hat mir eine dreiviertel Stunde zugehört, wollte immer wieder Wörter wiederholen.“ Heute liest Küchler immer eine Viertelstunde mit ihm alleine – weil der Junge so fasziniert ist von den Worten, die nicht seiner Muttersprache entstammen.
CBE gibt Lesepaten Qualifizierung
Das CBE schult seine Lesepaten, wenn sie wollen. In der Qualifizierung bekommen sie Tipps und Hilfestellung im Umgang mit den Kindern. „Es ist eine Handreichung von uns, damit niemand frustriert ist“, sagt Schüring.
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Wichtig ist auch: Die Paten haben nicht die Verantwortung für die Jungen und Mädchen, haben immer einen Erzieher an ihrer Seite. Die älteste Lesepatin ist über 90 Jahre alt. Einmal die Woche geht sie mit ihrem Rollator zur Kita eine Straße weiter, um vorzulesen. Es gibt auch Lese-Tandems, in denen Paten in ihrer Muttersprache Bücher vortragen. „Es sind immer welche dabei, deren Muttersprache das auch ist“, sagt Küchler, „und die anderen sind fasziniert von der fremden Sprache.“
Kinder sind aufmerksam, erinnern sich an alles
Bei seinen Stunden klettern die Kinder immer durch einen Hula-Hoop-Reifen hinein ins Leseland. Dort gelten andere Regeln: nicht streiten, nicht rumzappeln. Er spricht mit den Kindern über die Texte, lässt sie Fragen stellen, kein Wort soll unverstanden bleiben. „Wichtig ist, sie nicht alleine zu lassen, mit ihnen zu reden über das, was in den Geschichten passiert.“ Und so könnten auch die Kleinen manchmal Trauriges gut verarbeiten.
Qualifizierung am 21. Oktober
Wer sich für ein Engagement als Lesepate interessiert, kann sich bei Anna Maria Allegrezza melden. Sie nimmt auch die Anmeldungen für die nächste Qualifizierung entgegen unter 9706825 oder per Mail an anna.maria.allegrezza@cbe-mh.de.
Sie findet statt am Montag, 21. Oktober, von 14 bis 18 Uhr im Medienhaus, Raum 02.08, Synagogenplatz 3. Anmelden kann man sich bis zum 14. Oktober.
Und wenn er in der nächsten Woche wiederkommt, dann fallen sie ihm in die Arme, sind traurig, wenn sie dieses Mal nicht zu der Gruppe der Kinder gehören, denen vorgelesen wird. „Und sie sind so aufmerksam, erinnern sich an alles“, sagt Hartwig Küchler. „Kinder sind wie ein Schwamm. Ich liebe diese Arbeit.“