Mülheim. . Die Zukunft des Flughafens Essen/Mülheim ist ungewiss. Das gefährdet auch die Ausbildung. NRW-Bildungsministerin Gebauer informiert sich vor Ort.
Die ungewisse Zukunft des Flughafens Essen/Mülheim lähmt dort ansässige Unternehmen und Vereine seit Jahren, verhindert Investitionen. Dass die umstrittene Schließung des 140-Hektar-Areals aber noch einen ganz anderen Aspekt hat, darauf wiesen Vertreter der Flugschulen, des Aero-Clubs und der WDL-Gruppe die NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) bei ihrem Besuch am Donnerstag hin: Ein wichtiger, regionaler Bildungsstandort stehe auf dem Spiel.
„Wir haben eingeladen, weil wir glauben, dass in Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung nicht wirklich bekannt ist, was hier auch alles unter Bildungsgesichtspunkten passiert“, erklärte Ulrich Langenecker, Geschäftsführer der Fachschule für Luftfahrzeugführer (FFL), der Gruppe um Gebauer, zu der auch die Mülheimer Dezernenten Marc Buchholz und Peter Vermeulen und ihr Essener Kollege Peter Renzel zählten – sowie weitere Mitglieder der FDP, die bekanntermaßen den Fortbestand des Flughafens fordert.
Wichtiger Standort für die Ausbildung
Man sei „ein Hotspot der Verkehrspilotenausbildung“, so Langenecker. Einzig der Standort in Bremen sei größer. Jeder, der in Deutschland regelmäßig fliege, sei gewiss irgendwann mit einem Kapitän unterwegs, der vom hiesigen Flughafen komme. Rund ein Drittel aller Piloten Deutschlands hätten ihr Handwerk in Essen/Mülheim gelernt. „Und auch aktuell befinden sich 300 Piloten bei uns in der Ausbildung.“
Die FFL und die benachbarte Flugschule TFC zählten zu den fünf größten Einrichtungen Deutschlands, arbeiteten eng mit diversen Fluggesellschaften zusammen. Auch Flugzeugführer der Polizei lernten auf dem Gelände, sowie Flugdienstberater, Fluggeräteelektroniker und -mechaniker.
Ministerin trifft auf Flug-Schüler
Einige der angehenden Flieger traf die Ministerin persönlich, in einem Schulungsraum im Hauptgebäude, in dem Fluglehrer Johann Törner gerade acht Männer in die Funknavigation einwies. Was sie bewogen habe, Pilot zu werden, wollte die Politikerin wissen. „Das Fliegen!“ Die Antwort hätte eindeutiger nicht ausfallen können.
Insgesamt drei Jahre dauert die Ausbildung zum Verkehrspiloten; rund 800 Theoriestunden in einem halben Jahr muss die Klasse auf dem Weg dorthin bewältigen. „Die Hälfte hat sie hinter sich“, berichtete Törner. Es bleibe aber noch einiges zu tun, bis zur umfangreichen Prüfung in 14 Fächern beim Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig.
Alternative Standorte gibt es nicht
Es ist exzellente Ausbildung wie diese, die dem Land verloren ginge, ist die Botschaft an die Ministerin. „Alternative Standorte in NRW gibt es nämlich nicht“, betonte Langenecker; alle anderen Flugplätze seien zu klein. Man könne allenfalls in die neuen Bundesländer umziehen, falls Mülheim und Essen den gut angebundenen Flughafen in der Metropole Ruhr tatsächlich aufgeben sollten.
Der Bedarf an guter Ausbildung sei im Übrigen langfristig gesichert; „die Luftfahrt ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt“.
Ein, zwei neue Flughallen denkbar
Man könne die Ausbildungskapazitäten vor Ort ohne Weiteres erweitern, „und auch nennenswerte Einnahmen generieren, um den Zuschussbedarf der Städte deutlich zu reduzieren“, sagte Langenecker. Auch „ein, zwei neue Flughallen“ seien denkbar – „nur brauchen wir dafür eine Zukunft“.
Den letzten Punkt nahm Ministerin Gebauer in ihrem verhältnismäßig kurzen Schlusswort auf und versprach, sich mit ihrem Kollegen, NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), über den Flughafen auszutauschen: „Damit es eine etwas sicherere Perspektive für den Standort gibt.“
Ministerin lobt Kooperation mit Schulen
Kooperationen mit Hochschulen wie der FOM in Essen ermöglichen ein Studium neben der Pilotenausbildung.
Auch um jüngere Menschen kümmern sich die Flugschulen, bieten zum Beispiel regelmäßig Physikunterricht im Gymnasium Heißen an. Dort gibt es auch eine Schüler-Fluggemeinschaft.
Constantin Budny war einst Schüler in Heißen und ist heute Jugendleiter beim Aero Club. Er berichtete unter anderem davon, dass junge Schüler beim Segelfliegen auch lernen, Verantwortung für andere zu übernehmen.
Gebauer lobte den „außerschulischen Lernort“ Flughafen, der die Bildungskette bereichere.