Mülheim. An Gründonnerstag brannte die letzte Give-Box ab. Eine Neuauflage am Kirchenhügel wird es nicht geben – vielleicht aber an einem anderen Ort.
An Gründonnerstag folgte das letzte Kapitel einer doch eigentlich ziemlich erfolgreichen Geschichte: Die letzte verbliebene Give-Box auf Mülheimer Stadtgebiet, genauer auf dem Kirchenhügel am Hagdorn, wurde angezündet. Die dafür zuständigen ehrenamtlichen Paten der Vereinigten Evangelischen Kirchengemeinde wollten überlegen, wie es weitergehen soll. Lohnt sich ein Wiederaufbau? Oder wird es das Projekt bald gar nicht mehr in Mülheim geben? „Nach vielen Diskussionen haben wir gemeinsam beschlossen, die Give-Box nicht wieder aufzubauen“, erklärt Pfarrer Justus Cohen.
Essensreste waren noch das Harmloseste in der Bude auf dem Mülheimer Kirchenhügel
„Man glaubt gar nicht, was da alles passiert ist“, führt Cohen, zuständig für den Pfarrbezirk West in der VEK, weiter aus. Er berichtet von in der Box zurückgelassenen Essensresten, von abgestellten Farbeimern, die die Paten dort fanden. Und das sei noch das Harmloseste gewesen – „das war teilweise schwer an der Grenze.“
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Dabei steht doch eine ganz wunderbare Idee hinter der Give-Box: Dinge, die jemand los werden möchte, ein anderer aber vielleicht noch gebrauchen kann, können in der kleinen Kiste munter getauscht werden. So gab es Kleidung, Spielzeug, Bücher, Haushaltsgegenstände und noch viel mehr. Der Gedanke der Nachhaltigkeit, der Netzwerkarbeit und der Kommunikation fand zu anderer, neuer Form, ganz unmittelbar und nah. Um die Box kümmerte sich regelmäßig und vor allem ehrenamtlich ein Team. Jeden Tag war mindestens einer dieser Buden-Paten vor Ort, acht waren es insgesamt, die „guten Geister“, wie Iris Schmitt sie nennt.
Idee zur Give-Box entstand 2014
Die Idee zum Geschenkebüdchen entwickelte die Ehrenamtlerin Christa Zimmermann während einer Quartierswerkstatt der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde. Das war im Jahr 2014. Die Bude stand vier Jahre auf dem Gelände am Hagdorn.
Werden die Buden im öffentlichen Raum aufgestellt, müssen sie genehmigt werden. Allerdings: Geschieht das nicht, werden sie von der Verwaltung geduldet.
Bis zuletzt hat es in der Give-Box am Kirchenhügel einen hohen Umschlag gegeben
„Wir haben innerhalb des Netzwerks lange beraten und letztlich hat die Vernunft gesiegt“, berichtet Iris Schmitt. „Wir lassen die Idee nun erstmal ruhen“, so die Diakonin weiter. Von einer gewissen Frustration möchte die Koordinatorin der Netzwerkarbeit in der VEK aber nicht sprechen. „Es gab von Anfang an beide Seiten“, führt sie aus. „Wir haben immer ganz viel Zuspruch bekommen, bis zuletzt hat es dort einen hohen Umschlag gegeben.“
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Es habe aber auch immer wieder Vorfälle gegeben, bei denen sehr unachtsam mit den Sachen aus der Give-Box umgegangen worden sei. „Schlimm ist, wenn die gesellschaftlichen Konventionen nicht mehr gelten“, sagt Justus Cohen. Und er verweist auf die Give-Box, die einst am Goetheplatz stand, bei der es ähnlich gelaufen sei.
Im vergangenen Jahr wurde die Give-Box am Goetheplatz geschlossen
Sie war das letzte Büdchen im öffentlichen Raum – und auch dort wurde immer wieder viel Müll vorgefunden. Die Anwohner des Goetheplatzes forderten die Abschaffung, und auch in der Bezirksvertretung 1 war sie Thema. Im vergangenen Jahr wurde sie geschlossen.
Iris Schmitt und Justus Cohen blicken, gemeinsam mit den anderen Netzwerkern in der VEK, positiv in eine Give-Box-Zukunft für Mülheim: „Wir haben keine zeitliche Perspektive, aber die Grundidee ist nicht gestorben“, erläutert Iris Schmitt. Und sie fügt hinzu: „Wir sind überzeugt, dass sie gut ist. Vielleicht werden wir einen anderen Ort dafür finden.“ Besonders nach dem Brand der Give-Box seien viele Bedenken bezüglich des Standortes aufgekommen – schließlich besteht beispielsweise eine unmittelbare Nähe zum Martin-Luther-Haus.
Stadtweite Suche nach einem neuen Standort für die Give-Box
„Wenn jemand noch eine zündende Idee hat, gibt es aus unserer Sicht keinen Grund, das Projekt der Give-Box nicht noch einmal neu zu beleben“, meint auch Pfarrer Justus Cohen. „Wir sondieren stadtweit, ob wir einen neuen Standort finden können“, so Iris Schmitt.