Mülheim. In der Kasernensiedlung in Holthausen hat ein freilaufender Hund eine Katze getötet. Die Anwohner sorgen sich nun auch um die spielenden Kinder.
Die traurige Nachricht erreicht die Familie Witte ausgerechnet im Urlaub: Ihre 17 Jahre alte Katze „Püppi“ ist verstorben – tot gebissen von einem freilaufenden Schäferhundmischling, vor der eigenen Haustür, in der Kasernensiedlung in Holthausen.
In einem Facebook-Post schreibt Püppis Besitzer Christoph Witte nun über den tragischen Vorfall, der sich am Dienstagabend, gegen 19.45 Uhr, ereignete. Doch dem Mülheimer geht es dabei nicht nur um den Tod seiner Katze – „so bitter und traurig das auch für uns ist.“ Schließlich sei sie mehr als nur ein Haustier gewesen.
„Dort oben haben Hunde an der Leine zu sein“
Christoph Witte geht es um viel mehr: „Dort oben“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion, „haben Hunde an der Leine zu sein. Vor allem, weil da so viele Kinder spielen.“ Aus besonderen Gründen: An die Siedlung, in der die Wittes wohnen, schließt sich unmittelbar ein Spielplatz an, der Spielplatz Westminsterstraße. Von dort aus geht es weiter ins Grüne, zur Mendener Höhe, dem Ruhrhöhenweg, eben zum Landschaftsschutzgebiet Witthausbusch. Attraktive Ziele auch für Hundebesitzer, die beim täglichen Spaziergang oftmals die Wege am Rand der Siedlung und auch am Spielplatz entlang nutzen.
8500 Hunde in Mülheim
Zum Vorfall in der Kasernensieldung erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels: „Wir werden nun prüfen, ob der Hund alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.“ Und beispielsweise auch, ob er jemals auffällig geworden sei.
Der Halter müsse in jedem Fall mit Konsequenzen rechnen, so Wiebels.
Etwa 8500 registrierte Hunde gibt es aktuell in Mülheim – aus Sicht vieler Besitzer aber viel zu wenig Freilaufflächen für die Tiere.
„Viele Hunde sind nicht angeleint“, hat Christoph Witte an manchen Tagen beobachtet. Sie würden sogar über den Spielplatz laufen. Er schreibt in seinem Post: „Ich habe selber auch Kinder und schon die Erfahrung gemacht, sie schnell auf den Arm nehmen zu müssen, weil sie Angst vor einem auf sie zustürmenden Hund hatten.“ Und: Diese Erlebnisse habe fast jeder aus der Nachbarschaft schon gemacht.
Eine Pflicht, den Hund dort an der Leine zu führen, gibt es nicht
Christoph Wittes Nachbar und Freund Frank Hötzel bestätigt, dass gerade diese Fälle häufiger vorkommen. Erst vor wenigen Tagen habe seine Frau ein solches Erlebnis gehabt. Ein Hund sei unangeleint durch die Siedlung in Richtung Spielplatz gelaufen. Auf den Hinweis seiner Frau, den Hund doch bitte anzuleinen, habe die Besitzerin reagiert mit den Worten: „Dann lein’ doch deine Kinder an.“
„Auf Spielplätzen sind Hunde grundsätzlich verboten“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels die Situation für ganz Mülheim. Er führt weiter aus: „Im Wald und auch in Landschaftsschutzgebieten dürfen die Hunde auf ausgewiesenen Wegen frei laufen.“ Sie müssen aber jederzeit abrufbar sein. Eine Anleinpflicht besteht laut Landeshundegesetz NRW in „Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und anderen innerörtlichen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr, aber auch „in der Allgemeinheit zugänglichen Park-, Garten- und Grünanlagen“. Das gilt auch für die städtische Grünanlage, die sich direkt am Spielplatz Westminsterstraße befindet.
„Ich wusste nicht, dass ein Hund so schnell tötet“
Einen Tag nach dem Tod von „Püppi“ wirken die Beobachtungen und Erlebnisse noch nach, vor allem bei einer weiteren Nachbarin von Christoph Witte. Sie ist Augenzeugin, hat gesehen, wie es passiert ist. „Ich dachte, wir retten die Katze noch“, berichtet die Mülheimerin, deren Name der Redaktion bekannt ist. Sie war nahezu direkt nach der Attacke des Hundes bei den Tieren, hatte sie den Vorfall doch vom Küchenfenster aus beobachtet. Sie war es auch, die „Püppi“ mit einer weiteren Nachbarin sofort zur nahe gelegenen Tierarztpraxis gebracht hatte. „Ich wusste nicht, dass ein Hund so schnell tötet“, stellt sie im Nachgang fest.
Der Halter des Hundes wäre zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht in unmittelbarer Nähe gewesen, so die Mülheimerin weiter. Er sei danach aber – nach lautem Rufen – hinzugekommen. „Der Besitzer hat gesagt, dass er nicht wusste, wo sein Hund war.“ Der Mann sei dann auch noch zur Tierarztpraxis gekommen – und habe sich entschuldigt.
Mit ihren Tageskindern ist die Holthausenerin häufig auf dem Spielplatz anzutreffen. Sie fragt: „Wie kann man verhindern, dass so etwas noch mal passiert?“ Dass spielende Kinder an diesem Ort in Mülheim nun nicht mehr sicher sind, davon will sie nicht sprechen. Sie sieht eher eine „schleichende Gefahr“. Als Patin des Spielplatzes will sie sich nun auch nochmal mit der Stadt in Verbindung setzen, vielleicht eine Sonderregelung erwirken.
Das Ordnungsamt will jetzt verstärkt dort auf Streife gehen
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Die Stadt kündigte indes an: „Das Ordnungsamt wird jetzt verstärkt dort Streife laufen“, so Volker Wiebels. Ab sofort soll dort täglich kontrolliert werden. Als „wirklicher Schwerpunkt“ sei die Siedlung an der Westminsterstraße nicht aufgefallen, erläuterte Wiebels auch. Es habe keine vermehrten Vorkommnisse gegeben, die dort zur Anzeige gekommen sind.
Dr. Martina Merkt sieht das anders, sie hat beobachtet, dass es „immer wieder Beißvorfälle gibt. Das passiert ständig.“ Die Tierärztin hat ihre Praxis am Schultenberg – Hunde, Katzen, Kaninchen und auch Meerschweinchen habe sie deswegen schon behandelt. Am Dienstag war sie es auch, die den Tod von „Püppi“ feststellte. Schon vor einiger Zeit hatte Martina Merkt der Stadt Hinweise auf Beißvorfälle gegeben. Volker Wiebels erklärt dazu: „Wir können aber nur dann tätig werden, wenn der Halter des angegriffenen Tieres Anzeige erstattet, beim Veterinäramt oder der Polizei.“
Die Katze musste nicht leiden: Sie hat einen Schocktod erlitten
Tierärztin Martina Merkt sagt klar: „Das Thema wird tot geschwiegen.“ In diesem Zusammenhang ist ihr aber sehr wichtig: „Ein Hund beißt nicht gleich ein Kind tot.“ Bei einer Katze komme der Jagdtrieb des Hundes durch. Vielleicht war das auch bei „Püppi“ so. Rekonstruieren kann man es nicht. Klar aber ist, dass „Püppi“ nicht leiden musste: „Sie hat einen Schocktod erlitten, das ging ganz schnell“, so Merkt.
Christoph Witte plädiert dafür, dass man „die Hundehalter mindestens sensibilisieren muss.“ Aus dem Familienurlaub will er nun Anzeige erstatten. Der Halter des Schäferhundmischlings ist bekannt. Da seien schließlich auch Kosten die mit „Püppis“ Tod verbunden sind. Auch das Ordnungsamt der Stadt will Witte einschalten – und „in Zukunft jeden weiteren Fall, wo wir Hunde unangeleint treffen, melden.“ Seinen Post auf Facebook schließt Christoph Witte mit noch deutlicheren Worten: „Versteht mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen Hunde. Aber an Spielplätzen gehören sie an die Leine!“