Mülheim. Günstiger Wohnraum wird an der Ruhr knapp, sagt der Vorstand der Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft. Ohne Fördermittel keine niedrigen Mieten.
„Tatsächlich günstiger Wohnraum wird zur Mangelware. Wir müssen aufpassen, dass wir in diesem Bereich keinen Boden verlieren.“ Frank Esser, Vorstandsvorsitzender der Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft (MWB), sagt, was auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger so empfinden. Daher wolle die Genossenschaft auch weiterhin auf verschiedenen Feldern des Wohnungsbaus und der Vermarktung aktiv sein. Mit einer Mischung aus Verkauf und Vermietung sei der durchschnittliche Quadratmeterpreis von 5,59 Euro zu erzielen. „Andere Vermieter und Mitbewerber liegen da bis zu einem Euro drüber“, sagte Esser bei der Vorstellung der Jahresbilanz.
Erheblicher Druck auf dem Wohnungsmarkt
Genau studiert habe der MWB-Vorstand die Ergebnisse der Wohnraumbedarfsanalyse vom Frühjahr dieses Jahres. Die Schlussfolgerungen der Forscher seien aus Sicht der Genossenschaft nachvollziehbar. Die Lage in Mülheim sei noch ernster als die Forscher aus Bochum es sähen: „Die 10.000 leerstehenden Wohnungen, von denen in der Analyse die Rede ist, stehen dem Wohnungsmarkt zum größten Teil nicht wirklich zur Verfügung“ erklärt Frank Esser. „Unsere eigene, sehr geringe Leerstandsrate zeigt uns jedenfalls, dass es auf dem Mülheimer Wohnungsmarkt einen erheblichen Druck gibt.“
Für eine Miete von 5 Euro pro Quadratmeter kann heute nicht mehr gebaut werden
Die Forscher des Instituts InWIS (Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft Stadt- und Regionalentwicklung) hatten für Mülheim eine große Nachfrage nach Wohnungen ausgemacht, die weniger als 5 Euro je Quadratmeter kosten. „Diese Wohnungen können heute schlicht nicht mehr gebaut werden“, sagt Frank Esser. „Wer ohne Fördermittel baut, kann Wohnungen, die günstiger als 9 Euro je Quadratmeter sind, nicht mehr finanzieren. Im öffentlich geförderten Bereich würde eine Neubaumiete bei 6,20 Euro je Quadratmeter liegen.“
Lerchenstraße ohne Mieterhöhung modernisiert
Baukosten und Modernisierungskosten seien ein wichtiger Faktor: „An der Lerchenstraße konnten wir ohne Mieterhöhung modernisieren, weil wir dafür auch Mittel aus dem erfolgreichen Bauträgergeschäft genutzt haben“, erläutert Frank Esser. „Das geht aber nicht immer. Es hat schon seinen Grund, warum immer weniger Wohnungen zu so günstigen Mieten wie ehedem angeboten werden.“
Gut im Stadtquartier angekommen
Seit 12. Juli sind die rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im neuen Verwaltungssitz der Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft zu Hause. „Vorbereitung und Durchführung des Umzugs waren ein Kraftakt“, erinnerte sich Jürgen Steinmetz, technischer Vorstand. „Besonders wichtig war es uns, dass wir auch während der Umzugsphase weiter für unsere Mitglieder da sein konnten.“
„Wir bedanken uns bei Carsten Czaika und seinem Team der Abteilung Planen und Bauen für das tolle Gebäude, besonders bei allen Kundinnen und Kunden für ihre Geduld, falls sie während der Übergangsphase Verzögerungen erlebt haben sollten“, sagte Steinmetz. „Inzwischen sind wir im Stadtquartier Schlossstraße gut angekommen und nicht mehr auf mehrere Häuser verteilt.“
Auch die MWB spürt bereits steigende Preise für Bauleistungen. „Trotzdem blieben die örtlichen Handwerksbetriebe unsere Partner“, ergänzt Jürgen Steinmetz, technischer Vorstand. Für kleinere Reparaturen habe die MWB aber schon ein eigenes Team zusammengestellt, das schnell eingreifen kann, „wenn unsere Mieter anrufen. Das ist aber keine Konkurrenz zu den Fachfirmen“, betont Steinmetz.
Soziale Durchmischung muss erhalten bleiben
http://funke-cms.abendblatt.de:8080/webservice/thumbnail/article/216381949Bund und Länder könnten jedoch die Baukosten senken. Auch die Vergabe kommunaler Grundstücke müsse künftig geänderten Regeln folgen: „Aus Geldnot den Gedanken der sozialen Durchmischung aufzugeben, das kann auf lange Sicht großen Schaden anrichten, weil es das Gesicht unserer Stadt über Generationen hinweg verändert“, warnt Frank Esser. „Wir wissen, dass die Stadtverwaltung die Idee prüft, künftig weniger auf den höchsten Verkaufspreis für städtische Grundstücke zu achten, und stattdessen gute Konzepte zu bevorzugen.“
Positiv sei, dass nun das Bündnis für bezahlbares Wohnen in Mülheim gegründet werde, in dem genau solche Fragen debattiert werden könnten.