Mülheim. . Experten legen Gewerbemietspiegel vor, der über Büroräume, Hallen und Ladenlokale informiert. Sie bemängeln etwa die Erhöhung der Grundsteuer.

In Reihen hiesiger Immobilienmakler ist die Unzufriedenheit über politische Entscheidungen, die jüngst in Mülheim getroffen worden sind, groß. Das zeigte sich beim Gespräch mit Vertretern der „Immopromeo“ Grundstücksbörse Ruhr, die zur Präsentation des Gewerbe-Mietspiegels 2019 eingeladen hatten.

Als massives Problem wird die um 39 Prozent erhöhte Grundsteuer angesehen. Sie sei „ein fataler Schritt in die falsche Richtung“, sagt Makler Klaus-Peter Großmann. Das zeigten Erfahrungen aus der Praxis: Kunden auf der Suche nach Kapitalanlagen hätten sich für Immobilien in verschiedenen Revierstädten interessiert – Mülheim sei in ihrer Aufzählung nicht vorgekommen. Eine um 250 Prozentpunkte auf 890 Punkte angestiegene Grundsteuer B sei nicht vermittelbar. „Die Mieter sind letztlich die, die es zahlen“, und die treffe es nun „happig“. Der „Eingriff der öffentlichen Hand“ wirke sich negativ auf die Entwicklung Mülheims aus, so der Essener Makler Großmann. „Es wäre wichtig, die Entscheidung zurückzunehmen.“

Privatleute geben Gewerbeflächen nicht frei

Kritik gab’s auch am Entwurf des Masterplans Industrie und Gewerbe. „Diesen Plan braucht es nur, weil es im Vorfeld Versäumnisse gab“, so Jens Hendrik Zerres, Mülheimer Vertreter im Vorstand der Grundstücksbörse. Man erkenne zwar „gute Ansätze“, aber die Idee, zugleich Industrie und Gewerbe sowie die Wohnungswirtschaft zu stärken, gehe nicht auf: Die Politik verhalte sich kontraproduktiv, indem sie hohe Kita-Gebühren, Gewerbe- und Grundsteuern kassiere.

Nach wie vor gibt es deutlich zu wenig Gewerbegrundstücke, bemängelt Zerres. Und mit einer Besserung der Lage sei nicht zu rechnen. Aktuell befänden sich lediglich zwei städtische Flächen sowie sechs Gewerbegrundstücke von privater Hand in vermarktungsfähigem Zustand. Die Preise dafür schwanken zwischen 80 und 110 Euro pro Quadratmeter. Zerres ist überzeugt, dass es eine nennenswerte Zahl privater Gewerbeflächen gibt. „Diese werden allerdings selten freigegeben. Die Eigentümer halten sie zurück, um eines Tages vielleicht selbst zu expandieren.“

Makler Jens Hendrik Zerres.
Makler Jens Hendrik Zerres. © Ilja Höpping

Forderung: Altbestand abreißen und Flächen neu entwickeln

Der neue Mietspiegel gibt auch Auskunft über Gewerbehallen. Die Nachfrage danach ist konstant; aktuell fehlen vor allem Hallen mit Flächen bis zu 400 qm. Dem Markt täte es gut, glaubt Zerres, wenn sich ein Trend aus der Wohnungswirtschaft fortsetzen würde: „Altbestand abreißen und Flächen neu entwickeln“ – das böte sich etwa für einige Bereiche im Hafen an. Denn oft seien Dämmungen, Brandschutz, Medienanschlüsse. . . nicht auf dem neuesten Stand und eine Ertüchtigung der Objekte schlicht unwirtschaftlich. Vermieter älterer Hallen verlangten aktuell zwischen 2,50 und 3,70 Euro pro qm, bei jüngeren Objekten gingen die Mieten auf bis zu 5 Euro pro qm hoch oder noch darüber.

Die Nachfrage nach Büroflächen ist laut der Experten rückläufig, „wir sind keine klassische Bürostadt“. Interessant seien höchstens Flächen bis maximal 500 qm. Für diese werden, je nach Lage und Zustand, zwischen 4 und 9 Euro pro qm fällig. Auch für klassische Ladenlokale gebe es eher wenig Interessenten. Wenn überhaupt, seien in der City Geschäfte mit weniger als 150 qm nachgefragt. Immerhin zeichne sich ab, dass das neugeschaffene Stadtquartier Schloßstraße erste positive Auswirkungen habe: „Die Frequenz im südlichen Teil der Fußgängerzone hat zugelegt.“ Lobende Worte fand Zerres auch für die Entwicklung entlang der Düsseldorfer Straße, wo innerhalb kurzer Zeit mehrere neue Geschäfte an den Start gegangen sind. „Saarn hat’s wirklich gut gemacht.“

„Mülheim ist weiter beliebte Wohnstadt“

Auch zur hiesigen Situation bei Wohnimmobilien nahm der Makler Stellung: „Mülheim ist weiter beliebte Wohnstadt.“ Der Markt befinde sich auf hohem Niveau, Eigentum und Mietobjekte seien begehrt. Mieter, die in Neubauten einziehen, müssten mit höherem Mietzins rechnen. Nach wie vor habe die Baubranche viel zu tun, es sei kaum möglich, Fachleute zeitnah und zu erschwinglichen Preisen zu bekommen. Zudem treibe die Energieeinsparverordnung die Baukosten in die Höhe.

Für Eigentumswohnungen im Neubau müsse man mindestens 3200 Euro pro qm zahlen, zum Teil auch 3600 Euro. Barrierefreies Wohnen in neuen Mietobjekten koste zwischen 11 und 14 Euro pro qm. Viele ältere Menschen fühlten sich dennoch davon angesprochen, „sie nehmen den Umzug bereitwillig in Kauf“. Wer ein Haus erwerben will, zahle zwischen 270.000 Euro in einfachen Lagen und 400.000 Euro in mittleren.

>> BÖRSE FORCIERT ANSIEDLUNGEN

Wer auf www.immopromeo.com Name und E-Mail-Adresse in ein Formular eingibt, erhält den Mietspiegel mit den Durchschnittsmieten für Büroräume, Gewerbehallen, Ladenlokale kostenlos als Download per Mail.

Der seit 1966 bestehenden „Immopromeo“ Grundstücksbörse Ruhr gehören unter anderem Makler, Architekten, Hausverwalter und Sachverständige aus Mülheim, Essen und Oberhausen an.

Ziel der Institution mit Sitz im IKH-Haus in Essen ist es unter anderem, Firmen-Ansiedlungen im Ruhrgebiet zu forcieren.