Mülheim/Essen. Ein Biometzger aus Essen will Schweine artgerecht in Mülheim halten. Einer Genehmigung steht aber ein gültiger Bebauungsplan entgegen.
Ein Biometzger aus Essen will in Mülheim Freiland-Schweine artgerecht auf zwei Flächen im Stadtteil Raadt halten. Ein Bauernhof mit passenden Flächen an der Zeppelinstraße ist bereits gefunden. Doch eine nötige Genehmigung durch die Stadt Mülheim gestaltet sich nicht nur wasserrechtlich schwierig. Eine der beiden benötigten Flächen ist laut gültigem Bebauungsplan eine Vorratsfläche für den Hauptfriedhof. Ein Ortstermin.
Die Flächen an der Zeppelinstraße in Mülheim wären ideal
Biometzger Bernd Burchhardt möchte seine Freiland-Schweine auch lokal aufziehen. Was er dazu braucht, ist eine passende Fläche. Die knapp zwei mal sechs Hektar an der Zeppelinstraße wären ideal für die 280 Schweine, die er maximal zeitgleich halten will, berichtet er beim Ortstermin, zu dem die Mülheimer Grünen geladen haben.
Die Grünen wollen das Thema auch im kommenden Umweltausschuss diskutieren. Beide Flächen wären ideal, damit die Schweine etwa alle drei Monate samt ihren Unterständen „umziehen“ können, damit die Wiesen sich regenerieren können. „Bei uns hat ein Schwein umgerechnet 175 qm Platz“, sagt Bernd Burchhardt, der seine Bioschweine bisher aus Goch und Velbert bezieht. In Mülheim würde er dem Landwirt die artgerecht gehaltenen Tiere garantiert abnehmen. „Wir haben Kunden genug dafür“, sagt er. Nicht nur aus Essen.
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Für Friedhofs-Vorratsfläche gibt es einen rechtsgültigen Bebauungsplan
Bei einem runden Tisch mit verschiedenen Mülheimer Ämtern im vergangenen Jahr fühlte sich Elmar Damke, der den Biometzger als pensionierter Unternehmensberater bei dem Weg durch das Genehmigungsverfahren unterstützt, mit der Idee nicht sehr willkommen: Es seien, so Damke, überwiegend Vorbehalte zur Sprache gekommen. Klaus Beisiegel, Referent des Mülheimer Baudezernenten und als Vertreter der Stadtverwaltung beim Ortstermin dabei, schätzt, dass die wasser- und bodenrechtlichen Anforderungen der einen Fläche möglicherweise regelbar seien.
Das Hauptproblem der anderen Fläche, die an den Hauptfriedhof grenzt, sei, dass diese Wiese, die der Stadt gehört, Friedhofs-Vorratsfläche für den Hauptfriedhof sei. Eine der wenigen, die die Stadt noch habe, ganz unabhängig vom vieldiskutierten Friedhofsentwicklungskonzept Mülheims. „Für diese Fläche gibt es einen rechtsgültigen Bebauungsplan“, sagt Beisiegel. „Diese Fläche müssen wir vorhalten. Die Stadtverwaltung muss sich an Recht und Gesetz halten.“ Das Vorhandensein eines muslimischen Gräberfelds auf dem Hauptfriedhof, so Beisiegel, sei dabei übrigens „kein Thema für die Verwaltung“.
Ein Änderungsverfahren für den Bebauungsplan kann Jahre dauern
Die Fläche am Friedhof ist aktuell als landwirtschaftliche Nutzfläche an den Landwirt verpachtet. Bebauungspläne kann man ändern, theoretisch. Ein Änderungsverfahren könne aber, politische Zustimmung vorausgesetzt, bis zu drei Jahre dauern, sagt Beisiegel.
„Wenn wir die Massentierhaltung nicht mehr wollen, werden wir uns um Alternativen kümmern müssen“, so Hermann Stollen, umweltpolitischer Sprecher der Mülheimer Grünen. „Die Freiland-Haltung ist nicht nur ein Zeichen für Essen oder Mülheim, sondern für das ganze Ruhrgebiet“, meint Elmar Damke. Der Verbraucher könne dann entscheiden, ob er Fleisch will von „einem Schwein, das 0,75 qm Platz hat in einem dunklen Stall mit 10.000 anderen. Oder von einem Schwein, dass 175 qm zur Verfügung hat – zusammen mit 200 Artgenossen.“
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Bernd Burchhardt würde auch auf einer kleineren Fläche mit weniger Schweinen anfangen – aber wirtschaftlich lohnen muss sich das Projekt eben auch für einen Biometzger.