Mülheim. Fast jeden Tag stoßen die MEG-Mitarbeiter an Grenzen. Zugeparkte Straßen sind ein Problem. Wir haben die Müllabfuhr bei der Arbeit begleitet.
Manchmal hilft nur noch die Hupe. Es geht nicht weiter, nur noch zurück, nach vorne: keine Chance. Dabei kann André Bartsch doch ziemlich gut umgehen, mit seinem Fahrzeug, das ohne zweite Achse einen „Wendekreis wie die Titanic“ hätte. Und gerade in diesem Moment kommt die Sonne raus, über dem Marsweg in Speldorf.
Die Blauen Tonnen stehen schon am Straßenrand. Und daneben: eine Limousine der etwas größeren Art. Peter Spata winkt ab. Das knapp zehn Meter lange und exakt 2,55 Meter breite Müllfahrzeug der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) kommt hier einfach nicht weiter. Das war es dann, mit der Leerung. „Dann sind sie eben erst wieder in vier Wochen dran“, sagt Peter Spata.
150 Mitarbeiter der MEG sind täglich auf Mülheims Straßen unterwegs
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Auf Tour mit der Mülheimer Müllabfuhr. Auch an diesem Tag sind sie wieder unterwegs, im gesamten Stadtgebiet. Zehn Fahrzeuge für Hausmüll, drei für die gelbe Tonne, zwei für den Papiermüll. Vier gibt es für die braune Tonne, in der der Biomüll entsorgt wird. „Wir haben circa 150 Mitarbeiter, die täglich auf den Straßen unterwegs sind“, berichtet Dirk Eurskens, Leiter der Abteilung Logistik bei der MEG. Unter ihnen auch heute wieder: Peter Spata und André Bartsch, Papiermüll.
Zu ihrem Alltag und dem ihrer MEG-Kollegen gehört zunehmend das leidige Thema Parken. Peter Spata will es noch einmal versuchen, klingelt an einer Haustür. Vielleicht hat er ja Glück. In der Tat: Das Auto gehört zwar nicht dazu, aber immerhin weiß er nun, wo er klingeln muss, um den Besitzer ausfindig zu machen. Erfolglos. Da hilft jetzt nur noch ein Hinweisschild an mehreren Tonnen – „Ihre Abfalltonne konnte heute nicht geleert werden“, so die Einleitung. Mit der Bitte um Verständnis folgt der Hinweis auf die Service-Hotline der MEG.
„Die zugeparkten Straßen sind ein großes Problem“
Gerade an den engen Straßen wie beispielsweise dem Mars- und Neptunweg, der Tannenstraße oder der Hubertushöhe: Die MEG und ihre Mitarbeiter stoßen nahezu täglich an Grenzen. „Die zugeparkten Straßen sind ein großes Problem“, sagt Dirk Eurskens. Mit den Jahren sei das immer schlimmer geworden. „Der Parkdruck ist zu hoch, es gibt zu wenig öffentlichen Parkraum und mittlerweile zu viele Autos“.
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Den Halter zu ermitteln, das kostet viel Zeit. Das Ordnungsamt muss eingeschaltet werden, rauskommen, feststellen. „Die Zeit haben wir einfach nicht“, sagt Peter Spata. Jeden Morgen gibt es ein neues Revier, das per Liste abgefahren wird. 20 sind es insgesamt. Ganz genau wird festgehalten, welche Tonnen geleert wurden – und welche eben nicht. Häkchen dran.
Müllwagen der MEG dürfen in Mülheim nicht überall rückwärts fahren
André Barstch kümmert sich, wenn der Wagen hält. Mit dem Kuli in der einen und dem Lenkrad in der anderen Hand. Per GPS erfolgt eine weitere Dokumentation, darauf greifen die Kollegen aus der Disposition in der MEG-Zentrale am Pilgerweg zu. „Auch dem Bürger gegenüber ist das wichtig“, betont Eurskens.
14.000 blaue Tonnen stehen auf Mülheimer Stadtgebiet
In Mülheim gibt es laut der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft knapp 35.000 Hausmülltonnen. Bei den gelben Tonnen sind circa 32.000.
18.000 braune Tonnen stehen auf Mülheimer Stadtgebiet. Die blauen Tonnen bilden die kleinste Gruppe: Knapp 14.000 von ihnen gibt in der Stadt an der Ruhr.
Vor dem Start in jeden Entsorgungstag führen die einzelnen Teams eine Abfahrkontrolle ihrer Müllfahrzeuge durch. So wird zum Beispiel die Fahrzeugtechnik wie etwa Beleuchtung, Lenkung, Bremsen, Räder oder auch die Ladungssicherung kontrolliert, aber auch die persönliche Ausrüstung der MEG-Mitarbeiter.
Ein weiteres Hindernis bei der Abfuhr: Die MEG-Müllwagen dürfen in Mülheim nicht überall rückwärts fahren. Hintergrund ist die „Branchenregel Abfallsammlung“, die seit 2018 für die Arbeitssicherheit gilt. Müllwagen dürfen aus Gründen der Sicherheit nicht mehr einfach rückwärts in enge Straßen fahren. Die Gefahr ist zu groß, dass jemand dabei verletzt wird.
Für jeden Abschnitt wird es eine Lösung geben
Das führt zu Problemen bei der Entsorgung, besonders eben in engen Straßen. „Wir haben zuletzt alle möglichen Rückwärtsfahrstrecken erfasst und in Gefährdungsstufen eingeordnet“, erklärt Dirk Eurskens. Es gehe dabei um etwa 160 Straßen. Das Umweltamt als ausführende Stelle wolle jetzt zunächst „die Stellen abarbeiten, die am kritischsten sind. Es wird für jeden Abschnitt eine Lösung geben“, so Eurskens.
Das könnte beispielsweise ein neuer Abholplatz sein, aber auch ein Parkverbot in Wendebereichen oder der Einsatz kleinerer Entsorgungsfahrzeuge. „Wir hoffen, bis Jahresende die größten Problemfälle abgearbeitet zu haben“, berichtet Eurskens.
„Ich könnte keinen Job im Büro annehmen“
Für Spata und Bartsch ist es etwas Besonderes, das, was sie da schon seit Jahren machen. „Ich könnte keinen Job im Büro annehmen“, gibt der 27-jährige André Bartsch zu. Er mag es, in seiner Stadt rumzukommen, zu sehen, wie die Menschen leben und wohnen, an der Ruhr. „Man sieht Orte, da denkt man sich: Wow!“ Der Berufskraftfahrer hat auch schon seine Ausbildung bei der MEG absolviert. Und noch immer gibt es Stellen in dieser Stadt, die er noch nicht kennt, Stellen seiner Heimat, die er gerne entdeckt.
Peter Spata, der gelernte Betriebsschlosser und Schweißer, ist seit 28 Jahren Müllwerker bei der MEG. Er mag seinen Job. „Man sieht immer andere Leute, eine andere Umgebung, es gibt einfach keine Langeweile“, sagt der 57-Jährige und lacht. Überhaupt lacht er viel, dieser Peter Spata, und scherzt. So macht die Sache mit dem Müll auch gleich mehr Spaß.
Von der MEG gibt’s Sonnenhüte, Sonnencreme, Sonnenbrillen – und Wasser
Wobei: Manchmal vergeht er den MEG-Mitarbeitern sicherlich auch. Im Sommer zum Beispiel, wenn die Sonne knallt und das Thermometer über 40 Grad anzeigt. So wie Ende Juli. Im Juni, Juli und August fangen sie extra eine Stunde eher an. „Dann ist vor allem wichtig, viel zu trinken“, sagt Peter Spata. Vom Arbeitgeber gibt’s Sonnenhüte, Sonnenbrillen, Sonnencreme – und reichlich Wasser.
„In meiner Kabine habe ich eine Klimaanlage. Aber irgendwann bringt auch die nichts mehr“, erklärt Bartsch. Peter Spata ist da schon mehr gefordert: Er arbeitet an der Straße, am schweren Fahrzeug, mit den Tonnen, an der Presse. „Früher habe ich gesagt: Lieber dreimal Sommer als einmal Winter“, sagt Spata. Und er lacht schon wieder. So ganz ernst kann er das also nicht meinen.
Jetzt fahren die beiden, auf nicht mehr ganz so engen Straßen, mit viel Papier, zurück zum MEG-Gelände, wollen Mittagspause machen. Danach geht es weiter, nach Oberhausen-Buschhausen, zum Recyclingunternehmen Remondis. Und danach warten ja noch weitere Straßen, größere und kleinere blaue Tonnen auf Leere.