Mülheim. Die Mülheimer SPD will die Dächer von Haltestellen begrünen. Der Einwand der Ruhrbahn: Wartehäuschen müssten so komplett erneuert werden.
Inspiriert von einer Idee aus den Niederlanden ist ein Antrag der Mülheimer SPD-Fraktion für den kommenden Umweltausschuss, die Dächer von Bus- und Straßenbahnhaltestellen zu begrünen. Machbar sei das, wie auch im Nachbarland, aber nicht ohne zusätzliche Kosten – so lauten die ersten Einschätzungen.
„Man kennt das ja von Garagen, die mit begrünten Dächern gebaut werden“, erklärt Daniel Mühlenfeld, SPD-Ratsmitglied, den Hintergrund des Antrags, nach dem die Stadtverwaltung und die Ruhrbahn ein Konzept zur Begrünung der Wartehäuschen vorlegen sollen.
Auch interessant
Die SPD will damit Grünflächen ins Stadtgebiet bringen, um mehr Lebensräume für Insekten wie Bienen zu schaffen. „Das scheint uns sinnvoll zu sein“, so Mühlenfeld auf Anfrage, „da es für Grün in normalen Straßen ja nur begrenzte Möglichkeiten gibt.“ Pilotprojekte aus den Niederlanden würden zeigen, dass damit auch mikroklimatische Verbesserungen im Umfeld der Haltestellen erreicht werden könnten.
In Utrecht gibt es bereits begrünte Haltestellen, nennt die Mülheimer SPD ein Vorbild
In Utrecht sind laut Medienberichten bereits über 300 Bushaltestellen begrünt worden, um Bienen, Hummeln und Co. zu versorgen. Auch Nils Hoffmann, Bereichsleiter Markt und Kommunikation bei der Ruhrbahn, kennt die Berichte. Haltestellen mit Dach- und Wandbepflanzung gibt es in Essen und Mülheim bisher aber nicht. Die vorhandenen Wartehäuschen einfach mal so zu bepflanzen, das gehe nicht, wendet er ein.
Utrecht und Leipzig sind Vorreiter
Bienenfreundliche Dächer an Haltestellen kann man in Utrecht bewundern: Viele Medien berichteten im Juli über Bepflanzungen der 316 Wartehäuschen mit unkomplizierten, wasserspeichernden Sedum-Pflanzen.
Für klimafreundlich ausgestattete Haltestellen interessiert sich auch die Stadt Leipzig. Die Bahn- und Bushaltestellen der Leipziger Verkehrsbetriebe sollen laut Homepage der Stadt nicht nur eine Bedachung mit Solarzellen oder eine Dachbegrünung bekommen. Auch Bänke mit einer Sitzauflage aus Bambus sowie eine energieeffiziente LED-Ausleuchtung der Fahrplanaushänge sind geplant.
„Man kann die üblichen Wartehallen nicht grün ertüchtigen, man müsste ein ganz neues Bauwerk errichten“, sagt Nils Hoffmann. „Man muss eine Haltestelle mit einem Trog aufbauen, worin eine Bepflanzung erfolgen kann. Die Traglast, die Statik ist ganz anders. Auch müsste entwässert werden.“ Das ist teurer als eine normale Haltestelle – und außerdem ist es wartungsintensiver. „Die Pflanzen benötigen Zuwendung.“
Dienstleister denkt schon über mögliche Lösungen nach
Die Wartehäuschen der Ruhrbahn in Mülheim werden vom Koblenzer Werbeunternehmen Degesta als Dienstleister aufgestellt und auch in deren Auftrag gewartet, repariert und gereinigt. Das Unternehmen refinanziert seine Investitionen durch Werbung an den Haltestellen. Degesta-Geschäftsführer Bernd Seibold berichtet von Anfragen zu begrünten Haltestellen.
Ein wichtiges Thema in diesen Zeiten, wie er sagt, allerdings sei es eben auch noch Neuland für sein Unternehmen. „Wir haben das aufgegriffen und sind in der ersten Planung“, so Seibold. Fertig von der Stange kaufen könnte man begrünbare Wartehäuschen nicht, sagt er, man müsste einen Prototyp hinstellen, damit man den Kommunen auch etwas anbieten könne.
Ruhrbahn: Begrünung in einzelnen Haltestellen könnte sinnvoll sein
176 Wartehäuschen gibt es insgesamt für die Ruhrbahn in Mülheim. In einzelnen Fällen könnte eine begrünte Haltestelle durchaus Sinn machen, so Nils Hoffmann. Das müsste allerdings die Stadtverwaltung entscheiden. „Klimaschutz ist Stadtaufgabe.“ Es werde Gespräche geben, kündigte Horst Chluba an, Leiter des Amtes für Verkehrswesen und Tiefbau in Mülheim: „Und dann muss man mal sehen, was überhaupt realisierbar ist.“