Mülheim. Seit 50 Jahren betreuen Patres des Heiligen Franz von Sales die Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt. Sie wollen Zeichen setzen gegen Kirchenaustritte.
Seit 50 Jahren betreuen Patres des Ordens der Oblaten des heiligen Franz von Sales (OSFS) die Klostergemeinde in Saarn. Als die beiden Niederländer Pater Bernard Hendriks und Pater Rudolf Klaus im Sommer 1969 Beichtstuhl, Messe, Predigt und Seelsorge in St. Mariä Himmelfahrt übernehmen, ist das für die halbe Gemeinde eine kleine Revolution im streng reglementierten Leben unter dem Kirchturm. Die Gemeindejugend genießt dagegen sofort die lockere Art der Patres. Sie erhält mehr Freiheiten.
Während der zehn Jahre dauernden Sanierung der Klosteranlage halten die Ordensleute die Gemeinde zusammen und stärken sie. Viele erinnern sich gern an die Jahrzehnte in einer großen Familie, die Gemeinschaft vorlebt, aber heute neue Herausforderungen zu bestehen hat. „Wir wachsen mit unseren Aufgaben“, lautet daher das Motto der amtierenden Kirchenmänner Pfarrer Christian Böckmann, Pater Bala Kaligiri (OSFS), Pater Johnson Mathew Onasseril (OSFS) und Pater i.R. Leo Viete (OSFS).
Eine Festwoche zur 50-jährigen Betreuung durch den Orden
Mit einer Festwoche erinnern die Organisatoren an die bisherigen fünf Jahrzehnte, in denen die Gemeinde aus dem konservativen, katholischen Dasein in eine offene christliche Lebensgemeinschaft gewachsen ist. In diesen Tagen „zeigen wir Ihnen im Kreuzgang auf einem Monitor Porträts, Erinnerungen und Bilder der Patres und Brüder, die seit 1969 hier tätig waren“, erläutert Jens Ammann, Sprecher des Sachausschusses, der Gemeinde.
Während sich die Patres heute mit Kirchenaustritten, Kirchenschließungen und Gemeindefusionen befassen müssen, präsentierte sich St. Mariä Himmelfahrt 1969 wohl geordnet. „In den ersten Wochen war es sehr schwer für uns, im Dorf einzukaufen und in der Gemeinde akzeptiert zu werden“, sagte einmal Pater Bernard Hendriks. Nachdem er jedoch mehrere Seelsorgebesuche bei älteren Gemeindemitgliedern gemacht hatte, „war das Eis gebrochen. Die anfängliche, zurückweisende Kälte wandelte sich in gebende Wärme.“
„Wir glauben alle an den gleichen Gott“
Pater Klaus brauchte nur einige Tage, bis er im Jugendheim der von allen Geschätzte war.
Gruppenleiter konnten zuerst zaghaft, später nach kurzen Absprachen mit „PK“ (für Pater Klaus), ihre Idee umzusetzen. Das Jugendheim öffnete sich, immer neue Gruppen entstanden. Es war lange Zeit „der Treffpunkt im Dorf“ – auch für evangelische Christen.
„Wir glauben alle an den gleichen Gott“, antwortete Pater Klaus auf Fragen: „Wie schaffen Sie diese Gemeinschaft?“ Das haben konservative Himmelfahrer nicht so gerne gesehen, aber auch davon profitiert.
Klosterkirche wurde herausgeputzt
Als die Gemeinde vorübergehend ihr Gotteshaus verlor, zogen alle vom Kloster ins Jugendheim. Trotz der Sonntagsmessen wurde der Betrieb kaum eingeschränkt. Alle hielten zusammen. Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat zogen mit, drängten auf eine schnelle Sanierung der Klosterkirche.
Sie wurde als Schmuckstück mit neuen Orgeln herausgeputzt – auch mit vielen Spenden aus der Gemeinde. Heute sind Gebrauchsspuren sichtbar. „Das zeigt: Unsere Gemeinde ist lebendig“, begründet Pater Leo Viete. Er ist im Unruhestand und sieht die veränderten schnelllebigen Alltagsinteressen der Menschen mit gemischten Gefühlen.
Die Patres arbeiten gern in Saarn
Festwoche in der Saarner Klosterpfarrei
Die Festwoche beihaltet mehrere Programmpunkte für alle Generationen der Gemeinde. Gleichzeitig zeigt eine Ausstellung im unteren Kreuzgang Anhaltspunkte und Erinnerungen aus den vergangenen fünf Jahrzehnten. Viele Gemeindeangehörige werden sich dort wiederfinden. Es gab bereits Vorträge, einen Seniorennachmittag mit Gottesdienst und gemütliches Beisammensein im Jugendheim.
Es folgen: Freitag, 5. Juli, 19.30 Uhr, Literarischer Abend unter dem Leitwort: „Franz von Sales – ein Mann für alle Fälle“ im Kreuzganginnenhof, Klosterstraße 55. Samstag, 6. Juli, 18 Uhr, Pontifikalamt mit Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck und Feier im Kreuzganginnenhof mit vielen Patres des Ordens.
Er und die anderen Patres sind dankbar, In Saarn arbeiten zu können. „In Indien ist die Welt viel härter, die Gemeinden sind viel größer. Auch in Mülheim haben wir keine Zeit zum Ausruhen, weil es mit Fusionen immer mehr Aufgaben gibt, die wir schaffen wollen“, sagt Pater Bala Kaligiri.
Er und Pater Johnson Mathew Onasseril wünschen sich mehr Zeit für die Seelsorge. „Wir sind mit dem Internet schneller erreichbar. Mehrere SMS ersetzen aber kein persönliches Gespräch.“
Bald hieß diese Art des Kümmerns in der Gemeinde Straßenbeichte
Die Patres Hendriks und Klaus leisteten zu ihrer Zeit ebenfalls Hilfe in Internetgeschwindigkeit. Traf man einen von Beiden im Dorf, reichte oft eine Gesprächsrunde um den Häuserblock. Bald hieß diese Art des Kümmerns in der Gemeinde Straßenbeichte, viele nahmen sie gern an. Bruder Martin hatte neben seiner Seniorenbetreuung vor allem den Garten hinter dem Pfarrhaus im Griff. Was er an Obst und Gemüse dort für die Küche erntete, wuchs mit Gottes Segen.
„Ich fühle mich wie in einer großen Familie
Es gab zahlreiche Veränderungen in der Gemeinde, die die Niederländer mit ihrer lockeren, aber berufenen Art etablierten. „Ich fühle mich wie in einer großen Familie und in der Gemeinde gut aufgehoben“, blickt Jens Ammann zurück, der die jüngsten fünfzig Jahre in der Klostergemeinde verbracht hat.
Ältere und Jüngere können da kaum widersprechen. Nach der Klostersanierung richtete sogar der Chef der Deutschen Ordensprovinz des Heiligen Franz von Sales in Saarn sein Büro ein. Inzwischen ist es in Wien, weil auch der Orden alle deutschsprachigen Abteilungen zusammengelegt hat.
Intensive Samstagskaffeerunden erlebt
Pater Bernard Hendriks betreute vor seiner Berufung nach Saarn auch das Ordensradio. Franz von Sales ist passenderweise Schutzpatron der Journalisten. Darum verstand er den Schreiber dieser Zeilen: „Du brauchst nicht in der Sonntagsmesse zu erscheinen. Wir sehen Dich auch gern am Vorabend in der Kirche oder bei uns zum Kaffee.“
Die Samstagskaffeerunden im Pfarrhaus waren stets ein intensiver Austausch. Mutter Marias Kuchen war legendär – er ersetzte mindestens eine komplette Mahlzeit. Die Modelleisenbahn von Pater Klaus: damals auch so ein Geheimtipp.