Mülheim. Vor 50 Jahren eröffnete das Jugendheim St. Barbara in Mülheim, heute heißt es „Der springende Punkt“. Ehemalige erinnern sich an wilde Zeiten.

Am Samstag feiert „Der springende Punkt“ in Dümpten seinen 50. Geburtstag. Bei der Party werden Ehemalige dabei sein, die hier viel Lebenszeit verbracht haben, und bezeugen können: Die wilden Jahre sind lange vorbei - was sie aber nicht bedauern.

Eröffnet wurde der Treff am 1. Juni 1969 als katholisches Jugendheim St. Barbara. Treibende Kraft war der damalige Kaplan Norbert Dziekan, der ausdrücklich ein offenes Haus schaffen wollte, für alle Kinder und Jugendlichen im Stadtteil, nicht nur für die Kirchgänger. So ist es bis heute geblieben, berichtet der Leiter des Zentrums, Yannick Freida. Die Pfadfinder, die in der Gemeinde stark vertreten sind, kommen hier ebenso zusammen wie Bands, die den Proberaum nutzen, Jugendliche, die Yoga betreiben, oder die OGS-Kinder aus der Schildberg- und der Barbaraschule.

Im Durchschnitt erscheinen rund 60 Besucher pro Tag, die von drei Hauptamtlichen und zwei Bufdis betreut werden. „Wir machen ein offenes Angebot“, erklärt Freida, „einige hier wird man nie in die Kirche bekommen, aber das war früher genauso.“ Finanziell getragen wird das Jugendzentrum mittlerweile zu rund 70 Prozent von der Kommune, maßgeblich auch vom Land NRW und noch zu etwa fünf Prozent von der Gemeinde, erläutert Georg Jöres, Fachdienstleiter für Jugendarbeit und Schule bei der Caritas Mülheim.

Legendäre Altpapiersammlungen brachten viel Geld

Er selber ist dem Jugendheim St. Barbara seit den achtziger Jahren persönlich verbunden. Jöres hat dort Zivildienst geleistet und an legendären Altpapiersammlungen mitgewirkt, die damals noch sehr viel Geld zugunsten des Jugendzentrums einbrachten. Bei einer Aktion wuchteten Pfadfinder und andere Helfer 84 Tonnen Papier mit vereinten

Events und Öffnungszeiten

Livemusik-Fans kennen das Dümptener Jugendzentrum, weil dort seit vielen Jahren das „Groove Point Festival“ stattfindet - traditionell auf dem Bolzplatz neben dem Haus und bei freiem Eintritt.

Am Samstag, 7. September, steht die zwölfte Ausgabe des Open-Airs an, diesmal mit den Bands Il Civetto, Lapplaender, TieLess, The Muted Fox und der Singer/Songwriterin Chiara-Josephine.

Vom 12. bis 19. Juli organisiert Der Springende Punkt eine Sommerferienfreizeit für Zehn- bis 14-Jährige nach Holland.

Reguläre Öffnungszeiten der Offenen Tür am Schildberg 93 sind: montags bis donnerstags, 14 bis 20 Uhr, freitags bis 22 Uhr, für Kinder von sechs bis elf Jahren täglich 14 bis 19 Uhr.

Kräften auf geliehene Lkw. 130 Mark zahlte die Sammelstelle pro Tonne. Einschlägig bekannt war Georg Jöres das Haus aber schon früher: „Als ich 14 war“, gesteht er, „hab ich mich hier nicht hingetraut.“

In den Siebzigern beherrschten Rockerbanden die Szene

Die Jugendlichen, die dort bevorzugt ihre Nachmittage und Abende verbrachten, waren anders gestrickt, der Umgang rau, das Jugendheim eher ein Kampfplatz für Jungs. Ende der siebziger Jahre beherrschten Rockerbanden die Szene, erinnert sich Dieter Spliethoff, der das Haus als Sozialarbeiter von 1978 bis 1990 geleitet hat. „Es gab Tage, da bin ich oben in meinem Büro geblieben, weil Leute gedroht haben, mich ins Krankenhaus zu prügeln.“ Aber kein einziges Mal habe er die Polizei gerufen, „denn dann hätte ich mit denen nicht mehr arbeiten können“.

Gemeinde hat das Jugendzentrum immer unterstützt

Damals seien in St. Barbara oft kritische Stimmen laut geworden, hätten ihre Sorge um das Haus geäußert, das offene Konzept in Frage gestellt. „Aber“, so Spliethoff, „die Mehrheit in der Gemeinde hat das Haus auch in den heftigsten Zeiten immer getragen.“

Als Jugendheim St. Barbara kennen es alteingesessene Mülheimer. Den Namen „Der springende Punkt“ hat das Zentrum

Auf dem Bolzplatz neben dem „Springenden Punkt“ findet seit vielen Jahren das Groove Point Festival statt. Das nächste Open-Air steigt am 7. September.
Auf dem Bolzplatz neben dem „Springenden Punkt“ findet seit vielen Jahren das Groove Point Festival statt. Das nächste Open-Air steigt am 7. September. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

erst vor rund 20 Jahren bekommen. Die Kinder und Jugendlichen durften über mehrere Vorschläge abstimmen. Erwachsene sollen hier nicht das Geschehen beherrschen, das ist über fünf Jahrzehnte so geblieben. „Das Jugendzentrum ist elternfreie Zone“, sagt Leiter Yannick Freida, „und so soll es auch sein.“ Es komme aber auch vor, dass Eltern ihn und sein Team als sozialpädagogische Fachkräfte wahrnehmen und etwa um Rat fragen, wie sie ihren pubertierenden Kindern bei Problemen begegnen sollen.

Neue Leitung wird zum 1. August gesucht

Das Geburtstagsgeschenk zum 50-jährigen Bestehen des Jugendzentrums steht schon: Am Bolzplatz wurde eine neue Terrasse gebaut, finanziert aus Spendengeldern. Die nächste Neuerung ist schon absehbar, denn das Haus sucht zum 1. August eine neue Leitung. Yannick Freida, der vier Jahre am Schildberg tätig war, wechselt zum Bistum Essen, als Referent für Jugend und Pfarrei. Die Stelle war ausgeschrieben, den Fachkräftemangel spüre man durchaus, erklärt Fachdienstleiter Georg Jöres: „Es gab nicht wahnsinnig viele Bewerbungen, aber es wird funktionieren.“

Wenn der oder die Neue Musik liebt, kann das nur von Vorteil sein. Im „springenden Punkt“ haben die unterschiedlichsten Sounds Platz, es gibt auch Instrumentalunterricht: Gitarre, Geige, Schlagzeug, Klavier. Nicht umsonst hat sich hier das Groove Point Festival als beliebtes Mülheimer Open-Air etabliert, im vergangenen Jahr zog es rund 800 Besucher. Diesmal, zum Jubiläum, möchte man gerne die Tausender-Marke knacken.