Mülheim. Die Mülheimer Foodsharing-Bewegung hat mit Vorurteilen zu kämpfen. Dabei handeln alle Beteiligten aus voller Überzeugung und mit viel Engagement.
Sie machen ihre Arbeit aus Überzeugung. Sie machen ihre Arbeit ehrenamtlich. Und sie machen ihre Arbeit mit viel Engagement. Zuletzt konnten sich die Mitglieder der Mülheimer Foodsharing-Bewegung über neue Helfer und weitere Kooperationen mit Supermärkten freuen. Und doch: Die Essensretter stoßen zuletzt auch immer häufiger auf Vorurteile und Kritik.
„Hast du das denn nötig? ist die Frage, die ich am häufigsten gehört habe“, berichtet Susanne N. (vollständiger Name der Redaktion bekannt). Und sie fügt hinzu: „Es folgt immer sofort der Rückschluss auf die Tafel.“ Dieses Modell aber wollen und werden die Essensretter nicht bedienen.
Mülheimer Foodsharing-Bewegung ist keine zweite Tafel
Anja Schellberg, Foodsharing-Botschafterin für Mülheim und eine der Administratorinnen der Mülheimer Foodsharing-Gruppe auf Facebook, kann das nur bestätigen – und will gleich mit dieser Denke Schluss machen: „Wir sind keine zweite Tafel“, betont sie. „Bei uns gibt es keinen Anspruch auf Lebensmittel.“
Eine Erklärung liefert Anja Schellberg gleich mit – und das auch auf Facebook, in der Gruppe „Gemeinsam für alle /Foodsharing Mülheim an der Ruhr“: „Wir retten Lebensmittel vor der Tonne. Die Lebensmittel, die wir bekommen, teilen wir mit anderen Savern und mit Euch. Wir können nur fairteilen, was wir bekommen. Wir fairteilen öffentlich (das tun wir freiwillig, es gibt keine Pflicht dies zu tun) oder als Hausfairteilung.“
Ältere Menschen sehen Foodsharing kritischer
Davon ab: Susanne N. und auch Anja Schellberg suchen gerne das Gespräch, klären immer wieder immer neu auf, über ihre Arbeit, ihr Engagement, ihre Überzeugung. „Wir müssen irgendwie von diesem Tafel-Gedanken wegkommen“, sagt Susanne N.
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Sie bekommt durchweg positive Reaktionen – wenn sie einmal veranschaulicht hat, was Foodsharing überhaupt bedeutet. Ihre Beobachtung ist auch: „Jüngere Menschen sind offener für unsere Arbeit“, sagt sie. Die Älteren seien da schon kritischer.
Menschen aus allen Schichten und Altersgruppen retten Lebensmittel vor der Tonne
Auch Eva ist seit einigen Monaten bei der Foodsharing-Bewegung in Mülheim aktiv. Und auch sie wird konfrontiert mit den Vorurteilen unter der großen Fragestellung „Hast du das denn nötig?“. Vor allem vor dem Hintergrund: „Du hast ein Haus, ein Auto, einen gut bezahlten Job“. Das seien oft Menschen, die sich mit der Thematik nicht beschäftigt haben. Auch Eva sagt: „Das ist eine Überzeugung. Das erkläre ich gerne jedes Mal aufs Neue.“
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Menschen aus allen Schichten, aus allen Altersgruppen nutzen mittlerweile die Chance und beteiligen sich am Prinzip „Foodsharing“. Und das nicht nur in Mülheim. Und trotzdem, beim Blick nach außen wird klar: „Das scheint tatsächlich in den Köpfen der Menschen zu hängen“, sagt Anja Schellberg, wenn sie vom Missverständnis zwischen Foodsharing und Tafel spricht. „Dieses Vorurteil hindert uns auch daran, einen festen Raum zu finden“, sagt sie.
Eiscafé Kröömel ist das Foodsharing-Quartier für den Sommer
Ausreichend Raum und Platz ist eigentlich schon seit Monaten dringend gesucht. Seit dem 17. Juni findet wieder eine Fairteilung der Mülheimer Foodsharing-Gruppe am Eiscafé Kröömel an der Speldorfer Hansastraße statt. Es ist ein Quartier für den Sommer.
Und es ist auch ein guter „Kompromiss“, wie Anja Schellberg es nennt. Für den kommenden Herbst aber, so ist die Hoffnung, soll endlich ein Quartier her. Damit Mülheims Essensretter weiterhin ihre Arbeit machen können – aus Überzeugung.