Mülheim. Zu den Weißen Nächten präsentiert das Theater an der Ruhr wieder ein attraktives Programm – und sicherlich die eine oder andere Überraschung.

Wenn sich der Raffelbergpark in ein eindrucksvolles Lichtermeer verwandelt, die Bäume sich im Wasser spiegeln und die Theaterfreunde mit Decken und Verpflegung scharenweise anrücken, dann weiß man, dass die Weißen Nächte begonnen haben. Das Theatererlebnis unter freiem Himmel ist, wie Roberto Ciulli einmal vor über zehn Jahren gesagt hat, ein Geschenk an die Bürger.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei, in Sammelkisten wird dann für einen guten Zweck, meist ein soziales Projekt, gesammelt. Ermöglicht werden die vier Tage mit Musik, Theater und Begegnungen vom 4. bis 7. Juli durch die Unterstützung von fünf Unternehmen sowie dem Förderverein des Theaters. Im vergangenen Jahr war es das angenehme Sommerwetter, das die Gäste noch lange nach dem Aufführungsende im Park bei angeregten Gesprächen verweilen ließ und bei der Gastronomie beinahe für einen Engpass gesorgt hätte. Allzu sehr verwöhnt von gutem Wetter war das Theater über die Jahre gesehen leider nicht.

In diesem Jahr ist bei den Weißen Nächten wieder ein Gastspiel zu erleben

Auch in diesem Jahr beteiligen sich am Theater angesiedelte Gruppen wie das Kollektiv Ma’Louba, die Volxbühne sowie die Labore des Jungen Theaters am Programm. Maria Neumann spielt wieder „Der Wolf und die Sieben Geißlein“. Neben den eigenen Inszenierungen ist in diesem Jahr mal wieder ein Gastspiel zu erleben. Aber die Verbindungen zu Ulrich Greb, der von 1986 bis 1990 Ciullis Assistent war, und seinem Moerser Schloßtheater sind so eng, dass man eher von Freunden als von Gästen sprechen muss.

Musik-Highlights

„Es ist alles drin, was wichtig ist, aber nie zuviel, in der Musik und in den Texten.“ Das auf den Song-Poeten gemünzte Zitat lässt sich auf die Weißen Nächte beziehen. Vom 4. bis 7. Juli, gibt es Kulturprogramm im Raffelbergpark von 18 Uhr bis in die Nacht.

Musikalische Höhepunkten sind auch Auftritte der Session-Band der Sol-Kulturbar und der Volxbühnen-Band aus „Fremd 4.0“. Das gesamte Programm: theater-an-der-ruhr.de

Am Samstag spielen die Moerser „Zur schönen Aussicht“ von Ödön von Horváth, das als herausragende Inszenierung zum Theatertreffen nach NRW eingeladen worden war. Dramaturgin Larissa Bischoff nennt das 1926 entstandene Stück ein „bitteres und sehr komisches Panoptikum der Zwischenkriegszeit, das mehr mit der aktuellen Situation zu tun hat, als uns lieb ist“. Angesiedelt ist es in einem heruntergekommenen Theater, in dem eine Gräfin der einzige Gast ist. Bekannt und gern zitiert ist: „Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.“

Ein Spielmannszug und der Petrikirchenchor wirken ebenfalls mit

Eröffnet werden die Weißen Nächte am Donnerstag, 4. Juli, mit „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ von Eugene O’Neill. Das mit dem Pulitzer-Preis und dem Tony-Award ausgezeichnete Stück ist das schmerzliche Protokoll, das den Zerfall einer Familie nachzeichnet, deren Mitglieder in selbst auferlegten Zwängen verhaftet sind und sich nicht von Träumen lösen können. Sie sind gefangen in einem Geflecht aus Abhängigkeiten und Schuldzuweisungen.

Am Freitag ist dann die personalstärkste Inszenierung zu sehen. Ein Spielmannszug und der Petrikirchenchor wirken mit bei Albrecht Hirches Inszenierung von Dürrenmatts „Der Besuch der Alten Dame“. Die zur Groteske zugespitzte unterhaltsame Inszenierung zeigt die Verführbarkeit der Menschen durch Geld und stellt die Frage nach dem moralischen Handeln. Gut und Böse sind den Personen nicht klar zu zuordnen und wechseln.

Die Weißen Nächte enden am Sonntag, 7. Juli, mit Clowns 2½, dem ersten Teil der erfolgreichen Trilogie über das Altern. Gemeinsam proben die Senioren den Aufstand gegen den fiesen Aufseher, gehen ins Kino und musizieren. Aber zunächst hat jeder im Frühstücksraum seinen ritualisierten großen Auftritt. Herrlich komisch und poetisch. Ein Muss für alle Theaterfreunde.

Auch musikalisch ist das Programm verlockend. Tom Liwa, der die Regeln des Singer-Songwirter-Genres auf charmante Weise auf den Kopf stellt und in Mülheim im Ringlokschuppen oder auf der Freilichtbühne schon öfter zu begeistern wusste, kommt am Freitag mit Anderwelt und am Sonntag gibt es ein Wiedersehen mit dem fantastischen Duo Friends ‘n’ Fellow, die vor ein paar Jahren faszinierten. Gitarrist Thomas Fellow kommt bereits am Donnerstag mit weiteren Partnern.