Mülheim. Der Wahlkampf im Vorfeld der Europawahl ist in Mülheim schwierig, aber das Interesse größer als zuletzt 2014. Es gibt auch eine Überraschung.
Einen Tag vor der Europawahl nutzen die Parteien vor Ort nochmal die Gelegenheit zum Wahlkampf. Der Endspurt, um viele Bürger zu erreichen und auf Europa aufmerksam zu machen. Die heimischen Vertreter der Parteien, die im EU-Parlament sitzen, werden sich auf dem Kurt-Schuhmacher-Platz präsentieren. Denn der Wahlkampf war schwieriger als etwa bei einer Kommunal- oder Bundestagswahl, wie zu hören ist. Die Stimmung unter der Bevölkerung ist verhalten. Unzufrieden sind die Parteien allerdings nicht.
Die beiden großen Parteien betrachten den Wahlkampf am wenigsten euphorisch, da die Bürger gerade zu Beginn nicht so leicht anzusprechen waren. „Die Resonanz war anfangs mau. Nach der Ibiza-Affäre hat sich das verändert“, hat der SPD-Parteivorsitzende Cem Aydemir wahrgenommen. Die Ortsvereine seien in allen Stadtteilen sehr aktiv gewesen. Ebenso die der CDU, mit ähnlichen Erfahrungen. Parteichefin Astrid Timmermann-Fechter sagt: „Zum einen gibt es Pro-Europäer, aber auch diejenigen, die sagen, Europa ist weit weg.“ Sie hofft, dass am Sonntag etwas erreicht werden kann. Dafür seien die persönlichen Gespräche am Samstag wichtig. Aydemir weiß: „Einige haben sich einen Tag vor der Wahl noch nicht entschieden. Die versuchen wir mitzunehmen.“
Kandidaten für Europa sind vor Ort
Die SPD konnte mit ihrer Kandidatin aus Saarn punkten. Denn Sina Breitenbruch-Tiedtke kam mit vielen Bürgern ins Gespräch. „Dadurch haben wir Sympathiepunkte gesammelt“, denkt Aydemir. Die CDU war an einem Tag mit ihrem Spitzenkandidaten Dennis Radtke unterwegs, die FDP veranstaltete einen Vortragsabend mit Spitzenkandidat Moritz Körner, die Linken luden ihren Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler ein. Die Grünen begrüßten den Bundesparteivorsitzenden Robert Harbeck und radelten mit ihm über das neu eröffnete Teilstück des Radschnellweges 1.
Für die kleineren Parteien sei ein Wahlkampf anstrengend, weil sich viele Aufgaben auf wenigen Schultern verteilen, sagt die Linken-Sprecherin Andrea Mobini. Dennoch hat die Linke auch wie andere Parteien den Bürgern aufgezeigt, inwiefern Mülheim von der EU profitieren kann, etwa wenn es um Fördergelder geht. Das Verständnis für Europa sei im Vergleich zu 2014 gestiegen, darin sind sich alle Parteien einig. „Wir haben das Gefühl, dass sich mehr Menschen für die Europawahl interessieren“, sagt etwa Mülheims FDP-Chef Christian Mangen, dessen junge Kollegen viel auf den Straßen unterwegs waren.
Grüne gewinnen Mitglieder durch Wahlkampf
Der Nachwuchs der Grünen plant am Samstag noch einen Kneipenabend. Die Partei hat durch den Wahlkampf auf der Straße sogar einige Mitglieder hinzugewonnen. „Das hat mich schon überrascht“, gibt Parteisprecher Fabian Jaskolla zu. Interesse für Europa sei vorhanden, durch die aktuell brisanten kommunalpolitischen Themen werde aber vieles vermischt. „Die Grundstimmung ist aber positiv, wir hatten nur wenige Störer dabei. In einem Fall waren wir allerdings kurz davor, die Polizei zu rufen. Ein älterer Herr hat uns in Saarn massiv beleidigt und wurde fast handgreiflich“, erzählt Jaskolla.
Hand angelegt hatten Unbekannte zuletzt an den Wahlplakaten der AfD und sie heruntergerissen. „Wir haben nochmal plakatiert, da viele Plakate beschädigt wurden“, sagte der AfD-Kreisvorsitzende Alexander von Wrese. Er rechnet wie die anderen Parteien mit einer höheren Wahlbeteiligung als 2014. Bis Sonntag, wenn der Wahlkampf gesetzlich untersagt ist, tun die heimischen Vertreter alles dafür.