Mülheim. . Die Euphorie war groß, als der Abschnitt am Mittwochnachmittag freigegeben wurde. Und ein Vertreter vom RVR brachte noch eine gute Nachricht mit.
Verkehrsfunk beschränkte sich bislang auf Meldungen von Autobahnen. Am Mittwochnachmittag hätte das Radio vom Radschnellweg RS 1 berichten können: Zur Eröffnung des 1,2 Kilometer langen Abschnitts über die historische Eisenbahnbrücke bis zur Hochschule Ruhr West kamen viele, viele Radfahrer und Fußgänger. Sie hielten den historischen Moment unter blauem Himmel mit dem Smartphone fest, wollten unbedingt zu den Ersten zählen, die die neue Trasse kennenlernen.
Es war eine Wonne, all die Rennräder, Mountainbikes, Hollandräder, Liegeräder, Lastenräder. . . zu sehen. Und vor allem ihre begeisterten Besitzer. Dieser Stau nervte keinen – Euphorie allerorten.
Vor der Camera Obscura zappelten Ballons im Wind
Landesverkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) und Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) schwangen sich gegen halb fünf am Hauptbahnhof auf die Räder, führten den Korso auf den knapp zwei Kilometern bis zur HRW an. Musiker Suppi Huhn und sein Kinderchor empfingen sie auf Höhe des Fahrrad-Aufzuges – dort also, wo bislang Schluss war mit dem Fahrvergnügen – und stimmten das Liedchen „Wir fahren auf dem Fahrrad um die ganze Welt“ an.
Genau so fühlten sich kurz darauf die meisten neugierigen Radler – auch wenn für die Umrundung der Erde noch einige Kilometer fehlten. Der Radschnellweg eröffnete neue Einblicke: Über die Ruhr ging es auf ungewohntem Wege vorbei am alten Gebäude der VHS. Vor der Camera Obscura zappelten bunte Ballons im Wind und von der Alten Dreherei wehte der Geruch gebratener Würstchen herüber. Auf Höhe der Feuerwehr kreuzten die Radler eine Ampelanlage, die aber wohl nur für Notfälle gedacht ist. Und einige hundert Meter weiter bog die gut gelaunte Schar ab auf den HRW-Campus.
Kritiker bemängelten eher langsamen Baufortschritt
Dort gab es viele freudige Reden zu hören, und vor allem eine Zahl, auf die wohl viele gewartet hatten: „Bis 2027“, so war Martin Tönnes, stellvertretender Verbandsdirektor des Regionalverbandes Ruhrgebiet (RVR), recht sicher, werde der Radschnellweg über seine vollen 101 Kilometer zwischen Hamm und Duisburg fertig sein. Das dürfte auch die vereinzelten Kritiker besänftigt haben, die via selbst geschriebener Plakate auf den bislang doch eher langsamen Baufortschritt hingewiesen hatten.
Ihre Kritik fand nicht überall Anklang; „immer muss alles zerredet werden“, ärgerte sich ein Radfahrer. Martin Tönnes vom RVR konnte damit gut leben: Er bedankte sich gar; selbst die Demonstranten seien an diesem Tag ja klar für das wichtige Infrastrukturprojekt – und nicht dagegen. Tönnes versprach, dass alle zehn beteiligten Kommunen weiter mit aller Kraft an einem Strang ziehen, um das Projekt zum Abschluss zu bringen. Noch in diesem Jahr werde in Essen, Bochum, Dortmund weitergebaut. 2027 sei schon deshalb ein perfektes Enddatum, „weil dann die Internationale Gartenausstellung IGA ansteht“. Für Minister Wüst ist der zügige Weiterbau auch deshalb wichtig, weil man Anreize brauche, „um nicht nur am Wochenende, sondern auch im täglichen Verkehr aufs Auto zu verzichten“. Es sei wichtig, auch andere vorhandene Lücken im Radwegenetz NRW rasch zu schließen.
Stadt würde gern bald Richtung Duisburg weiterbauen
Dass die Trasse bald auch Richtung Duisburg fortgesetzt wird, hofft unter anderem Planungsdezernent Peter Vermeulen. Dafür aber sei der Landesbetrieb Straßen NRW zuständig und der beschäftige sich zunächst mit dem Bau in die entgegengesetzte Richtung. Die Stadt ist laut Vermeulen interessiert daran, selbst weiterzubauen. „Wir warten quasi nur auf den Auftrag vom Landesbetrieb.“
Prof. Dr. Susanne Staude, aktuell an der Spitze der HRW, sieht künftige Studenten schon ausnahmslos mit dem Rad vorfahren: „Wenn erst die Generation ,Fridays For Future’ bei uns studiert, wird das Parkhaus hoffentlich fast leer sein.“
>> RUHRTAL-RADWEG UND RS 1 TREFFEN SICH
Rund acht Millionen Euro hat das 1,2 Kilometer lange Teilstück laut Helmut Voß, Radwegplaner der Stadt, gekostet. „Größtenteils kam das Geld von der Wirtschaftsförderung NRW und damit aus EU-Mitteln, etwa 30 Prozent aber auch vom RVR.“
OB Scholten hob hervor, dass sich nur in Mülheim der Ruhrtal-Radweg und der RS 1 kreuzen.