Mülheim. . Ginko startete 1979 als Jugendberatung. Später gab es eine Kiffer-Surf-Gruppe. Heute gehört auch Suchtvorbeugung für Senioren zum Programm.
Im Jahr 1979, als Schlaghosen schon aus der Mode waren, aber selbstgedrehte Zigaretten in aller Munde, wurde in Mülheim das Gesprächs-, Informations- und Kontaktzentrum eröffnet, kurz: Ginko. Im ehemaligen Büro der Heilsarmee an der Kettwiger Straße setzten sich vier Leute daran, Jugendliche bei Problemen unterstützen, dem Missbrauch von Alkohol und Drogen entgegen zu wirken. Jetzt feiert Ginko seinen 40. Geburtstag.
Mittlerweile firmiert es als Stiftung für Prävention und wird geleitet von Dr. Hans-Jürgen Hallmann, einem Mann der ersten Stunde. Hallmann hat 1979 als ABM-Kraft bei Ginko angefangen, kann also als Chronist über vier Jahrzehnte anekdotenreich berichten.
Anfangs nur ein Modellvorhaben
„Bevor in den Sechzigern die Drogenwelle kam, gab es überhaupt keine Prävention“, sagt Hallmann, „danach hat man es lange Zeit mit Härte und Abschreckung versucht.“ Erst in den achtziger Jahren habe sich ein ursachenorientierter Ansatz entwickelt: Drogenmissbrauch wird im Zusammenhang mit mangelndem Selbstbewusstsein und Problemen bei der Konfliktlösung betrachtet.
Ginko lief bis 1982 als Modellvorhaben, aus dem drei Zweige entstanden: Jugendberatung, örtliche Fachstelle und Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung. Nach Ende der Versuchsphase zog das Zentrum an die obere Kaiserstraße und sitzt dort bis heute.
Kiffer-Surf-Gruppe in den Achtzigern
Vielfältige Projekte wurden in 40 Jahren entwickelt, Ginko sei „für seine soziale Phantasie bei Fachleuten bekannt“, hieß es 1991 in einem „Spiegel“-Artikel über Strategien zur „Rettung der Kinder vor den Süchten“. Das Mülheimer Zentrum wurde dort mit seiner Kiffer-Surf-Gruppe aus den achtziger Jahren erwähnt. Der damalige Ginko-Leiter Peter Chwalczyk hatte Flugblätter in einschlägigen Szenekneipen verteilt.
18 Jugendliche kamen zum ersten Treffen und spähten erst mal ängstlich aus, ob Polizei da ist. Die Surfgruppe bestand schließlich aus zehn Jungen und drei Mädchen, die in Duisburg und Holland aufs Wasser gingen. Haschischrauchen war nicht verboten, verlor aber für die Jugendlichen durch den Sport, das Naturerlebnis und Gesprächsrunden immer mehr an Bedeutung.
Weniger Alkoholkonsum als früher
Während Cannabis in der Präventionsarbeit von Ginko immer noch – oder wieder – ein zentrales Thema ist, war der regelmäßige Alkoholkonsum von Jugendlichen zur Gründungszeit weit ausgeprägter, wie Studien belegen. Über „Komasaufen“ wurde allerdings erst viel später mit Sorge gesprochen. Norbert Kathagen, der auch schon seit fast 30 Jahren als Berater bei Ginko tätig ist, verweist auf das Nichtraucherschutzgesetz und das Alkoholverbot in den Betrieben. Seiner Ansicht nach ein Erfolg der Prävention: „Man muss Menschen von einem bestimmten Verhalten überzeugen. Wenn es eine Mehrheit gibt, gibt es auch ein Gesetz.“
Die Grundsätze von Ginko hätten sich aber nicht verändert, so Kathagen: „Wir sind nicht generell gegen den Konsum von Rauschmitteln, aber wir wollen verhindern, dass Menschen krank werden.“ Inzwischen bietet die Fachstelle Präventionsprogramme für alle Altersgruppen an: von Kindergartenkindern bis zu Senioren.
Geburtstagsfeier mit geladenen Gästen am 15. Mai
Ihr 40-jähriges Bestehen feiert die Ginko-Stiftung am Mittwoch, 15. Mai, ab 11 Uhr im Altenhof mit geladenen Gästen, Vertretern des NRW-Gesundheitsministeriums und der Stadt Mülheim.
Auf dem Programm stehen Fachvorträge zur Suchtprävention von Peter Lang (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) und dem Leiter der Ginko-Stiftung, Hans-Jürgen Hallmann.
Ginko veröffentlicht Jahresbericht 2018
Suchtvorbeugung wandelt sich ständig. „Die Jugendlichen sind andere als vor 20 Jahren“, sagt Ginko-Leiter Dr. Hans-Jürgen Hallmann. Ebenso ändern sich permanent die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Die Digitalisierung etwa erzeugt nicht nur neue Abhängigkeiten, sondern erweitert auch die Kontaktmöglichkeiten, in Form von Online-Beratungen oder speziellen Apps.
Die aktuelle Arbeit von Ginko dokumentiert der Jahresbericht 2018. Die klassische Jugendberatungsstelle haben im Vorjahr genau 176 Klienten aufgesucht, 2017 waren es noch 211. Der Anteil männlicher Jugendlicher ist weiter gestiegen, auf mittlerweile fast vier Fünftel der Ratsuchenden.
Cannabis ist häufig Thema in der Beratung
Das Thema Cannabis dominiert weiter deutlich: In rund 80 Beratungen ging es um exzessives Kiffen und den Wunsch, den Konsum zu reduzieren, häufig kombiniert mit anderen Problemlagen. Bei rund 25 Jugendlichen hatten es die Berater mit exzessiver Mediennutzung zu tun. Aufgrund von Essstörungen wenden sich dagegen immer weniger junge Leute an Ginko und wenn, fast ausnahmslos Mädchen. Jugendberaterin Ulrike Weihrauch führt dies allerdings nicht auf geringeren Leidensdruck, sondern auf vermehrte therapeutische Angebote im Umkreis zurück.
Die Jugendberatung ist nur einer von vielen Bereichen, in denen Ginko landesweit aktiv ist. In ganz NRW erfolgreich ausgeweitet wurde etwa die Kampagne „Stark bleiben. Suchtfrei alt werden.“ Andererseits gab es 62 Schulungen zum Projekt „Kita-Move“: 786 Fachkräfte lernten, mit Eltern wirksamer zu kommunizieren.