Das hoch verschuldete Mülheim und seine Etatdebatte: Jetzt klagen die fraktionslosen Ratsmitglieder darüber, vom Arbeitskreis ausgesperrt zu sein

Die Gruppe der Linken und die Fraktionslosen im Stadtrat sehen sich in den Etatberatungen, die der Stadtrat in den vertraulich tagenden Arbeitskreis Haushalt verfrachtet hat, in Teilen vom Informationsfluss abgeschnitten. Andreas Marquardt (Linke) und Hasan Tuncer (Bündnis für Bildung) machen jetzt Druck. Sie begehren Einlass zur nächsten Sitzung am 7. Mai. Stadtkämmerer Frank Mendack hält sich mit einer Zusage zurück. Die Entscheidung liege nicht bei ihm, sondern bei den Ratsfraktionen. Ausgerechnet: bei den politischen Wettbewerbern der „Kleinen“.

Im Hauptausschuss machte zuletzt Linken-Ratsherr Andreas Marquardt seinen Unmut deutlich. Provokant stellte er dem Stadtkämmerer mehrfach die Frage: Ist der Arbeitskreis ein offizielles Gremium des Rates? Und: Sind Arbeitsunterlagen, die der Kämmerer dort zuletzt unter der Maßgabe der Vertraulichkeit und mit namentlicher Kennzeichnung ausgegeben hatte, offizielle Schriftstücke der Stadtverwaltung?

Informationsrecht gilt auch für Stadträte

Der Grund für Marquardts Ärger: Im Arbeitskreis ist weder er noch Linken-Politikerin Birgit Felderhoff vertreten. Zunächst hatten sich die Ratsgruppe der Linken und die drei Fraktionslosen Cevat Bicici, Hasan Tuncer und Lutz Zimmermann (Mülheim 5 vor 12) damit zufrieden geben müssen, mit einem Teilnehmer (Zimmermann) den Beratungen im Arbeitskreis beiwohnen zu können. Später ließen die Fraktionen Bicici als zweiten Vertreter zu. Nur: Beiden Vertretern wurde zuletzt auf Nachfrage untersagt, die ihnen im Arbeitskreis ausgehändigten vertraulichen Arbeitsunterlagen an die Linken oder Hasan Tuncer weiterzugeben.

Diese sehen sich ausgesperrt. Tuncer sieht sich seiner „Arbeitsfähigkeit“ beraubt. Er fragt: „Wie soll ich mich vorbereiten auf die Haushaltsberatungen? Wenn ich in ein paar Monaten plötzlich was vorgelegt bekomme, kann ich nicht mehr reagieren“, ist seine Befürchtung. Er verweist wie Marquardt darauf, dass er als gewählter Stadtrat das gleiche Informationsrecht habe wie die Fraktionen. Was hier geschehe, sei „Wettbewerbsverzerrung“.

Schriftliche Aufforderung an Kämmerer

Tuncer und Marquardt haben Kämmerer Mendack in diesen Tagen schriftlich aufgefordert, ihnen die Teilnahme an der nächsten Arbeitskreis-Sitzung am 7. Mai gewährt wird. Der Kämmerer sagt, er könne das nicht entscheiden. Der Stadtrat habe den Arbeitskreis eingesetzt, so liege die Entscheidung bei den Fraktionen.

Tuncer kündigt an, auch ohne positives Echo des Kämmerers zur nächsten Arbeitskreis-Sitzung zu gehen. „Und wenn sie mich rausschmeißen, werde ich es verweigern“, sagt er.

Mülheims Linke sorgen sich um Politikverdrossenheit

Cevat Bicici (Wir aus Mülheim) kritisiert, dass zum Haushalt „Hinterzimmerpolitik“ gemacht werde. Über mögliche Einsparungen beim ÖPNV etwa sei dringend öffentlich und mit den Bürgern zu diskutieren.

Hasan Tuncer sagt, die Intransparenz spiele „rechten Gruppierungen wie der AfD und dem Bürgerlichen Aufbrauch in die Karten“, weil so Politikverdrossenheit bestärkt werde.