Mülheim . Bernadett Wiethoffs Gemälde zeigen verzerrte Gesichter, knochige Körper wie in einem Zerrspiegel. Die Ausstellung fasziniert und provoziert.
Die Haut wirkt faltig, der Körper knochig, die Gesichter zu Fratzen oder Karikaturen verzerrt – „schön“ scheint die Welt der Malerin Bernadett Wiethoff nicht zu sein. „Ich mag das Morbide“, gesteht die 46-Jährige. Und die subtile Provokation: „Essbar“ steht links unten auf dem Bild einer kalkbleichen Kuh, deren Kopf erschlafft auf dem Boden liegt.
„Mal doch mal was Schönes“, hat die Malerin schon häufiger gehört. Doch im Morbiden liegt Schönheit – wenn auch nicht im bürgerlichen Sinn. Ihre neue Ausstellung in der Mülheimer Ruhr Galerie ist daher eine Tour wie durch ein faszinierend-schillerndes Zerrspiegelkabinett geworden. Wiethoffs Werke sind besessen von deformierten Gesichtern und Körpern, die teils so wirken, als hätte man ein Foto zu lang belichtet und nun überlagerten sich die Figuren in ihrer Bewegung und damit fast bis zur Unkenntlichkeit.
Zwischen Comic und Karikatur
Die Spielart der Pop-Art – ihre übergroßen Blow-ups von Foto oder Comicausschnitten – und der Karikatur lässt die Künstlerin in ihren Gemälden anklingen, und auch die Comics selbst, deren Bildsprache traditionell komplexe zeitliche Abläufe in einer Darstellung unterbringen kann. Oder auch in zwei: „Die Gaben des Mondes“ hat Wiethoff in Anlehnung an ihr Lieblingsgedicht von Charles Baudelaire comicartig auf zwei Leinwänden unterteilt: Das eine zeigt einen fahlen Vollmond, das zweite ein ergriffenes, hinter der Hand verschränktes Gesicht.
Ihr „Zerrspiegel“ macht auch nicht vor sich selbst halt: „Ich, ich, ich“ schreibt sie in ein bizarres Selbstporträt. Und meint das nicht nur selbstironisch, sondern mit einer zutiefst humanistischen Kritik am Zeitgeist: „Unsere Gesellschaft ist ruppig geworden. Das eigene Ich muss sich immer wieder selbst behaupten, sonst verschwimmt es.“
„Kuh-le“ Gemälde
Der Ausgangspunkt ihrer bizarren Darstellungen sind übrigens Fotografien, die Wiethoff zufällig findet oder selbst erstellt hat. Und das führt gelegentlich zu unerwarteten, großformatigen Motiven: Picasso im Bademantel vor seinem „Musketier mit Degen“ oder Pontifex Ratzinger auf dem Papststuhl, „das hat mich gereizt, ihn im Stil wie die ‘alten Meister’ zu malen“, verrät Wiethoff. Der schaut, als wollte er sagen: „Oh Gott, hol’ mich hier raus.“ Eine Hommage an den Maler Francis Bacon, der ebenfalls einen Faible für groteske Figurendarstellungen und Päpste hatte.
Und ein Anklang an die hochironischen, verfremdenden Spiele der Postmoderne mit der Kunst der Moderne in den 90er und 2000er Jahren. So greift sie ein frühes Werk Picassos auf, das Badende zeigt. Wiethoff ersetzt die Menschen einfach durch Kühe an einem scheinbar unendlichen Strand. Surreal, ‘kuh-l’ im wahrsten Sinne.
Malen wie in Trance
Das große Format ist für die Künstlerin die richtige Spielfläche, um sich zu entfalten: „Das Malen ist sinnlich, man trägt die Farbe satt mit dem dicken Pinsel auf, dann malt man wie in Trance und erlebt, wie sich das Bild entwickelt.“
Ihr Kunststudium absolvierte die gebürtige Arnsbergerin an der Märkischen Kunstakademie in Schwerte Ruhr, einige Jahre arbeitete sie an den Städtischen Theaterbühnen in Augsburg. Ihre Bilder waren in zahlreichen Ausstellungen zwischen Düsseldorf, Köln und Dortmund zu sehen. Für Grafikdesign und Werbung war sie übrigens zu „verspielt. Mir war immer klar, es gibt keinen Beruf für mich außer der Kunst... Vielleicht noch Gärtnern.“
>>> Ausstellung am Samstag
Die Ausstellung „Launisch“ in der Galerie Ruhr, Ruhrstraße 3, mit Gemälden Bernadett Wiethoffs startet am Samstag, 6. April, um 16 Uhr.
Die Ausstellung kann bis zum 20. April besucht werden. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags, 10.30 bis 12.30 Uhr.