Mülheim/Duisburg/Gelsenkirchen. Ein Mülheimer soll für den Tod seiner acht Monate alten Tochter verantwortlich sein. Vor Gericht schweigt er. Mutter sorgt für offene Fragen.
Für ein grausames Verbrechen muss sich seit Montag ein 23-jähriger Mülheimer verantworten: In den Abendstunden des 29. April 2018 soll er seiner acht Monate alten Tochter in einer Wohnung an der Kaiserstraße in Mülheims Innenstadt den Schädel eingeschlagen haben. Das Kind erlag seinen schweren Verletzungen wenige Stunden später. Die Anklage wirft dem Vater Totschlag vor.
Der genaue Tatablauf ist unklar. Die Anklageschrift stützt sich wesentlich auf die Erkenntnisse der Untersuchungen der Gerichtsmediziner. Danach soll der Angeklagte den Hinterkopf des Babys mit großer Gewalt gegen einen harten Gegenstand geschlagen haben. Das Kind erlitt eine Schädelfraktur und schwere Hirnblutungen. Es starb wenige Stunden nach der Einlieferung ins Krankenhaus.
Angeklagter Vater schweigt zum Tatvorwurf
Nichts im Erscheinungsbild oder dem Verhalten des Angeklagten weist darauf hin, dass er zu solch einer Tat fähig sein könnte. Der klein gewachsene 23-Jährige hört aufmerksam der Verhandlung zu, die ihm von einem Dolmetscher übersetzt wird. Auf Fragen antwortet er ein wenig umständlich, aber ruhig und höflich.
Zur Sache wollte sich der Angeklagte zu Prozessbeginn nicht äußern. Auch eine psychiatrische Begutachtung lehnte der Mann im Vorfeld des Verfahrens ab. Nur unmittelbar nach der Tat soll er behauptet haben, das Kind sei ihm heruntergefallen.
23-Jähriger gibt an, Ecstasy konsumiert zu haben
2013 übersiedelte der Angeklagte von Rumänien nach Deutschland, arbeitete hier zunächst in einer Fleischfabrik. Zwei Jahre später lernte er seine Lebensgefährtin kennen, hat mit ihr zwei Kinder. Vor zwei Jahren ließ sich das Paar in Mülheim nieder. Bei der Geburt der Tochter saß der 23-Jährige wegen Diebstahls eine einjährige Gefängnisstrafe ab. Kurz nach seiner Entlassung im Dezember 2017 habe er wieder mit dem täglichen Konsum von Cannabis begonnen, berichtet er. Regelmäßig, etwa zwei oder dreimal in der Woche, sei dann auch Ecstasy hinzugekommen.
Mutter musste von der Polizei vorgeführt werden
Die Lebensgefährtin des Angeklagten und Mutter des getöteten Kindes kam ihrer Ladung als Zeugin freiwillig nicht nach. Mit dreieinhalb Stunden Verspätung wurde sie von der Polizei vorgeführt. Die 18-Jährige wiederholte im Zeugenstand Angaben, die sie schon früher bei der Polizei gemacht hatte. „Zu Beginn hatten wir einige glückliche Monate. Dann hat er angefangen, mich zu schlagen. Ich bin nur wegen der Kinder geblieben.“ Schon einige Tage vor dem tödlichen Vorfall soll das Kind eine blaue Schwellung am Ohr gehabt haben, als die junge Frau vom Einkaufen zurückkehrte. „Er wollte nicht, dass ich zum Arzt gehe.“
Am Tatabend habe sie früh geschlafen. „Er kam dann und hat mir die Tochter in den Arm gelegt. Er sagte, er wisse nicht mehr, was er mit dem Kind machen solle. Sie atmete kaum noch und ihr Kopf schwoll stark an.“ Der Angeklagte sei mit dem Baby allein ins Krankenhaus gefahren. „Er hat mich eingesperrt. Und er sagte, ich solle der Polizei sagen, das Kind sei ihm heruntergefallen.“
Für das Verfahren sind bis 10. April sieben weitere Sitzungstage vorgesehen.
>> WARUM TOTSCHLAG UND NICHT MORD?
Mord setzt die Feststellung sogenannter Mordmerkmale voraus. Zum Beispiel „aus Habgier“ oder „zur Ermöglichung einer Straftat“.
Im vorliegenden Fall drängt sich sofort eines der bekanntesten Mordmerkmale auf: die Arg- und Wehrlosigkeit eines Opfers. Doch damit der Täter diese ausnutzen kann, muss das Opfer laut höchster Rechtsprechung Arglosigkeit bewusst empfinden können. Das ist bei einem Baby nie der Fall.
Die Anklage lautet daher nur auf Totschlag.