Mülheim. . Wie kommerziell muss Kunst sein? Mit Aktionen im Ladenlokal an der Schloßstraße wollen Musiker, Autoren, bildende Künstler ihre Lage diskutieren.

Wie käuflich ist die Kunst, oder besser gesagt: Wie käuflich muss sie sein, um in dieser Stadt existieren zu können? „Sale! 100 Prozent off!“ – also „Ausverkauf! 100 Prozent Ermäßigung!“ – mit dieser bewussten Provokation ziehen Mülheimer Musiker, Maler, Kunstfotografen und Schriftsteller im April eine Woche lang in das Ladenlokal an der Schloßstraße 17 ein und zeigen dort, wo sonst Optiker, Bäcker und Mobilfunkläden ihre Ware feilbieten, ihre Kunst-Stücke.

Erdacht hat dieses wachrüttelnde Projekt im Spannungsfeld von Kunst und Konsum die Violinistin und Akteurin Zsuzsa Debre. Mit ihrem Verein Klangwelten, vielen Auftritten in der Müga und einem beachtlichen Händel-Konzert auf der Ruhr hat Debre im vergangenen Jahr das kulturelle Leben in der Ruhrstadt bereichert, vor allem Leben nach Ruhrbania gebracht.

Zsuzsa Debre: Kultur gibt es nicht zum Nulltarif

„Mülheim ist eine kulturliebende Stadt, aber Kultur gibt es nicht zum Nulltarif“, hält die Musikerin den Gedanken auch mit dem neuen Projekt „Kulturkaufhaus“ bewusst aufrecht in einer Zeit, in der knappe Kassen und hohe Grundsteuern mal wieder den Ruf nach Streichungen im Kulturbereich laut werden lassen.

Dabei beruht vieles an Musik, Literatur und Kunst schon jetzt auf Selbstausbeutung. Kultur ist oft genug „Lockmittel“ und Lebensspender für Wirtschaftsstandorte mit schwachem Puls, und kann sich dabei selbst kaum tragen. Die Finanzierung „aus dem Hut“ ist in Mülheim inzwischen zum viel praktizierten Konzept geworden, weil feste Gagen selten gezahlt werden.

Fördermittel aus dem Bürgermitwirkungsbudget

Auch für das „Kulturkaufhaus“ musste Debre öffentliche Mittel, das so genannte Bürgermitwirkungsbudget, heranziehen – das sind maximal 4000 Euro. Nicht viel für eine Woche Kulturprogramm. „Es geht mir aber darum, darauf aufmerksam zu machen, etwas zu bewegen“, sagt Debre. An ihre Seite hat sie sich Ivo Franz von der Mülheimer Ruhrgallery sowie die Lesebühne geholt sowie Musiker aus dem Umfeld ihres Vereins Klangwelten. Bei der Wahl des Standortes im Eckladenlokal half Citymanagerin Gesa Delija.

 Zsuzsa Debre (2.v.l.)  will mit ihrer Aktion in der Innenstadt wachrütteln.
 Zsuzsa Debre (2.v.l.) will mit ihrer Aktion in der Innenstadt wachrütteln. © Zsuzsa Debre

Somit wird es vom Montag bis Samstag, 8. bis 13. April, eine Mischung aus darstellender Kunst von der Malerei bis zur Fotografie, klassischer Musik und Lesungen geben. Um 12 Uhr startet jeweils die Ausstellung, ab 14 Uhr die Lesung und um 16 Uhr die musikalische Darbietung. Anschließend wollen die Künstler mit ihren Besuchern bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch kommen, auf die Lage der Kultur aufmerksam machen. Die Zuschauer dürfen auch ihre Lieblinge wählen, die zur letzten Veranstaltung am Samstag, 13. April, noch einmal auftreten.

„Möglichst die normale Laufkundschaft ansprechen“

Am Montag, 8. April, eröffnet das Kunstkaufhaus mit einer Ausstellung von Fotografin Renate Beckmann um 12 Uhr. Zsuzsa Debre spielt gemeinsam mit dem Lauri-Quartett um 14 Uhr, danach lesen Autoren der Lesebühne.

Am Dienstag kommt das Holzbläsertrio Gaudium an die Schloßstraße 17, Mittwoch die Sopranistin Judith Hofmann mit dem Pianisten András Rákosi, Donnerstag das Mülheimer Hafenduo sowie Freitag der Gitarrist Denis Schmitz. Beginn jeweils 16 Uhr, nach der Ausstellung und Lesung. Am Samstag – nach dem Best of (11 Uhr) – beginnt um 12 Uhr die Abschlussdiskussion über Kunst in der Gesellschaft.

Der tägliche Beginn zu den Ladenöffnungszeiten – und nicht etwa in den Abendstunden – ist nicht ohne Grund geplant: „Wir wollen möglichst die ganz normale Laufkundschaft auf der Straße ansprechen, sie sollen reinkommen, sich interessieren“, sagt Debre.

>> IM AUGUST WIEDER EINE HAFENSERENADE

Mit einer Hafenserenade will Zsuzsa Debre an den Erfolg ihres Händel-Abends im Ruhrbania-Hafen anknüpfen.

Am 30. August stehen unter anderem Tschaikowskys Serenade C-Dur für Streicher, op. 48 sowie Mozarts „Kleine Nachtmusik“ auf dem Programm. Mit dabei sind Streicher der Rhein Ruhr Symphoniker unter der Leitung von Debre.

Weitere Informationen unter zsuzsa-klangwelten.com