Mülheim. . 173 Hektar Bauland für Gewerbe und Wohnen fehlen laut den RVR-Regionalplanern in Mülheim, um den Bedarf zu decken. Das ist nur die halbe Wahrheit.
Im neuen Regionalplan-Entwurf, der für die nächsten 20 Jahre auch für Mülheim festlegen wird, wo Gewerbe- oder Wohnungsbau möglich werden könnte, ist ein Mangel großen Ausmaßes beschrieben: Die Planer des Regionalverbands Ruhr haben für Mülheim (freilich nur in einem Rechenmodell) festgestellt, dass 85,4 Hektar zusätzliche Wohnbauflächen und 87,6 Hektar zusätzliche Gewerbeflächen auszuweisen wären, um den Bedarf zu decken.
Zusammengenommen 173 Hektar Land wären zu bebauen und damit eine Fläche von mehr als 242 Fußballfeldern. Oder: Eine Fläche, die noch um einiges größer ausfällt als das gesamte Flughafen-Areal.
Gefahren für den Standort und für die Umwelt
Interessen wirtschaftlicher Prosperität und des sorgsamen Umgangs mit Naturräumen prallen hier unnachgiebig aufeinander. So lassen sich auch die Aussagen der vergangenen Tage deuten, die einen länger schon schwelenden Dissens zwischen Wirtschaftsförderer sowie Planungs- und Umweltdezernent offenbaren. Wirtschaftsförderer Schnitzmeier sieht den Standort gefährdet, wenn nicht mehr Gewerbeflächen für ansiedlungs- und expansionswillige Unternehmen angeboten werden können. Dezernent Vermeulen mahnt mit Blick auf die Klimafolgen, nicht noch mehr Fläche zu versiegeln oder Kaltluftströme in die Innenstadt abzuschneiden.
Fatal: Beide Argumente sind stichhaltig! Das Problem ist von Vermeulen zutreffend beschrieben, kann von ihm aber nicht gelöst werden: Es gibt zu viele Gewerbeflächen in der Stadt, die suboptimal oder gar nicht ihrem Zweck entsprechend genutzt werden. Aber sie sind in Privathand – und die Eigentümer denken unter anderem wegen der seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase nicht im Traum an einen Verkauf.
Im Grundgesetz steht: Eigentum verpflichtet
Ein klassisches Marktversagen ist das. Und beim Marktversagen kann nur einer helfen: der Staat. Er muss dafür sorgen, dass vorhandene Flächenressourcen im Sinne der Nachhaltigkeit effizient genutzt werden. Dafür gäbe es sicher ordnungspolitische oder steuerliche Instrumente, die mit dem Schutz des Eigentums im Grundgesetz vereinbar sind. In Artikel 14 des Grundgesetzes steht nämlich auch: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Es muss möglich werden, den Flächenverbrauch auf ein verträgliches Maß zu minimieren. Dieses Problem kann aber kein Verantwortlicher in Mülheims Politik und Verwaltung lösen, auch nicht durch gutes Zureden.