Mülheim. . Mehr als ein Jahr lang leitet Thomas Konietzka das Mülheimer Sozialamt kommissarisch. Doch die Politik verhinderte seine offizielle Beförderung.

Dass die Wahl eines Dezernenten mitunter im Gefecht der politischen Interessen entschieden wird, ist nicht neu und seit der Wahl im Februar von Marc Buchholz (CDU) zum neuen Dezernenten für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur in Mülheim noch einmal eindrucksvoll zur Schau gebracht worden. Dass die Besetzung einer Amtsleiterstelle zum Politikum wird, ist hingegen ungewöhnlich. In Mülheim aber probt eine politische Mehrheit eben diesen Aufstand gegen die verwaltungsintern bereits entschiedene Besetzung der Sozialamtsleitung.

Es geht um die Person von Thomas Konietzka. Seit dem altersbedingten Ausscheiden von Sozialamtsleiter Klaus Konietzka zum 31. Dezember 2017 ist er kommissarischer Amtsleiter; dies als Folge der städtischen Selbstverpflichtung zur Wiederbesetzungssperre von einem Jahr, um Personalausgaben einzusparen.

Einstimmiges Votum für Thomas Konietzka

Noch im Dezember leitete die Verwaltung auf Initiative des bisherigen Sozialdezernenten Ulrich Ernst (SPD) ein Stellenbesetzungsverfahren für die Sozialamtsleitung ein. Die Stelle wurde intern ausgeschrieben; bei zwei Bewerbern entschieden sich im Auswahlverfahren Dezernent Ernst sowie Vertreter von Personalamt, Personalrat und Gleichstellungsstelle einstimmig für Thomas Konietzka als neuen Amtsleiter. Erst im Hauptausschuss, später im Rat stimmte eine politische Mehrheit rund um die CDU den Tagesordnungspunkt zur Personalentscheidung jedoch mit einfacher Mehrheit von der Agenda. Ein Trick. Denn um die Personalentscheidung zu kippen, hätte es laut Gemeindeordnung einer Zweidrittel-Mehrheit bedurft.

Hinter den Kulissen wird politischer Argwohn gegenüber der Person Konietzka als Grund für die Hinhaltetaktik genannt, von „Vetternwirtschaft“ ist die Rede. Konietzka gilt als SPD-Mann. Die Fraktionen, die der SPD jüngst das von ihr beanspruchte Sozial- und Bildungsdezernat streitig gemacht hatten, sehen in der Personalentscheidung pro Konietzka den Versuch, das sozialpolitische Grundgerüst der Ära Ernst noch auf den letzten Drücker zu stützen, bevor CDU-Mann Marc Buchholz das Dezernat im April übernimmt.

Politisches Spielchen, um Störfeuer zu zünden

Der zur Monatsfrist in den Ruhestand verabschiedete SPD-Dezernent Ernst weist derartige Behauptungen von sich, spricht von „politischen Spielchen“ und dem Ansinnen der Initiatoren, „Störfeuer zu zünden“. Ernst verweist unter anderem darauf, dass es „ein ganz normales Bewerbungsverfahren“ gegeben habe. Aus seiner Sicht war es an der Zeit, nach einem Jahr Vakanz einen neuen Sozialamtsleiter auszuwählen. Dass er das Verfahren dazu im Dezember gestartet habe, sei auch mit Blick in die Zukunft verantwortlich gewesen, denn Ende 2019 werde auch Uwe Alex als Leiter des Amtes für Kinder, Jugend und Schule ausscheiden. Da sei es sinnvoll, dem neuen Dezernenten zumindest eine Personalbaustelle abzuräumen.

Überdies gibt Ernst zu bedenken, dass zum Start des Stellenbesetzungsverfahrens im Dezember noch nicht absehbar gewesen sei, ob seine eigene Nachfolge relativ nahtlos zu klären sei: „Die Ausschreibung war auch deshalb angezeigt, um nicht Amts- und Dezernatsleitung unbesetzt zu lassen.“ OB Ulrich Scholten war dieser Einschätzung gefolgt.

Personalrat lässt sich nicht mehr lange hinhalten

Personalratsvorsitzender Dirk Neubner sprang Ernst am Montag bei. Auch er verwies auf ein ordentlich durchgeführtes Verfahren mit klarer Entscheidung hinsichtlich von Leistung, Eignung und Befähigung der zwei Bewerber. Der Personalrat habe bereits zugestimmt. Die politische Intervention jetzt wirke „wie ein Angriff auf das Mitbestimmungsrecht“. Neubner kündigte an, sich nicht mehr lange hinhalten lassen zu wollen. Wenn im April mit Buchholz der neue Dezernent seine Arbeit aufnehme, werde man zeitnah „seine Auffassung abfragen“.

Buchholz selbst sagte am Montag, dass er zusammen mit Oberbürgermeister Scholten vereinbart habe, nach seinem Amtsantritt Anfang April zeitnah einen gemeinsamen Termin mit Thomas Konietzka zu suchen, um die Personalfrage zu klären.