Mülheim. In Mellinghofen und Winkhausen gibt es schöne Aussichten, einen der ältesten Sportvereine, Höfe und Gemeinden, die an einem Netzwerk arbeiten.

Winkhausen? Mellinghofen? Wo fängt es an, wo hört es auf? Selbst Einheimische tun sich zuweilen damit schwer. Zwischen dem Zehntweg im Norden und dem Winkhauser Talweg im Süden, zwischen der Mellinghofer Straße im Westen und der Reuterstraße im Osten erstrecken sich diese Stadtteile. In der Quartierswerkstatt, die derzeit die Evangelische Markuskirchengemeinde, die Katholische Gemeinde Christ König und die Caritas durchführen, wird der Nordosten der Stadt auch schon mal als „schwarzes Loch“ beschrieben.

„Es gibt hier keinen Marktplatz, keine Fußgängerzone, keine großen Sportanlagen, keine Stadtteilkonferenz, kein Netzwerk, kein Bündnis der Gemeinden“, zählt Monika Schick-Jöres von der Gemeindecaritas auf. Die Werkstatt, die das Gebiet über den Zehntweg hinaus und auch jenseits der Mellinghofer Straße umfasst, arbeitet an einem Quartiersbewusstsein, daran, ein Netzwerk mit Hilfen für die Menschen aufzubauen, Lebensqualitäten im Ortsteil zu schaffen. Immerhin leben 14.594 Menschen dort.

Es fehlen Restaurants und Kneipen

Die katholische Kirche Christ König in Mülheim.
Die katholische Kirche Christ König in Mülheim. © Martin Möller

„Ein Zentrum fehlt uns“, sagt Hans-Joachim Norden, Pfarrer der Markuskirchengemeinde. „Wir müssen immer wieder ein neues schaffen, Identitätsstiftendes. Auch die Infrastruktur falle jenseits der Aktienstraße dürftig aus, bedauert Norden, der seit drei Jahrzehnten in dem Gebiet als Pfarrer wirkt. Es fehle auch an Restaurants, an Kneipen. Dabei stelle er in Winkhausen immer wieder fest, dass die Menschen gerne zusammenkommen, Brauchtum pflegen. Norden spricht von einem aufrichtigen Menschenschlag, von einer gesunden Mittelschicht in Winkhausen.

Winkhausen und Mellinghofen sind weitgehend reine Wohngebiete, teils sehr dicht besiedelt, aber dann gibt es auch wieder große Freiflächen, dazu gehört unter anderem das Horbachtal. Etwas über die Hälfte der Fläche ist in den beiden Ortsteilen nicht besiedelt. Das gilt vor allem für weite Teile von Winkhausen, wo man auf Höfe in der Landschaft trifft mit schönen Aussichten – und guter Luft.

Aktienstraße belastet Anwohner mit Stickstoffoxiden

Die Gustav-Heinemann-Gesamtschule besuchen rund 1600 Schüler.
Die Gustav-Heinemann-Gesamtschule besuchen rund 1600 Schüler. © Martin Möller

Die wiederum gibt es aber auch in schlechterer Qualität: Die viel befahrene Aktienstraße durchquert Mellinghofen und lässt für die Anwohner Belastungen an Stickstoffdioxid und Feinstäuben zurück.

Besondere „Leuchttürme“ besitzen Mellinghofen und Winkhausen nicht. Es sei denn, man zählt die größte Schule der Stadt dazu: Die Gustav-Heinemann-Gesamtschule wird von rund 1600 Schülern besucht. An die 120 Lehrer unterrichten dort. 1970 wurde der Schulkomplex errichtet, über viele Jahre wurde immer wieder an- und umgebaut sowie saniert. Es ist eine der größten Gesamtschulen im Land, die sich zu den Europaschulen zählt.

Sportverein feierte 2018 sein 125-jähriges Bestehen

„Es könnte in Mellinghofen etwas lebhafter zugehen“, wünscht sich Klaus Jürgen Otto. Auch er spricht von einem Wohngebiet, dem fast alles das an Infrastruktur fehlt, die etwa Saarn oder Speldorf oder Dümpten auszeichnet. Otto ist Vorsitzender des Mellinghofer TV, einem der ältesten Sportvereine überhaupt in der Stadt. Der MTV ist nicht nur eine sportliche, sondern auch eine soziale Heimat für viele Menschen. Im vergangenen Jahr blickte der Verein mit 319 Mitgliedern auf 125 Jahre zurück. Turnen, Handball, Tennis, Basketball hat er im Angebot.

Die Handballer waren in den 1960er-Jahren mal mit das Aushängeschild des Mülheimer Sports überhaupt. Nur ganz knapp verpassten sie den Aufstieg in die Bundesliga. „Das war eine Top-Truppe“, erinnert Otto gerne an die glanzvollen Zeiten. Heute spielten die Handballgrößen von einst auf der vereinseigenen Anlage Boule. Was sich Otto wünscht: „Mehr jüngere Sportler. Unser Altersschnitt ist hoch.“

Gute Erreichbarkeit durch Anbindung an die A40

Viele suchen das Horbachtal als Naherholungsgebiet auf. Hier gehen manche joggen, andere mit ihren Hunden spazieren.
Viele suchen das Horbachtal als Naherholungsgebiet auf. Hier gehen manche joggen, andere mit ihren Hunden spazieren. © Martin Möller

Wegziehen? Für Heinz-Josef Haastert und seine Frau käme das nicht in Frage. Seit 55 Jahren leben sie in Winkhausen – und das gerne. Er bedauert zwar, dass viele Lokale in seiner Umgebung weg sind, aber er lobt die gute Anbindung. „Wir sind über die A40 sehr schnell in Duisburg oder Essen. Die Erreichbarkeit des Stadtteils ist optimal.

Und Haastert schwärmt zugleich von der Ruhe in seiner Straße, dem Steigerweg: „himmlisch, es ist fast ländlich.“ Vor 30 Jahren, erinnert er sich, gab es mal den Versuch, im Stadtteil ein Begegnungszentrum mit Platz zu schaffen, und zwar an der Ecke Aktienstraße, Knappenweg, Klippe. Leider sei daraus nichts geworden. „Heute wüsste ich nicht, wo man etwas abreißen könnte für so ein Zentrum.“