Mülheim. . Politiker wollen gleich mehrmals mit Bürgern über Alternativen zur drastischen Grundsteuererhöhung diskutieren. Bürger klagen über Verschwendung.

Die massiven Proteste gegen die Erhöhung der Grundsteuer zeigen bei den Politikern Wirkung: Gleich mehrfach wollen sie in den kommenden Wochen mit Bürgern darüber diskutieren, ob es Alternativen gibt.

Die beschlossene Steuersatzung mit 39 Prozent Steigerung könnte im ersten Halbjahr sogar noch zurückgenommen werden, sagte der Stadtdirektor Frank Steinfort. Vorausgesetzt, so der Kämmerer Frank Mendack, die benötigten 12 bis 16 Millionen Euro können auf andere Weise eingenommen oder dauerhaft eingespart werden. So will es die Finanzaufsicht in Düsseldorf, und so sieht es auch das Gesetz zum Stärkungspakt vor, aus dem Mülheim in den nächsten Jahren 150 Millionen Euro erwartet.

Steuersatzung könnte noch zurückgenommen werden

Der seit Wochen zunehmende Unmut in der Bevölkerung hat den Rat beeindruckt. Gleich vier Runden mit Bürgern sowie mit Vertretern aus dem Organisationsteam der Demo sind nun vorgesehen. Die drei Fraktionen SPD, CDU und Grüne, die den Haushalt 2019 mit den Steuererhöhungen beschlossen haben, bitten bereits in der nächsten Woche zur Diskussion ins Medienhaus. Danach soll es ein Gespräch zwischen Politik und den Demo-Organisatoren um Alexander Kocks geben, weiterhin werden die Kritiker in den Arbeitskreis Haushalt eingeladen, der dann erstmals öffentlich tagen soll, und schließlich hat der Rat am Donnerstagabend auch eine Einwohnerversammlung zum Haushalt 2019 beschlossen, nach den Sommerferien soll eine weitere zum Haushalt 2020 folgen. „Wir wollen aus den Fehlern lernen und künftig die Bürger mehr mitnehmen“, sagte Markus Püll (CDU).

Alexander Kocks hatte zuvor den Rat deutlich kritisiert: „Wir Bürger haben zwar nicht das Fachwissen zum Haushalt, aber wir können mit Geld umgehen.“ Den Politikern warf er Verschwendung von Geldern vor und dass keiner bisher Verantwortung dafür übernommen habe, dass die Stadt derart überschuldet sei. RWE-Aktien hätte man verkaufen können, die VHS hätte man nicht teuer an der Aktienstraße verlegen müssen, den Aufzug am Radschnellweg hätte man sich sparen können ebenso die teure Pflasterung des Rathausmarktes und die Blumenkübel auf der Schloßstraße führte er als Beispiel für Verschwendung an. Von jahrelanger Misswirtschaft sprach auch Lothar Reinhard (MBI).

Erhöhung von 5 bis 10 Prozent wäre ertragbar

Fünf bis zehn Prozent Steuererhöhung hätte man noch ertragen können, so Kocks, aber nicht 39 Prozent, wo viele nicht mehr wissen, wie sie noch ihre Miete bezahlen sollen. „So wie bisher darf es nicht weitergehen“, betonte er. Die Bürger könnten nicht immer weiter belastet werden. Er sprach von Sorge, aber auch von einer Liebe zur Heimatstadt, die die Menschen zum Protest treibe.

Die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) hatten zuvor versucht, per Ratsbeschluss die Steuererhöhung rückgängig zu machen. Diese Beschluss wäre jedoch gesetzeswidrig gewesen, weshalb er letztlich dann auch nicht zustande kam. Mendack verwies zudem auf ein Gespräch mit der Finanzaufsicht: „Kippen wir den Beschluss zur Steuererhöhung, wird das Land ihn durch einen Vertreter ersetzen.“ Die Kritiker forderten SPD, Grüne und CDU auf, Verantwortung zu übernehmen: Sollte heißen: Machen Sie konkrete Vorschläge, die der Stadt die gleiche Summe einbringen.