Mülheim. . Deich muss repariert werden. Fördergelder gibt’s nicht, da er nicht der heutigen Norm entspricht. Deichverband will bei Hochwasser Straße sperren.
Der Saarner Deich ist an drei Stellen nicht mehr sicher, seit vielen Jahren ist das bekannt. Das sehen weder Spaziergänger und Radfahrer, die gern bei gutem Wetter auf dem Deich zwischen Saarn und Mintard unterwegs sind. Die Reparatur der durchlässigen Stellen ist teuer, ein Deich-Neubau gar unbezahlbar, doch eine Lösung muss gefunden werden. Der Deichverband Saarn sähe es am liebsten, wenn die Mintarder Straße bei Hochwasser gesperrt würde, um Risiken ausschließen zu können.
Über die aktuelle Situation informierte die Stadtverwaltung die Politik nun im Umweltausschuss. Dr. Jürgen Zentgraf, Leiter des Umweltamts, erklärte, dass der Deichverband Saarn unterhaltspflichtig für den Deich ist. Rund 40 Mitglieder habe der Deichverband, darunter Landwirte, Gastronomen, Privatpersonen, und eben auch die Stadtverwaltung, die als Grundstückseigentümerin am Deich Zwangsmitglied sei. Aufsichtsbehörde für den Deichverband ist die Bezirksregierung Düsseldorf, und der sind die Sanierungsnöte am Deichs seit 2009 wohlbekannt.
Problem: Für Sanierung gibt es keine Fördermittel
Denn schon vor zehn Jahren wurde ein Sanierungsplan eingereicht. Das Problem dabei: Die mutmaßlich in sechsstelliger Summe teure Sanierung ist nicht förderfähig. Denn der Deich, 1933 vom damaligen Reichsarbeitsdienst erbaut, entspricht nicht den Normen, den Regeln der Technik. Aber ohne die sonst üblichen 90 % Fördermittel vom Land kann der Deichverband die Sanierung nicht stemmen. Ein Neubau des Deichs, was ganz grob geschätzt laut Zentgraf 16 Mio. Euro kosten könnte, wäre zwar zum größten Teil förderfähig, aber ebenso unbezahlbar.
Die undichten Stellen am Deich befänden sich dort, wo Fußgänger gar nicht hinkämen, sagte Zentgraf auf Nachfrage. Zudem sei der Deich bei Hochwasser gesperrt. Der Deich könne aber, so Zentgraf, in letzter Konsequenz schlagartig brechen. Gefährlich könne das dann werden, wenn sich etwa ein Fahrzeug auf der Straße befände.
Umweltamt rechnet mit Entscheidung in diesem Jahr
Seit vergangenem Jahr laufen die Gespräche zwischen Deichverband und Aufsichtsbehörde, um eine Lösung zum Hochwasserschutz zu finden. Jürgen Zentgraf rechnet damit, dass dieses Jahr eine Entscheidung fällt. Der Deichverband müsse demnach entscheiden, ob die Hochwasserschutzpflicht weiterhin wahrgenommen werden soll, und vor allem, mit welchen Maßnahmen.
Die Bezirksregierung Düsseldorf fordert für den Fall des Deichfortbestandes, dass dieser eben den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss. Sonst muss der Hochwasserschutz durch andere Maßnahmen erreicht werden, etwa durch gezielte Überflutung bestimmter Bereiche. Das könnte man erreichen durch ein gesamtes Tieferlegen des Deichs, oder, indem man ihn an einer Stelle öffnet. Dagegen wehren sich die Mitglieder des Deichverbands, verständlicherweise: „Wie soll man wirtschaften, wenn die Flächen unter Wasser stehen“, fragt Deichgräf Volker Neuhaus, Vorsteher des Deichverbandes, und Inhaber des gleichnamigen Pferdebetriebs an der Mintarder Straße.
Deichgräf: Warum nicht die Mintarder Straße sperren?
Der Deich schützt vor allem landwirtschaftliche Flächen, das städtische Abwasserpumpwerk und die Wohnflächen Dicken am Damm, Haus Kron, Staader Loch und einen Bauernhof in Saarn.
Volker Neuhaus kennt die Diskussionen um den Deich seit Jahrzehnten, schon sein Vater und sein Großvater waren Deichgräf. „Warum kann man nicht, wie an der Mosel, bei Hochwasser die Straße für zwei, drei Tage sperren?“, fragt er. Das könnte zum Haftungsausschluss führen, wenn der Deich wirklich einmal brechen sollte. Der Deichverband würde – bei entsprechender Förderung – auch die gefährdeten Stellen ausbessern. Nur die gesamte Summe, so Neuhaus, sei einfach nicht zu finanzieren.
>> DEICHGRÄF STEHT DEM DEICHVERBAND VOR
Deichgraf ist die Bezeichnung des Vorstehers eines genossenschaftlich organisierten Deichverbandes, der für die Unterhaltung und Anlage der Deiche zuständig ist. Am Niederrhein ist die Form Deichgräf üblich.
Der Deichgraf wurde in der Literatur von Theodor Storm in seiner Novelle „Der Schimmelreiter“ verewigt.