Wenn es in Mülheim so etwas wie eine sportliche Meile gibt, dann ist das die Mintarder Straße. Über fünf Kilometer schlängelt sie sich aus dem Herzen Saarns an der Düsseldorfer Straße an der Ruhr entlang bis nach Mintard.
Und bietet Besuchern und Bewohnern jede Menge Bewegungsmöglichkeiten. Doch die Straße ist zweigeteilt:Auf der einen Seite treibt man Fitness im Sportstudio, beim Fußballspielen oder Kanufahren, auf der anderen treffen Spaziergänger in der grünen Idylle des Ruhrtals auf Radfahrer.
Auf der Sportanlage an der Mintarder Straße kicken die Fußballer heute draußen. Die Sonne scheint und auch im Hundesportverein nebenan trainieren Herrchen ihre Vierbeiner lieber draußen auf der Wiese. Wir sind auf dem Saarner Kirmesplatz, dort, wo jedes Jahr im Sommer Achterbahn und Riesenrad die Besucher locken. Weiter unterhalb der Straße führen Reiter ihre Pferde aus, Kanuten tragen ihre Schwimmgeräte Richtung Ruhr hinunter. Auf der anderen Seite der Kreuzung zeigt die Straße ihr beschauliches Gesicht – hier beginnt die grüne Idylle im Ruhrtal. Wohnhäuser gibt es auf diesem Teil der Straße nur wenige, dafür aber weite Weiden, auf denen Pferde grasen, Felder, Reiterhöfe und Gaststätten direkt am Fluss.
Die meisten Ausflüge an die Ruhr beginnen bei Béla Jankovics. Er betreibt das Landhaus Dicken am Damm, dessen Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Von seiner Terrasse aus blickt man über die Ruhr, bis nach Essen-Kettwig. Von dort aus geht es raus auf den Deich, auf dem Walker lange Stöcken hinter sich herschleifen, Radfahrer genießen die Aussicht, genau wie eine Gruppe schnitzeljagender Schulkinder.
Seit 15 Jahren betreibt Jankovics das Restaurant an der Ruhr. In diesen Jahren hat er schon viel gesehen: „Drei Menschen sind in der Zeit auf der Straße ums Leben gekommen.“ Auf der Landstraße seien Auto- und Motorradfahrer meist schneller unterwegs als in der 50er-Zone erlaubt. „Daher fordere ich schon seit Jahren, eine 30er-Zone einzurichten. Aber das Land hat dies immer wieder abgelehnt“, beklagt der Wirt.
Malerisches Ruhrtal
Vom Verkehr bekommen Ursel und Karl Jona nicht viel mit. Sie spazieren mit ihrem Jack-Russel-Terrier Maxi auf dem Deich Richtung Mintarder Brücke. Zu ihrer Linken der Fluss, zur Rechten die Straße. „Das Ruhrtal ist gerade bei sonnigem Wetter wunderschön“, findet Karl Jona und zeigt Richtung Fluss, wo die Sonne auf dem Wasser glitzert. „Für diese schöne Aussicht sind wir extra aus Bottrop gekommen.“ Mit dem Rad sind die beiden schon oft über den Ruhrtal-Radweg gefahren, auf der anderen Seite des Flusses. „Auf dieser Seite laufen wir heute zum ersten Mal entlang“, erklärt Ursel Jona.
Nur einen Punkt hat das Paar zu beklagen: „Es gibt zu wenig Überfahrten zwischen den Ufern.“ Tatsächlich: Die Weiße Flotte und die Scholl’sche Fähre legen nur auf Höhe der Gaststätte Dicken am Damm ab. „Mit einer weiteren Überfahrtsstelle wäre es für Spaziergänger einfacher, die Seiten zu wechseln.“ Aber das soll ihr Spaziervergnügen nicht trüben. Hündin Maxi ist jedenfalls begeistert von der neuen Laufstrecke.
Auch Ute und Rudolf Lutz verbringen ihre freie Zeit gerne an der Mintarder Straße. Auf dem Campingplatz Haus Kron haben sie seit 16 Jahren ihren Camper im Kiesweg stehen – mit Aussicht auf Wiesen und Wasser. Etwa 80 Dauercamper haben ihr Quartier dort aufgeschlagen und genießen die Idylle im Ruhrtal. „Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft und im Sommer immer draußen an der frischen Luft“, erzählt Ute Lutz, die mit ihrem Mann Rudolf eigentlich in Saarn wohnt. „Von Mitte Juni bis Mitte September verbringen wir unsere Freizeit aber lieber im Grünen.“ Da werden die Nachbarn zur Party in die Parzelle eingeladen, zwischen Jägerzaun, Windspiel und Wohnwagen – der Sommer mache hier einfach mehr Spaß, finden die beiden.
Von ihrer Parzelle aus blicken die Camper auf die Mintarder Brücke, dort rauschen Autos und Lkw über die A52. Unter den massiven Pfeilern der Brücke zieht sich die Mintarder Straße hin. Ein seichtes Brummen hört man schon, aber das ist für die Bewohner zur Routine geworden. Dieses Rauschen schallt nicht nur von der Autobahn herüber, auch die Flieger im Sinkflug Richtung Düsseldorf machen Geräusche. „An das Rauschen haben wir uns schon gewöhnt“, meint Ute Lutz vom Campingplatz. So sehen es nicht alle hier.
Béla Jankovics, der direkt über seiner Gaststätte wohnt, nimmt’s gelassen. Und scherzt: „Ich muss mir keinen Wecker stellen – um sechs Uhr morgens werde ich pünktlich vom ersten Flieger wach.“ Doch damit könne man leben, meinen die Bewohner der Mintarder Straße. „Die malerische Aussicht entschädigt für alles.“