Mülheim. . Mediziner wollen spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) aufbauen. In Mülheim fehlt dieses Modell bislang. Pflegekräfte gesucht.

Dem Wunsch des Patienten zu entsprechen, der einer seiner letzten und vermutlich sein dringendster sein wird, ist das Anliegen von Uwe Brock und Dr. Peter Ramme. Es Sterbenskranken zu ermöglichen, bis zum Lebensende zuhause bleiben zu können. Zu diesem Zweck wollen die Mediziner vom Verein Doc-Net in Mülheim eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) aufbauen.

Hausarzt Uwe Brock
Hausarzt Uwe Brock © Bögeholz

Mülheim sei im Umkreis die einzige Stadt, in der es eine derartige Versorgung bislang noch nicht gebe, ordnet Brock ein. Gedacht ist diese spezielle Betreuung, die auch eine spezielle Ausbildung beim Behandlungspersonal voraussetzt, für Menschen, die noch wenige Wochen, vielleicht nur noch Tage zu leben haben. „Diese Patienten zu betreuen, erfordert einen deutlich höheren Pflegeaufwand“, erklärt Dr. Peter Ramme. Die Arbeit mit Schwerstkranken unterscheide sich von der klassischen Altenpflege. Schmerzen und Luftnot müssten dem Kranken genommen werden, unter Umständen Wunden versorgt oder spezielle Nahrung gereicht werden. „Qualität in den Rest des Lebens bringen“, nennt es Uwe Brock und verweist auf Sterbenskranke, die an Tumorerkrankungen leiden, neurologische Krankheiten wie Parkinson im fortgeschritten Stadium haben, schwer Herzkranke oder chronisch Nierenkranke, die die Dialyse ablehnen.

Rund 100 Mülheimer wären im Jahr zu betreuen

Etwa ein Zehntel aller Palliativpatienten, schätzt Dr. Peter Ramme, haben diese besondere Art der Zuwendung nötig. Rund 100 Menschen pro Jahr, die zuhause sterben, müssten in Mülheim per SAPV versorgt werden. In den Randgebieten der Stadt geschehe das bislang mitunter durch die Versorgungskonzepte der Nachbarstädte. „Aber wir müssen in der Lage sein, für Mülheim selbst dieses Modell aufzustellen“, betont Brock. Genügend Mediziner hätten sich inzwischen gefunden – mehrere Jahre bereits treiben die Ärzte das Konzept voran. Auch die Strukturen seien mittlerweile aufgebaut, ein Büro für die Koordinierungsstelle ist an der Kaiserstraße gefunden. Was allerdings noch fehlt, machen Ramme und Brock klar, sind Pflegekräfte. Mindestens fünf Pflegekräfte seien nötig, rechnen die beiden Mediziner vor, um mit der SAPV in Mülheim starten zu können. Pflegende zu finden, die sich der besonderen Herausforderung stellen, sei nicht leicht, denn die vergleichbaren Modelle in den umliegenden Städten hätten längst gute Leute angeworben.

Dr. Peter Ramme, Vorsitzender des Vereins Doc-Net MH.
Dr. Peter Ramme, Vorsitzender des Vereins Doc-Net MH. © Michael Dahlke

„Das Konzept beruht auf mehreren Schultern“, betont Ramme. Kooperationen mit Pflegediensten, etwa auch mit dem Palliativpflegedienst Pflege Palliativ Ruhr, der spezialisiert ist auf die Betreuung Sterbenskranker, seien zwingend notwendig. Dabei sei die SAPV ein Baustein von mehreren: „Auch Krankenhausärzte können einen Patienten beruhigter nach Hause entlassen, wenn dessen Versorgung gesichert ist.“ Und das Hospiz, das für den Sterbenden noch keinen Platz frei hat, wisse ihn durch die SAPV daheim gut betreut. Auch der ambulante Hospizdienst sei ein Puzzlestück, um den Sterbenden zuhause zu begleiten.

Die Selbstbestimmtheit des Patienten stehe über allem, betont Brock. Jeder solle die Möglichkeit haben, an seinem Lebensende zu entscheiden, welchen Weg er gehen will. „Wir möchten durch das Angebot der SAPV verhindern, dass der Mensch am Ende doch noch ins Krankenhaus muss, nur weil die nötige Unterstützung zuhause nicht möglich ist.“ Denn, ergänzt Dr. Ramme: „Das Krankenhaus ist der denkbar schlechteste Ort, um zu sterben.“

>> KOSTEN FÜR FORTBILDUNG WERDEN ÜBERNOMMEN

Pflegekräfte, die sich für die Mitarbeit in der zu gründenden spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) interessieren, können sich per E-Mail an Doc-Net wenden: info@doc-net-mh.de. Die Kosten für die nötige, insgesamt 160-stündige Fortbildung werden übernommen.

Doc-Net Mülheim ist ein Verein und Netzwerk der niedergelassenen Haus- und Fachärzte. Ziel ist es, die Kooperation niedergelassener Ärzte untereinander und in Kooperation mit Krankenhäusern und anderen Organisationen im Gesundheitswesen zu fördern. Infos: doc-net-mh.de