Mülheim. Stadt Mülheim möchte das bereits breite Angebot weiter stärken. Über Kinder sollen Erwachsene gewonnen werden, vor allem mehr Mädchen und Frauen.
Nach einer Befragung der Bergischen Universität Wuppertal gaben 65,4 Prozent der Mülheimer an, sich mindestens einmal pro Woche sportlich zu betätigen. Aber nur etwa ein Viertel aller Mülheimer ist in Vereinen angemeldet. Der Mülheimer Sportservice (MSS) möchte deshalb noch mehr Bürger der Stadt in Bewegung bringen. Und setzt dabei auf den Trendsport.
Mit Jonas Höhmann hat der MSS einen Posten, der in der Region eine Ausnahme ist, da fast keine andere Stadt speziell in diesen Bereich personell investiert. „Die Stelle ist etwas Besonderes, daher können wir auch viel machen“, weiß MSS-Leiterin Martina Ellerwald das zu schätzen. Die 150 Sportvereine der Stadt haben insgesamt rund 40.000 Mitglieder. Die Hallenkapazität ist begrenzt, reicht oft nicht aus. 50 Prozent der Auslastung entfallen auf den Vereinssport. Über Sportstätten sind die Möglichkeiten des Sporttreibens gegeben. Es gibt daneben weitere Gelegenheiten, auf Wiesen, Wegen oder in Sälen – ganz im Sinne des Trendsports, der im Optimalfall überall Aktive erreicht.
Sportgelegenheiten im Freien
Für dieses Jahr plant der MSS in Kooperation mit dem Deutschen Alpenverein, in der Müga an den alten Bahnbögen eine Kletterwand anzulegen, um dort eine neue Gelegenheit im Freien zu schaffen. Denn das Amt mit seiner eigenen Stelle für Trendsport ist bemüht, frei zugängliche Anlagen zu schaffen, um seine Bürger dort zum Sporttreiben zu animieren und zu halten. Diese Anlagen sollen ein Zusatz zu den festen Sportstätten sein und haben in Zukunft eine größere Relevanz in den Planungen. Als bewährtes Modell ist Sport im Park zu nennen.
Besonders gefragt seien Fitnessanlagen und Bewegungslandschaften mit mehreren Sportmöglichkeiten an einer Stelle. Auf der Sportanlage am Kahlenberg steht seit April 2018 eine sogenannte Calisthenics-Anlage, an der Sportler Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und mit Hilfsmitteln machen können. Hier gab es im Sommer einige Kurse, die sehr beliebt waren. Insgesamt haben in den knapp 50 Kursen, die der MSS 2018 angeboten hat, rund 800 Teilnehmer mitgewirkt, beim Ruhrjam waren es zudem noch einmal 150.
Parkour-Szene ist stark gewachsen
„Man muss nicht jeden Trend sofort aufnehmen. Es haben sich nicht alle neuen etabliert“, weiß Jonas Höhmann und nennt Football als Beispiel. „Wir sorgen dafür, dass viel ausprobiert werden kann. Die Skaterszene ist zum Beispiel in den vergangenen Jahren gewachsen“, ergänzt er. Auch die Parkour-Szene vor Ort ist groß und sehr aktiv, auch in den Nachbarstädten. „Im Vergleich zu anderen Städten läuft in Mülheim viel“, sagt Kevin Rutkowski aus der Gruppe Mülheim Parkour Generation.
Der Traceur, wie die Parkour-Läufer genannt werden, kritisiert allerdings, dass die Gruppe nicht in die Planungen für den Sportpark Styrum mit eingebunden wurden. Wobei laut MSS auf die Wünsche von Sportlern eingegangen wurde. „Klar freuen wir uns natürlich über neue Anlagen. Sie müssen aber auch genutzt werden, sonst verfallen sie wie in manchen anderen Städten“, warnt Rutkowski. Er ist gespannt auf den neuen Sportpark, der als Vorzeigemodell in der Region gilt und ganz viel Trendsport beinhalten soll: eine interaktive Torwand, Streetball, Parkour, Bouldern, Mini-Trampolinfelder, Boule und Yoga für die Älteren.
Priorität liegt auf dem Sportpark Styrum
„Auf dem Sportpark liegt aktuell unsere Priorität, wir dürfen uns daher nicht verzetteln“, sagt MSS-Leiterin Martina Ellerwald mit Blick auf mögliche kleinere Anlagen über das Großprojekt hinaus. Außerdem müssten dafür finanzielle Mittel vorliegen. Den 1500 Quadratmeter großen Skate- und Bikepark an der Südstraße finanzierte 2016 die Leonhard-Stinnes-Stiftung für 335.000 Euro. Wenn es sich ergibt, können auch wieder temporäre Anlagen entstehen. So wie die Dirtbike-Fläche an der Auerstraße, bevor dort eine Kita gebaut wurde. „So etwas gibt es leider nicht oft und die Flächen verschwinden nach gewisser Zeit wieder“, merkt Ellerwald an. Sie erinnert sich noch an Bobbycar-Rennen, einen Lauf und Minigolf im alten Kaufhof-Parkhaus.
„Das Ziel ist es auch, mehr Frauen und Mädchen in den Trendsport zu bekommen“, sagt Jonas Höhmann. Vorwiegend zielt der Trendsport allerdings auf Kinder und Jugendliche. Über sie könnten sogar Eltern mit ins Boot geholt werden. Dafür gab es schon Eltern-Kind-Mitmachkurse im Mountainbiken.
>>>Keine Ruhrgames in Mülheim
Ernüchterung für die Mülheimer: Die Ruhr Games 2019 finden allein im Landschaftspark Duisburg-Nord statt. Mülheim ist zwar als Stadt beteiligt, wird sich selbst aber nicht in der Heimat präsentieren können. Der Mülheimer Sportservice (MSS) wird aber den Trendsport in der Nachbarstadt betreuen.
„Es war erstmal schmerzhaft, als wir es erfahren haben. Aber dann haben wir erkannt, dass wir trotzdem davon profitieren können“, sagt Trendsportexperte Jonas Höhmann. Material wird also vom 20. bis 23. Juni nach Duisburg gekarrt, der MSS baut einen kleinen Park auf mit der Calisthenics-Anlage, einem Kletterturm, einer Parkour-Anlage und einem Pumptrack (Wellenbahn aus Holz mit Kurven). Als Höhepunkt ist eine interaktive Torwand geplant, die demnächst auch im Sportpark Styrum stehen soll.
Ruhr-Games-Projektleiter Niklas Börger lobt den MSS: „Mülheim ist ein Vorreiter im Trendsport.“