Modellprojekt wird noch bis Ende 2019 gefördert. Ein Zwischenbericht liegt nun vor: Café ist oft gut ausgelastet, hat aber noch Luft nach oben.
Seit Oktober 2017 öffnet an jedem Werktag das Café Ziegler: Jugendzentrum im Mensagebäude des Karl-Ziegler-Gymnasiums, aber ausdrücklich nicht für dessen Schüler reserviert. In dieser offenen Form ist es ein Modellprojekt in NRW und wird drei Jahre lang, bis Ende 2019, gefördert. Nun gibt es einen ersten Zwischenbericht, der dokumentiert, was Café Ziegler anbietet, und wie es angenommen wird.
Der Bericht, der bereits öffentlich zugänglich ist, wird am 28. Januar im Bildungsausschuss präsentiert. Verfasst hat ihn Georg Jöres, Fachbereichsleiter der Caritas Sozialdienste, die das Jugendzentrum betreiben. Er kann sich auf genaue Daten stützen, denn das Mülheimer Projekt „Offene Jugendarbeit am Ort Schule“ wird durch Experten der TU Dortmund wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen.
Nach der Schule wird es deutlich ruhiger
Das Café Ziegler wurde eingerichtet mit dem erklärten Ziel, das Gymnasium zu einem „Lern- und Lebensort“ weiter zu entwickeln, mit selbstbestimmten Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche. Nach rund 15 Monaten Arbeit vor Ort kann man wohl sagen: Es funktioniert, aber es ist auch noch Luft nach oben, dies gilt vor allem für die Zeiten nach Schulschluss und den Zulauf externer Kinder und Jugendlicher.
Solange am Ganztagsgymnasium Unterricht läuft, füllen immer wieder größere Gruppen die Räume. Besonders in der Mittagspause wird lebhaft gequatscht, gekickert, ein paar Jungs treffen sich täglich zur Pokerrunde. Laut Statistik wird das Café Ziegler während der Schulzeit täglich im Schnitt von 95 Kindern und Jugendlichen besucht, ganz überwiegend aus der Unter- und Mittelstufe. Nach der Schule verweilen durchschnittlich 30 Leute.
Ein Debattierclub gründet sich gerade
Zwei junge Sozialpädagogen, Lisa Gliem und Thorsten Lersch, sind vor Ort und machen täglich besondere Angebote: „Do it yourself“-Café, Anime-AG, Filmnachmittag, Theater. Zwei selbst gebaute Longboards lehnen jederzeit griffbereit an der Wand. Ein Debattierclub gründet sich gerade.
Ab dem Frühjahr soll es freitags Sport geben, in Kooperation mit dem Trendsport Mülheim. Im Winter Parkour in der Halle, im Sommer Ultimate Frisbee. Die Kinder haben diesen Wunsch geäußert. „80 Prozent unserer Angebote und AGs sind von den Schülern selbst organisiert“, sagt Thorsten Lersch.
Kinder können Freunde mitbringen
Anfangs konnte man das Café Ziegler nur über den Schulhof erreichen, jetzt gibt es einen zusätzlichen Eingang an der Friedrichstraße. Auch, um deutlich zu zeigen: Der Treff ist offen für alle. „Die Kinder können ihre Freunde mitbringen“, erklärt Georg Jöres. Aber im Alltag kommt dies bislang nur vereinzelt vor. Ebenso, dass ehemalige Schüler dem Treffpunkt treu bleiben. „Vor allem unsere Ferienangebote werden schon sehr gut von Leuten aus anderen Schulen angenommen.“ Hier gab es auch schon gemeinsame Aktionen mit dem Jugendzentrum am Marienplatz, dem Café Fox oder dem CVJM.
In der Planungsphase wurde vor allem eine Sorge geäußert: Andere Einrichtungen in der Innenstadt, etwa das CVJM-Haus, könnten Besucher verlieren. Dies sei nicht eingetreten, erklärt Jöres, und stellt erneut klar: „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz und wollen nicht die Ellbogen einsetzen. Das hier ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche, die sonst durch offene Jugendarbeit nicht erreicht werden.“
Unsicher ist, ob das Café Ziegler über 2019 hinaus bestehen kann. Etwa 120.000 Euro kostet der Betrieb. Davon kommen 100.000 Euro aus Landesmitteln, mit 20.000 Euro sponsert die MEG das Projekt. Um das Angebot nach Ablauf des dreijährigen Förderzeitraumes fortsetzen zu können, „bräuchten wir eine politische Stimme“, so Jöres, „dass es der Stadt Mülheim gut tut“.
Lehrer hatten anfangs Befürchtungen
Die Einrichtung eines Jugendzentrums im Karl-Ziegler-Gymnasium wurde von der Schulgemeinde nicht gerade bejubelt. Als die Schulkonferenz im Herbst 2016 darüber abstimmte, fiel der Beschluss mit einer einzigen Stimme Mehrheit: neun zu acht. Schulleiter Martin Teuber sagt im Rückblick: „Die Eltern haben sich klar und deutlich dafür eingesetzt. Von Seiten der Lehrerschaft gab es aber durchaus Vorbehalte.“ Manche hatten die Sorge, ein offener Treff könnte unerwünschtes Klientel anlocken oder zur Vermüllung des Schulgeländes führen. „Erfreulicherweise ist bisher nichts davon eingetreten“, sagt Teuber. Die kritischen Stimmen sind nach seinem Eindruck weitgehend verstummt.
Er selber wertet das Café Ziegler als „großen Gewinn“. Die Sozialpädagogen hätten einen niederschwelligen Zugang zu den Jugendlichen und bei dem einen oder anderen problematischen Schüler auch schon Positives bewirkt. „Im Unterrichtsalltag fehlt oft der Raum, um mit den Schülern in Ruhe zu sprechen. Hier sind Leute, die ihnen auch etwas Geborgenheit geben.“ Nicht alle Kinder und Jugendlichen finden dies jederzeit zu Hause.
„Hier hat nicht die Schulleitung den Hut auf“, stellt Caritas-Fachbereichsleiter Georg Jöres klar. Für das Café Ziegler gibt es eine Steuerungsgruppe aus Vertretern von Caritas, Schulleitung, Eltern und Schülern.
>> NACHMITTAGS FÜR JEDERMANN GEÖFFNET
Geöffnet ist das Café Ziegler für Schüler und Schülerinnen des Karl-Ziegler-Gymnasiums montags bis freitags von 11.30 bis 20 Uhr. Für die Allgemeinheit gelten folgende Zeiten: montags, mittwochs, donnerstags 15 bis 20 Uhr, dienstags und freitags 13.30 bis 20 Uhr.
Das Team (Lisa Gliem und Thorsten Lersch) ist erreichbar unter 0176 1200 12 81. Infos und Termine gibt’s auf Facebook oder Instagram/cafeziegler.