Mülheim. Die Künstlergruppe AnDer stellt in der großen Luftschiffhalle aus. Auch der Theo dient dabei als Projektionsfläche von Videoinstallationen.
Der Raum ist eine Wucht und wie geschaffen für große Kunstinstallationen und lange Stoffbahnen. 27 Meter hoch und 90 Meter lang ist die Halle, mit dem großen weißen Blimp Theo in der Mitte. Auf der in grünes Licht getauchten Einladungskarte der Künstlergruppe AnDer schrumpfen die Figuren in der WDL-Halle auf Insektenformat. Für die acht Künstler ist es zwar seit 27 Jahren Programm, an ungewöhnlichen Plätzen Kunst zu präsentieren und sich dort mit den Themen dieser Orte künstlerisch auseinander zu setzen, doch diese Halle nimmt unter den zahlreichen Ausstellungsorten eine Sonderstellung ein. Vergleichbar ist sie vielleicht noch mit der Alten Dreherei, die sich damals noch in einem nahezu ruinösen Zustand befand.
Das Gezerre um das zum Schluss schließlich abgesagte Ed-Sheeran-Konzert war für Jochen Leyendecker ein Impuls, sich für die Halle zu interessieren. „Das Konzert hätte der Stadt gut zu Gesicht gestanden. Der Flughafen ist doch ein Ort, an dem Kunst möglich sein muss“, sagt der 60-jährige Bildhauer, der seit seinem Schlaganfall die Videocollage als Ausdrucksmittel entdeckt hat. Lichtspuren nennt er seine Arbeit, Erinnerungen an die Kindheit, in der jede Sternschnuppe ein Versprechen auf ein Wunder barg. Mit Frank Peylo hat die WDL zudem einen kunstaffinen Geschäftsführer, der die Aktivitäten der Künstler interessiert verfolgt und fördert.
Alter Menschheitstraum vom Fliegen
Fliegen zu können und es den Vögeln gleich zu tun, ist ein alter Menschheitstraum. Die thematische Breite der Ausstellung und Vielfalt der Darstellungsformen sorgt für Spannung. „Da steht Mythologisches neben Biographischem, Historisches neben Naturwissenschaftlichem, Kunstgeschichtliches neben Biologischem – Hoffnung und Furcht, Traum und Entsetzen“, schreibt Karin Stempel, die ehemalige Leiterin des Kunstmuseums, im Katalog. Leonardo da Vinci, der vor 500 Jahren starb, war so bahnbrechender Vordenker der Moderne, an den Ursula Vehar erinnert.
In einer Videoinstallation, die mit einem lichtstarken Beamer auf die Luftschiffhülle projiziert wird, zeigt Heiner Schmitz einen Möwenscharm im Wechsel mit einer Performance. Bei einem Ausflug mit belgischen Krabbenfischern hat er die Vögel gefilmt. In einer zweiten Arbeit portraitiert er „Hexen der Lüfte“. Es sind Pilotinnen , die auch mit fast 80 von der Leidenschaft des Fliegens immer noch beseelt sind. Kennengelernt hat er sie über die Vermittlung der Vereinigung Deutscher Pilotinnen ( VDP). Einige wollen kommen.
Kohle-Konterfeis von vier Pilotinnen
Ganz ähnlich näherte sich Uwe-Dieter Bleil seinen Legenden der Lüfte. 1910 hatte die Berliner Zeitung noch behauptet: „Das Fliegen erfordert die psychischen Kräfte eines Mannes.“ Melli Beese bewies zwei Jahre später das Gegenteil. Auf Seide hat der 66-Jährige begnadete Portraitkünstler mit Kohle die Konterfeis von vier Pilotinnen, zu denen auch Beate Uhse zählt, gemalt. Zu seiner Überraschung zeichneten sich die Bildnisse auf den Sperrholzplatten, die er als Unterlage nutzte, ab. So stellt er sie dazu. Die Luftbewegung in der Halle ist so groß, dass sich der filigrane Stoff sanft bewegt.
„Was ist eigentlich mit den Federn des Ikarus passiert?“ Der Mathematiker Joachim Poths spürt dieser Frage in seiner Installation nach, in der sich das Technologische mit dem Mythologischen verschränkt. Den Fortschritt hat die Menschheit aber immer wieder auch gegen sich selbst gewendet. Das thematisieren Helmut Koch und Vanessa Hötger in ihren teils sehr persönlichen Arbeiten.
Vernissage und Katalog zur Ausstellung
Die Ausstellung „AnDer Luft“ wird am Samstag, 19. Januar, um 17 Uhr in der Luftschiffhalle, Lilienthalstraße 8, eröffnet. Die Einführung hält Karin Stempel. Für musikalische Begleitung sorgen Trionautik und der Kölner Gitarrist und Sänger Werner Unger. Finissage ist am Samstag, 2. März, um 16 Uhr.
Zur Ausstellung erscheint ein 44-seitiger Katalog (5 Euro). Die Ausstellung ist freitags von 17 bis 20 Uhr sowie samstags von 11 bis 17 und sonntags von 11 bis 14 Uhr zu sehen. Künstlergespräche werden am 2. und 16. Februar um 14 Uhr angeboten. Die Künstler danken den WDL-Mitarbeitern für ihre Hilfe.