Mülheim. . Immer häufiger bekommt die Politik zu spüren, wie stark sich Finanznot und Personalkürzungen innerhalb der Stadtverwaltung im Alltag auswirken.
In der Stadt mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung im Land ist ein neues Schwimmbad seit Jahren ein unerfüllbarer Wunsch geblieben. Und so manche Turnhalle bleibt ein Sorgenkind, wie auch zahlreiche löchrige Straße immer nur geflickt werden können. Inzwischen wird in Mülheim aber auch eine defekte Ampelanlage zum unbezahlbaren Problem, so dass die Stadt vorschlägt, sie einfach abzubauen.
Ausgefallen war zu Beginn des Jahres die Ampel in Heißen an der Kreuzung Mühlenfeld/Gracht. „Totalschaden“, lautet die Diagnose. Eine neue Anlage, erklärte Verkehrsplaner Roland Jansen in der zuständigen Bezirksvertretung (BV1), koste rund 50.000 Euro.
Ampel soll komplett wegfallen
Eine kleines Vermögen für eine Stadt, die jeden Euro inzwischen dreimal umdrehen muss. „Wir schlagen vor, die Ampel komplett entfallen zu lassen“, sagte Jansen, auch deshalb, weil Polizei und Verkehrsbehörde keine Bedenken dagegen geäußert hätten. Dabei galt die Signalanlage an der Stelle durchaus mal für sinnvoll. „Man ist innerlich hin- und hergerissen in so einem Fall“, sagt Hansgeorg Schiemer (CDU). Er verlasse sich jedoch auf die Einschätzung der Verkehrsexperten.
Kleine Einbauten in der Straße
Peter Pickert (SPD) hält den Verlust an der Stelle für verkraftbar, erinnert aber daran, dass unweit an der Kattowitzer Straße auch die Signalanlage vor geraumer Zeit aufgegeben werden sollte. „Da haben wir nicht mitgemacht, weil es uns zu riskant erschien.“ Die SPD regte an der Kreuzung Gracht/Mühlenfeld an, mit Hilfe von kleinen Einbauten auf der Straße vielleicht eine zusätzliche Sicherheit zu schaffen.
Doch nicht nur, wenn es ums Geld geht, signalisiert die Stadtverwaltung immer öfter, dass selbst kleine Maßnahmen nicht mehr zu erfüllen sind. So machte Jansen deutlich, dass es für gewünschte Verkehrszählungen einfach nicht mehr das Personal gebe. Die Stadt versucht nun, solche Aufgaben mit Hilfe von technischen Hilfsmitteln zu lösen.
Nur noch kleine Teams
Hunderte von Stellen hat die Stadtverwaltung in den letzten Jahren abbauen müssen, um Kosten zu sparen. In zahlreichen Abteilungen sitzt nur noch ein kleines Team. Auch dort, wo die Stadt Erschließungsbeiträge von den Grundstückseigentümern einzufordern hat, wenn eine Straße komplett fertiggestellt ist. Ein Zweier-Team sitzt daran. Klaus Schankat, einer der Experten, musste sich jetzt von der CDU reichlich Klagen anhören, weil 191 Straßen in Mülheim noch nicht mit den Eigentümern abgerechnet seien. Es geht dabei um viel Geld, und die Sorge der Politik ist, dass der Stadt Geld durch die Lappen gehen könnte, wenn sie zu spät mit ihrer Forderung an den Bürger herantritt.
„Wir haben hier einen Bearbeitungsstau, der noch viel größer ist, als wir vermutet haben,“, kritisiert Hansgeorg Schiemer (CDU). Aus seiner Sicht arbeitet die Verwaltung hier zu langsam, zu unflexibel, und zu intransparent. Am Ende könnte das Gefühl beim Bürger entstehen, dass es keine Beitragsgerechtigkeit gibt. Soll heißen: Die einen zahlen, die anderen nicht, weil die Mitarbeiter der Stadt nicht zur Bearbeitung kommen.
Stadt hat Verjährungsfristen genau im Blick
Schankat wies das von sich: „Es gibt keine Ungleichbehandlung.“ Und die Politiker könnten sicher sein, dass man Verjährungsfristen sehr genau im Blick habe. Ansonsten zeigte Schankat auf, wie komplex und kompliziert gerade die Berechnung der Erschließungsbeiträge ist. Den ganzen Prozess und die Abrechnungen von A bis Z kontinuierlich darzulegen und schneller zu bewältigen, sei mit dem wenigen Personal nicht machbar. Die CDU wünschte sich, dass dazu aus anderen Abteilungen personelle Verstärkung geholt werde. Nicht leistbar, so die Stadtverwaltung.
„Wir sind an dem Punkt, vor dem wir immer wieder gewarnt haben: Der massive Abbau des Personals wird in den Ämtern zwar meist klaglos hingenommen, er bleibt aber nicht ohne Folgen“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. Die hohe Erwartungshaltung mancher Politiker sei nicht mehr zu erfüllen.