Mülheim. . Härtefälle sind beim Friedhofskonzept aus Sicht der Stadt unvermeidlich, wenn Schließungen anstehen. Bescheide sollen im Januar rausgehen.
Die Stadt möchte ihr Friedhofskonzept umsetzen, die Verwaltung sieht dazu keine Alternative. Im Januar sollen die Bescheide an rund 4200 Angehörige verschickt werden. Das Konzept sieht vor, dass künftig nur noch in den Kernbereichen der zehn städtischen Friedhöfe Bestattungen erfolgen. Nach und nach sollen Randgebiete der Friedhöfe, die nicht mehr genutzt werden, aufgegeben werden. Es geht um Kosten, die die Stadt nicht mehr tragen kann.
„Inhalte und Ziele des Friedhofsentwicklungskonzeptes sind ohne Alternative“, heißt es in einem Papier der Friedhofsverwaltung. Härtefälle seien dabei unvermeidlich, wenn Teilschließungen erfolgen. In den vergangenen Monaten hatten viele Menschen gegen das Konzept protestiert; dabei handelt es sich vor allem um Angehörige, die – oder deren Vorfahren – in einem Außenbereich Familiengräber erworben haben und dort nun nicht mehr bestattet werden können. Einige haben bereits mit Klage gedroht. Die Friedhofsverwaltung geht jedoch davon aus, dass eingereichte Klagen beim Verwaltungsgericht nach Versand der Bescheide „nicht erfolgreich sein werden.“
Das Konzept bezieht sich auf alle 4230 Wahlgräber in Randlagen. Dort sollen nur noch Ehe- und Lebenspartner sowie Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren bestattet werden dürfen.
Stadt rät von Ausnahmen ab
Betroffen von der Regelung sind vor allem erwachsene Kinder/Enkelkinder, deren Eltern/Großeltern bereits in dem Familiengrab liegen und die nun selbst nicht mehr in dem Grab die letzte Ruhe finden können. Das ist die weitaus größte Gruppe der Betroffenen. An die 2000 Gespräche hatte die Friedhofsverwaltung im vergangenen Sommer und Herbst mit Angehörigen geführt. In drei von vier Fällen habe man letztlich Verständnis erzeugen können, heißt es. Relativ gering seien dagegen die Fallzahlen, wenn erwachsene Geschwister in eine Grabstätte möchten, wo ein Geschwisterteil bestattet worden ist, oder auch wenn weitere Verwandte in die jeweilige Grabstelle möchten. Die Friedhofsverwaltung spricht hier von jeweils etwa 20 Fällen. Als die Gruppe mit dem „emotionalsten Hintergrund“ wird die eingestuft, wo Kinder vor den Eltern verstorbenen sind und die Eltern später bei ihnen beigesetzt werden möchten. 15 solcher Fälle sind der Stadt bekannt.
Bei allen betroffenen Gruppen rät die Friedhofsverwaltung der Politik jedoch davon ab, Ausnahmen zu gewähren, da mit „Regressansprüchen in erheblichem Umfang“ von Betroffenen zu rechnen sei, denen eine Beisetzung in einem solchen Fall in den vergangenen Monaten nicht mehr am Wunschort gestattet worden sei. Selbst die Bestattung von Eltern in dem Grab ihrer Kinder bewertet die Verwaltung kritisch und fürchtet, sich bei einer Ausnahme ebenfalls gerichtlich angreifbar zu machen. Die Politiker werden voraussichtlich letztmalig am 22. Januar im Umweltausschuss über das Konzept diskutieren.
Unterm Strich geht die Friedhofsverwaltung davon aus, dass es nach monatelanger Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung weitgehend Verständnis für das Konzept gibt. Die Stadt steht unter Druck: 4,6 Millionen Euro muss sie jährlich für die Pflege aufwenden, 2,8 Millionen nimmt sie über Gebühren ein. Diese deutliche Unterdeckung müsste über Gebührenerhöhungen ausgeglichen werden. Dies wiederum würde die Beerdigungskosten auf städtischen Friedhöfen deutlich verteuern und für manche unbezahlbar machen.
Konzept gefährdet
Aus der Politik gibt es vor der Sitzung des Umweltausschusses bisher nur einen Alternativvorschlag. Diesen hat der Bürgerliche Aufbruch Mülheim (BAMH) gemacht (siehe Box). Er sieht Ausnahmen vor. Mit Ausnahmeregelungen, so die Stadt, werde das Konzept verwässert und sei so nicht mehr umsetzbar. Heißt: Die Konzentration der Friedhöfe auf die Kernbereiche und die langfristige Aufgabe der Peripherien würden nicht gelingen. Es blieben die Kosten.
>>> DER ALTERNATIVE VORSCHLAG
Alle noch zu einem zu bestimmenden Zeitpunkt lebenden Personen erhalten nach dem Vorschlag des Bürgerlichen Aufbruch Mülheim (BAMH) die Berechtigung zur Bestattung in einer bereits vorhandenen Grabstelle im Außenbereich. Neue Grabstellen werden dort nicht mehr eröffnet.
Die Aufteilung in Kern- und Außenbereich führt nach BAMH zu einer Zweiteilung der Pflegestandards. Im Kernbereich soll der bisherige Standard erfolgen, im Außenbereich wird er eingeschränkt. Die Angehörigen sollen sich damit einverstanden erklären und auf eine Erstattung angefallener Gebühren verzichten.