mülheim. . Mülheim profitiert weniger stark von der Konjunktur als andere Städte. Zahl der Sozialversicherungs-Jobs sinkt. Positives bei Hartz IV.

Ein hoher Anteil an Langzeitarbeitslosen, die Beschäftigungskrise bei den Großunternehmen im gewerblich-technischen Bereich und die politische Debatte um eine bessere Bearbeitung der Zukunftsthemen der Wirtschaft – all das wird die Arbeitsverwaltung als Herausforderung mit ins neue Jahr nehmen. In der Bilanz für 2018 wird indes auch Positives stehen. Einen Schub versprechen sich Arbeits- und Sozialagentur von Gesetzen des Bundesarbeitsministers.

Jürgen Koch als Chef der Arbeits- und Anke Schürmann-Rupp als Leiterin der Sozialagentur zogen am Donnerstag im Gespräch mit dieser Zeitung Bilanz für das Jahr 2018 am Mülheimer Arbeitsmarkt. Insgesamt werden es am Ende des Jahres hunderte Mülheimer weniger sein, die ohne regulären Job am ersten Arbeitsmarkt dastehen. 9073 waren es Ende November, was einer Unterbeschäftigungsquote von 10,3 Prozent entspricht (Vorjahr: 11,1 Prozent).

Agentur-Chef lobt Mülheimer Stärkungsinitiative

Wermutstropfen 1: Bei gleichzeitigem Trend zur Teilzeit hat dieZahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs in Mülheim abgenommen.Negative Auswirkungen hatten hier der Wegzug des Chemie-Handelsspezialisten Brenntag und der Umstand, dass die Arbeitsplätze der früheren MVG-Beschäftigten nach der Nahverkehrsfusion nun in Essen geführt werden.

Große Sorgen bereitet der gewerblich-technische Bereich. Im verarbeitenden Gewerbe sowie in der Metall-, Elektro- und Stahlindustrie hat Mülheim, Stand März, binnen eines Jahres 753 Jobs verloren.

Agentur-Chef Koch lobt in diesem Zusammenhang die Mülheimer Stärkungsinitiative Industrie, mahnt aber an, dass die mehr als 30 daraus erwachsenen Projekte zeitnah in die Umsetzung kommen. Insgesamt sei in Mülheim die Vernetzung wirtschaftlicher Themenstellungen noch defizitär, äußert Koch Sympathie für die Forderung der Wirtschaft nach einem Zukunftsdezernat in der Stadtverwaltung.

Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger in Mülheim ist um vier Prozent gesunken. Grafik/Montage: Helge Hoffmann Anlaufstelle für Weiterbildung in Oberhausen

Koch und Schürmann-Rupp sind sich einig, dass sich die Arbeitsmarkt-Akteure künftig mehr auch darum kümmern müssen, Menschen in Arbeit zu halten. In Oberhausen gibt es seit Kurzem eine Anlaufstelle der Agentur in Sachen Weiterbildung.

Das sei für Mülheim auch wünschenswert, so Koch. Das Qualifizierungschancengesetz von Bundesarbeitsminister Hubert Heil sei dafür ein richtiger Ansatz. Unternehmer seien wegen des Fachkräftemangels gefordert, „ihr Augenmerk noch stärker auf die Qualifizierung zu richten“.

Starker Anstieg bei Langzeitarbeitslosen

Anke Schürmann-Rupp als Chefin der Sozialagentur kann für 2018 bilanzieren, dass zum ersten Mal seit 2011 die Zahlen der Hartz-IV-Empfänger insgesamt und auch die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsbezieher gesunken sind, um 4 beziehungsweise 4,5 Prozent.

Gleichwohl musste die Behörde im vergangenen Monat einen starken Anstieg bei den Langzeitarbeitslosen registrieren; insbesondere rutschen jetzt Zugewanderte mit schwierigen Startvoraussetzungen in diese Statistik. 134 Langzeitarbeitslose sollen nun vom Teilhabechancengesetz profitieren.

Fünf Jahre lang sollen sie mit intensiver Betreuung eine Stelle am sozialen Arbeitsmarkt bekommen. Schürmann-Rupp hofft, dass auch die freie Wirtschaft Jobs zur Verfügung stellen wird.

>>> INFO: Zahlen aus der Statistik der Jobvermittlung

„Wir haben nach wie vor viele offene Stellen, bekommen sie aber nicht besetzt“, sieht Agentur-Chef Jürgen Koch ein Delta zwischen geforderten und vorhandenen Qualifikationen. Im Schnitt habe die Agentur 2018 in Mülheim 1910 unbesetzte Stellen in der Vermittlung gehabt. Koch: „Die Stellen bleiben immer länger unbesetzt.“

Nahezu vier von zehn Mülheimern, die 2018 aus der Arbeitslosigkeit einen Job gefunden haben, fanden Arbeit im Dienstleistungssektor oder in der Zeitarbeitsbranche.