Mülheim. . Die Bezirksregierung erhöht den Druck. Im Gespräch mit Politikern fordert sie: Bringt den Haushalt endlich in Ordnung – oder wir machen es.

Die Menschen in Mülheim müssen sich auf zahlreiche schmerzhafte Einschnitte einstellen, und das schon bald. Genau 60 Minuten dauerte am Donnerstag das Gespräch zwischen den Mülheimern Finanzpolitikern und einem Vertreter der Bezirksregierung. Der erhöhte angesichts der gigantischen Schulden der Stadt den Druck: Der Stadtrat soll endlich ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept vorlegen – oder es kommt einer aus Düsseldorf und macht es. Das war von Abteilungsdirektor Holger Olbrich kein Appell mehr, erst recht keine Bitte, sondern klare Anweisung.

Der Mann aus der Bezirksregierung betonte auch: „Absichtserklärungen und Vorschläge wie in der Vergangenheit reichen jetzt nicht mehr.“ Mülheim, so Olbrich, habe inzwischen sogar das größte Sorgenkind, die Stadt Oberhausen, überholt. 11.320 Euro beträgt die Pro-Kopf-Verschuldung, über zwei Milliarden Euro das gesamte Defizit der heillos überschuldeten Stadt. Und wenn nichts passiert, fehlen der Stadt Ende 2022 schon wieder 34 Millionen – zusätzlich.

Finanzaufsicht vermisst nachhaltige Konsolidierung

Eine nachhaltige Konsolidierung kann Olbrich nicht erkennen – und das, obwohl sich die Rahmenbedingungen für die Kommunen zumindest in Teilen deutlich verbessert hätten: Der Wirtschaft geht es gut, die Zinsen sind nach wie vor im Keller, und das Land gibt nun auch Mülheim zur Stärkung Millionen, wenn denn die Stadt ihre Hausaufgaben macht. Also: Ausgaben runter, Erträge steigern – alles mit nachhaltigen Effekten.

Gelingt das nicht, will die Bezirksregierung keine weiteren freiwilligen Ausgaben der Stadt mehr tolerieren. Die Teilnahme an Förderprogrammen wäre dann auch gestrichen. Ein Ruhrbadestrand, für den die Stadt immerhin auch eine sechsstellige Summe aufbringen müsste, sieht Olbrich in Mülheim vorerst nicht. Das ist nur ein Beispiel. „Kommunale Selbstverwaltung heißt auch kommunale Selbstverantwortung“, betonte der Mann aus Düsseldorf und erwartet unverzügliche Beschlüsse.

Steuererhöhung und weniger ÖPNV

„Können Sie uns Empfehlungen geben?“, fragte Brigitte Erd (Grüne). Es gebe genug Vorschläge, sagte Olbrich und wurde dann doch etwas konkreter: „Schauen Sie sich an, wo die Stadt für Aufgaben das Drei- bis Vierfache von dem anderer Kommunen ausgibt.“ Das betreffe zum Beispiel die Betreuung der Kinder im Offenen Ganztag, wo Mülheim selbst rund vier Millionen im Jahr investiert. Doch daran wollen die Politiker festhalten. Olbrich sprach zudem den ÖPNV an, der Jahr für Jahr in Mülheim ein Defizit von 30 bis 35 Millionen Euro einfährt. Und natürlich denkt die Kommunalaufsicht auch an Steuererhöhungen, doch nicht unbedingt im ersten Schritt. Allerdings fällt auch der Satz, dass die Erhöhung der Grundsteuer B, die alle Immobilienbesitzer und viele Mieter träfe, eine schnelle Variante sei, um die Einnahmenseite zu verbessern. Es bringt aus Sicht der Finanzaufsicht nichts, jetzt nur Maßnahmen zu beschließen, die erst in vier, fünf Jahren wirkten.

Was kann die Bezirksregierung für die Stadt tun? Lothar Reinhard (MBI) erwähnte die mögliche Stilllegung der ÖPNV-Strecke am Kahlenberg. Werde man dann in jedem Fall in Düsseldorf Fördergelder zurückverlangen? Nicht unbedingt, so Olbrich. Es werde eine wirtschaftliche Betrachtung geben. Die Vorteile einer Stilllegung müssten klar überwiegen.

Peter Beitz (FDP) fragte nach den Chancen eines Altschuldenfonds, in den die überschuldeten Kommunen ihr Defizit ablegen könnten. Die Bezirksregierung gibt sich da zuversichtlich: Ein Altschuldenfonds wäre aus ihrer Sicht sinnvoll und notwendig. Denn, so Olbrich, es gebe ein großes schwarzes Gespenst – Zinserhöhungen. Wenn die kommen, würde sich in vielen Städten die Not vergrößern, erst recht in Mülheim.

>> HAUSHALT 2018 WIRD NICHT GENEHMIGT

Der städtische Haushalt 2018 ist bisher von der Bezirksregierung nicht genehmigt und wird es auch nicht mehr. Die Stadt hat erneut ein Defizit von 46,3 Millionen Euro gemacht. Geld aus dem Stärkungspakt des Landes hat die Stadt daher für 2018 bisher nicht erhalten.

Im Raum stehen auch weitere Personaleinsparungen.