Durch unterschiedliche Konzepte sind die weiterführenden Schulen zufrieden mit der aktuellen Situation. Trotzdem gibt es noch Herausforderungen.
Die Integration der Seiteneinsteiger klappt inzwischen gut. Das haben Nachfragen bei den weiterführenden Schulen ergeben. Es gibt unterschiedliche Konzepte, durch die Flüchtlingskinder gleichzeitig Deutsch lernen und in den Regelklassen ankommen sollen. Sprachbarrieren oder unterschiedliche Wertvorstellungen sorgen aber hin und wieder für Probleme.
An einem Großteil der Schulen kommen die Seiteneinsteiger direkt in eine Regelklasse. So zum Beispiel am Gymnasium in Heißen. Hier gibt es drei Fördergruppen – eine für ganz neue Schüler und eine für solche, die schon rund ein Jahr in Deutschland leben. In der dritten Gruppe geht es um die Anschlussförderung. Diana Pioannou, Koordinatorin der Seiteneinsteiger, erklärt: „Das sind Schüler, denen wir zutrauen, das Abitur zu schaffen.“ Zehn bis zwölf Stunden pro Woche gibt es Deutschunterricht, den Rest des Schultages verbringen die Schüler in den normalen Klassen.
Alle nehmen an Exkursionen oder Klassenfahrten teil
„Wir grenzen keinen aus. Alle nehmen an Exkursionen oder Klassenfahrten teil“, so Pioannou. Problematisch findet die Pädagogin hingegen, dass die Schulform Gymnasium häufig nicht die richtige ist: „Es ist für die Schüler wie eine Niederlage, wenn sie nach der Erstförderung die Schule wechseln müssen, obwohl sie gerade erst angekommen sind.“ Grund dafür sei, dass das Schulsystem den Flüchtlingskindern unbekannt sei.
Generell haben einige von ihnen vorher nie eine Schule besucht. Das fällt auch Barbara Kromer, Leiterin der Schule am Hexbachtal auf. Zwar gebe es an der Gemeinschaftshauptschule durch Integrationskonzept und Sprachunterricht keine Probleme. Eine Herausforderung sei es aber, die Schüler an regelmäßige Schulbesuche und Regeln zu gewöhnen.
Das sieht Martin Kahlert, der sich am Broicher Gymnasium um die Seiteneinsteiger kümmert, ähnlich. „Wir haben Schüler, die im ganzen Leben vielleicht zwei Monate eine Schule besucht haben. Die kennen das Konzept überhaupt nicht“, bedauert er. Das mache die Integration schwierig. Bei anderen Schülern klappt dies hingegen gut. Neun werden an der Schule übernommen, bei dreien fällt die Entscheidung bald. Kahlert: „Uns ist es wichtig, den Schülern die Perspektive zu eröffnen, auf dem Gymnasium zu bleiben.“
Schreibkurse, Englischunterricht, Kunstangebote
Der benachbarten Realschule in Broich ist es wichtig, die Seiteneinsteiger voll zu integrieren. Schulleiter Wolfgang Dahmen erklärt: „Ich weiß, dass die Schülergruppe da ist, aber ich sehe sie nicht als Seiteneinsteiger, sondern als Schüler wie jeden anderen an.“ Die Schule bemüht sich um Förderung: Mit Schreibkursen, Englischunterricht oder Kunstangeboten. Eine gemischten Gruppe – aus Seiteneinsteigern und anderen Schüler – hat mit einem Theaterpädagogen ein Stück entwickelt. Und die Schüler helfen auch: „Wir haben Zehntklässler, die arabisch sprechen und bei Sprachbarrieren dolmetschen“, erläutert Dahmen.
Das Thema Integration ist auch der Willy-Brand-Schule wichtig. „Wir sind sehr daran interessiert, die ganze Schulgemeinde in den Integrationsprozess einzubinden“, heißt es in einem gemeinsamen Statement von Schulleiterin Karin Rinn, Christopher Masalon, Lehrer der Internationalen Vorbereitungsklasse (IV), und Alexander Menting, Leiter der Jahrgänge fünf bis sieben. Anders als an vielen anderen Schulen wird zu Beginn überprüft, ob die Deutschkenntnisse für eine Regelklasse ausreichen. Ist das nicht der Fall, werden kommen die Schüler in eine IV. Im Fach soziales Lernen beschäftigen sie sich darin mit Werte und Regeln. Durch ein Jugendcafé und ein Patenmodell fördern Schüler die Integration. Wichtig ist der Willy-Brandt-Schule die Berufsorientierung, ein Wegweiser-Projekt soll den Übergang in den Beruf vereinfachen.
Erwerb des Abschlusses der Klasse neun
Das spielt auch am Berufskolleg Lehnerstraße eine große Rolle. Zwar gehe es laut Schulleiterin Roswitha Neumann-Weber in erster Linie um den Erwerb des Abschlusses der Klasse neun, den so genannten Hauptschulabschluss. Es gibt aber auch Seiteneinsteiger, die weitermachen und die zehnte Klasse oder die gymnasiale Oberstufe besuchen. Dabei sieht sie Erfolge: „Es gibt Schüler, die Ausbildungsplätze im Einzelhandel oder kaufmännischen Bereich bekommen haben.“
Insgesamt läuft es gut an den Mülheimer Schulen, ein Wunsch klingt jedoch bei fast allen Schulen raus: Der nach mehr Ressourcen – seien es Lehrer, Sozialarbeiter oder Räumlichkeiten. Ein Aspekt, auf den die Schulen keinen Einfluss haben. Von der Stadt fühlen sie sich aber nicht allein gelassen, heißt es beispielsweise von der Willy-Brandt-Schule: „Es gibt viel Unterstützung, wie die gerechte Verteilung der Seiteneinsteiger auf alle Schulen.“ Die Thematik Seiteneinsteiger bleibe aber eine Herausforderung.
>>> ZAHL DER SEITENEINSTEIGER SINKT
Insgesamt besuchen (Stand zum 1. November) 763 Seiteneinsteiger die Mülheimer Schulen. Davon gehen 413 auf eine Grundschule, 347 auf eine weiterführende Schule . Drei Seiteneinsteiger sind an der Mülheimer Waldorfschule angemeldet.
Die Zahl ist, verglichen mit September, um ca. 50 gesunken. Im März 2017 waren es 1187.
Pro Monat sollen laut Schätzung der Stadt etwa 25 neue Seiteneinsteiger kommen. Anfang 2018 waren es rund 45.