Mülheim. . Mögliche Änderungen beim Zuschnitt der Aufgaben in den Dezernaten sieht die Stadtspitze sehr kritisch. Teile der Politik wollen Veränderungen.
Die komplette Verwaltungsspitze um Oberbürgermeister Ulrich Scholten hat sich am Donnerstag dafür ausgesprochen, die Zusammensetzung der Dezernate nicht zu verändern. Auch künftig sollen die Bereiche Bildung, Soziales, Sport, Gesundheit und Kultur unter einem Dach erfolgen, wenn im nächsten Jahr ein neuer Dezernent im Rathaus Platz nimmt. Auch Planen, Bauen, Umwelt will die Stadtspitze nicht auseinanderreißen.
Derzeit berät die Politik darüber, ob im Rathaus auf Wunsch des Unternehmerverbandes die Dezernate verändert werden sollten. Die Wirtschaft fordert, dass ihre Belange in der Stadt deutlich mehr Gewicht bekommen. Dem Verband schwebt eine Art Zukunftsdezernat vor, damit Mülheim nicht weiter an Dynamik und den Anschluss verliere.
Wo werden Unternehmen nicht ausreichend bedacht?
In der Verwaltungsspitze fragt man sich dabei: Was läuft nicht gut? Wo werden die Unternehmen nicht ausreichend bedacht, wo haben sie Probleme, wo können wir helfen? Doch es liege nichts Konkretes vor, bedauert Stadtdirektor Frank Steinfort und wünscht sich, dass die Wirtschaft klare Fakten benennt. Ein echtes Zukunftsdezernat, erklärt der Kämmerer Frank Mendack, gebe es längst, es sei das Bildungsdezernat.
OB Scholten hält es wie seine Dezernenten für falsch, jetzt die Fachbereiche ohne Not neu zu verteilen, nur weil es ein Interessenverband – hier die Wirtschaft – fordere. Deutlicher wird Ulrich Ernst, der scheidende Dezernent: „Wir halten die Zusammensetzung der Dezernate in ihrer jetzigen Form für gut, für logisch – und auch erfolgreich.“ Ernst nennt unter anderem die Zuwanderung von Flüchtlingen, die die Verwaltung sehr gut bewältigt habe.
FDP: Stadt knapp vor dem Ruin
Bau- und Planungsdezernent Peter Vermeulen sieht wie Steinfort die Stadt trotz aller Probleme keineswegs auf einem absteigenden Ast, wie es Teile der Wirtschaft tun. Im Gegenteil, es gebe viele gute Entwicklungen. Außerdem: „Auch ein neuer Wirtschaftsdezernent brächte keine neuen Gewerbeflächen mit in die Stadt“, sagt Scholten.
Die Politik bewertet die Botschaft aus dem Rathaus unterschiedlich: Die SPD kann die Sorgen des Unternehmerverbandes bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung Mülheims zwar nachvollziehen, bezweifelt jedoch, ob durch einen Neuzuschnitt der Dezernate eine Stärkung des Standortes Mülheim erzielt werden kann. „Vielmehr muss sichergestellt sein, dass im Sinne eines gemeinsamen Unternehmensgeistes alle beteiligten Stellen im Rathaus lösungs- und nicht problemorientiert an einem Strang ziehen“, sagt Dieter Spliethoff. Eines stellt der Fraktionschef auch klar: Eine Zerschlagung des Bildungs- und Sozialdezernates sei mit der SPD nicht zu machen.
Schleichender Qualitätsabbau im Besatz der Innenstadt
Sehr deutlich wird Peter Beitz (FDP) in seiner Kritik: „Mülheim steht knapp vor dem Ruin, monetär und auch in der Weiterentwicklung der Stadt und der Stadtgesellschaft.“
Ein schleichender Qualitätsabbau im Besatz der Innenstadt sei feststellbar. „Die wirtschaftliche Entwicklung lässt im Vergleich mit Nachbarkommunen nach, die Unzufriedenheit ist mit Händen zu greifen. Da ist ein Weiter so keine Option.“ Die FDP schlägt vor, ein Dezernat einzusparen und beim OB die Aufgaben Digitalisierung, Wirtschaft und Stadtentwicklung anzusiedeln.
Grüne: Frauen in den Verwaltungsvorstand
Von Stillstand, fehlender Innovation und der Gefahr, weiter in der wirtschaftlichen Entwicklung abzustürzen, spricht Jochen Hartmann (BAMH). Ein klares Nein kommt von der Fraktion der Grünen zur Zuordnung der Bereiche Stadtplanung und –entwicklung sowie Sozialagentur zu einem Superdezernat für Wirtschaft. „Wir wollen nicht zulassen, dass Planung und Entwicklung allein wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden“, sagt Tim Giesbert. Zu erörtern sei, ob der Bereich Sport nicht eher zur Planung und der für Gesundheit zum Bereich Umwelt gehöre. Die Sozialagentur, so Franzika Krumwiede-Steiner, müsse beim Sozialdezernat bleiben. Und die Ratsfrau fordert auch: „Der Verwaltungsvorstand darf nicht weiter frauenfreie Zone bleiben.“
>>> ZUSTÄNDIGKEITEN DER STADTSPITZE
Neben dem OB, der u.a. für die Wirtschaftsförderung zuständig ist, gibt es vier Dezernate.
Das Rechtsdezernat (Frank Steinfort) umfasst außerdem die Bereiche Personal und Ordnung samt Sicherheit. Zum Bau- und Planungsdezernat (Peter Vermeulen) gehören die Bereiche Umwelt und Friedhöfe. Der Kämmerer (Frank Mendack) ist auch für die städtischen Immobilien zuständig. Ulrich Ernst betreut mit Bildung, Soziales, Sport, Gesundheit und Kultur das größte Dezernat.