Mülheim. Ein Verein, der mehr Hunde aus Rumänien holen möchte, sieht sich als Opfer der Stadt. Die handelt nach Gesetz, verlor aber schon mal vor Gericht.
Wilhelm Scherer spricht mit schwerer Stimme. Der 75-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, ehrenamtlich Hunde aus Rumänien nach Deutschland zu vermitteln, damit sie hierzulande ein gutes Zuhause finden. Doch seinem Verein werden in Mülheim Steine in den Weg gelegt, behauptet er. Er will statt der bislang erlaubten 120 Hunde künftig 160 Tiere vermitteln. Die Stadt lehnte das nun ab, der Fall liegt seitdem beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf.
Der Vorsitzende des Vereins „Tierfreunde Hund und Leben“ führt eine von insgesamt vier in der Stadt ansässigen Tiervermittlungen. Alle sind gemeinnützig, gewerbliche Anbieter gebe es laut Stadt nicht. Doch Scherer fühlt sich bei seiner Arbeit durch das Veterinäramt, das die Genehmigung erteilt, sehr eingeschränkt. Seit Ende 2016 darf er in Mülheim Hunde nach Deutschland vermitteln. In Rumänien hat er einen Partnerverein, geführt von einer Deutsch-Amerikanerin. Daneben durfte Scherer auch noch aus Frankreich, Spanien und Ungarn Hunde nach Deutschland holen – wobei er den Transport nicht selbst durchführt, sondern nur beim Empfang dabei ist.
Genehmigung gerichtlich erstritten
Die Genehmigung zur Vermittlung hat er sich allerdings erst vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf erstritten. Er bekam sie aufgrund eines Formfehlers der Stadt. Zuvor war er bereits im Osten tätig, in Scheilenberg, im Erzgebirge. Eine Genehmigung von der zuständigen Behörde in Chemnitz hatte er dafür. Mülheim blockte zunächst.
„Ich hatte die Arbeit schon aufgenommen und dann eine Unterlassungsverfügung erhalten. Die Stadt schaute mir genau auf die Finger und entdeckte danach auf unserer Homepage, dass unsere Anzeigen für die ersten zwölf Hunde nicht deaktiviert waren“, sagt Scherer. Also erhielt er einen Bußgeldbescheid über 60.000 Euro, gegen den er vorging und schließlich die Genehmigung erhielt – mit 22 Auflagen. Was lange fehlte, war eine sogenannte Traces. Eine Nummer, unter der eine Vermittlung Transporte veranlassen darf. Die muss das Veterinäramt beantragen. „So haben wir anfangs immer eine Einzeltraces bei der zentralen Stelle in der Schweiz beantragt“, ärgert sich Scherer.
Bessere Zusammenarbeit mit Veterinäramt erwünscht
Die Zahl der Auflagen sei normal und liege allen Vermittlungen vor, heißt es laut Stadt. „Wir handeln dabei nach dem Tierschutzgesetz, das die Regeln vorschreibt“, erklärt Stadt-Sprecher Volker Wiebels. Bei den Auflagen geht es um die artgerechte Haltung, die Gesundheit der Tiere oder aber die Sorgepflicht im Falle einer gescheiterten Vermittlung. Dann nämlich muss der Verein die Hunde zurücknehmen. Es soll verhindert werden, dass die deutschen Tierheime überlastet werden. „Das wollen wir auch nicht. Wir schauen uns jeden Besitzer vorher an und wählen aus. Wir haben auch schon mal abgelehnt“, erklärt Bettina Karstädt, die zweite Vorsitzende. Sie würde es begrüßen, wenn die Vereine besser mit dem Veterinäramt zusammenarbeiten könnten, im Interesse von allen.
Dem Veterinäramt und dem Tierschutz ist es generell sehr wichtig, dass Hunde aus Rumänien nicht von dubiosen Züchtern stammen, was für einen Verein schwer nachweisbar ist. Die Hunde aus Rumänien stammen aus ganz anderen Verhältnissen als in Deutschland. Zudem hat die Stadt in der Vergangenheit schon böse Erfahrungen gemacht. 2016 kam etwa ein illegaler Transport mit 38 Hunden aus Rumänien an, dabei war eine hochschwangere Hündin. „Wir arbeiten legal, das ist uns selbst wichtig, weil uns die Tiere am Herzen liegen“, betont Bettina Karstädt.
Tierheim: „Zu viele schwarze Schafe unterwegs“
Dem Tierschutzverein Mülheim sind die Tiervermittlungen vor Ort nicht bekannt – selbst, wenn sie gemeinnützig sind. Daneben seien viele illegale Vermittler unterwegs, die seriösen Vereinen das Geschäft erschweren. „Es gibt zu viele schwarze Schafe“, warnt die Vorsitzende Heidrun Schultchen.
„Sobald ein Hund oder überhaupt Tiere über das Internet angeboten werden, sollte man schon vorsichtig sein“, sagt sie. Denn man wisse nie, wer am anderen Ende sitzt und woher die Tiere wirklich stammen. „Es wird einfach zu viel Schindluder getrieben“, weiß Schultchen. Im Ruhrgebiet sei dies nicht so schlimm, extremer sei es in Orten nahe einer Landesgrenze.
„Grundsätzlich finden wir es natürlich toll, wenn einem Tier geholfen wird. Aber es muss im Rahmen der Richtlinien geschehen. Daher ist es auch richtig, dass diese streng sind“, betont Schultchen. Am besten sei es, wenn es vor Ort im Ausland ein Tierheim gibt, in dem die Hunde gut versorgt werden. „Eine Reise bedeutet natürlich auch immer Stress. Im besten Fall sollten Vermittler sie begleiten. Denn denjenigen, die nur für den Transport zuständig sind und damit Geld verdienen, ist das Tier in der Regel egal.“
>>> Tiertransport aus dem Ausland
>>Wenn ein Tiertransport aus dem Ausland in Richtung Deutschland fährt, kann er jederzeit von der Polizei kontrolliert werden. An den Grenzen werden sie manchmal gestoppt, manchmal durchgewunken.
Innerhalb von 48 Stunden muss der reine Transport abgeschlossen sein. Je nach Kontrollen auf dem Weg kann sich die Zeit verzögern. Darunter leiden im Endeffekt die Tiere.