Mülheim. Hartz-IV-Empfänger erhalten Perspektiven durch neues Bundesprogramm. Sozialamtsleiter Thomas Konietzka rechnet mit 134 Stellen für Mülheim.
Mülheim kann ab Januar 2019 rund 130 Langzeitarbeitslosen eine neue Perspektive geben – die Gelder für kommunale und auch für private Arbeitsplätze gibt es vom Bund aus dem neuen, vier Milliarden Euro schweren Programm für einen sozialen Arbeitsmarkt. Das Teilhabe-Chancengesetz soll im Januar 2019 in Kraft treten.
Mülheim erhält über die neue Förderung 3,2 Millionen Euro zusätzlich zu den bisherigen Eingliederungsmitteln, berichtet Thomas Konietzka, Leiter des Sozialamtes, und ergänzt: „Der Bund kalkuliert mit 24.000 Euro Bezuschussung pro Förderfall. Rechnet man das um auf den Klientenkreis, der bei uns infrage kommt, ergeben sich 134 Vollzeitarbeitsplätze.“
Gewisse Voraussetzungen sind notwending
Langzeitarbeitlose, für die das Teilhabe-Chancengesetz greifen könnte, müssen gewisse Voraussetzungen mitbringen: Mindestens sieben Jahre innerhalb der vergangenen acht Jahre müssen sie ohne Arbeit gewesen sein. Finden sie über das Bundesprogramm einen Job, erhält ihr Arbeitgeber in den ersten beiden Jahren der Anstellung einen hundertprozentigen Lohnzuschuss. In jedem weiteren Jahr wird dieser Zuschuss um zehn Prozent gekürzt, die maximale Förderdauer liegt bei fünf Jahren.
In Mülheim aber zählt die Sozialagentur, der kommunale Träger, der die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Eigenverantwortung organisiert, derzeit laut Konietzka rund 2200 Hartz-IV-Empfänger, die die Voraussetzungen für das Teilhabe-Chancengesetz mitbringen. „Das Geld wird nie reichen, um alle unterzubringen“, weiß Konietzka schon heute. Dennoch hält der Leiter des Sozialamtes das Werkzeug, das ihm das neue Gesetz an die Hand gibt, für ein gutes.
Im Gesetzt festgeschrieben
Anders als vorangegangene Förderprogramm sei dieses nun als gesetzliche Regelaufgabe festgeschrieben und damit auf längere Sicht angelegt. „Das ist nicht nur ein Projekt, das endet. Der Bund legt den Fokus auf Nachhaltigkeit und nimmt dafür Geld in die Hand. Dass ein Arbeitsplatz für einen Langzeitarbeitslosen in der freien Wirtschaft zu 100 Prozent gefördert wird, ist neu“, lobt Konietzka.
Aus Sicht des Sozialamtsleiters ist neben den Lohnzuschüssen eine zweite Säule des Bundesprogramms erfolgsversprechend: Begleitende Betreuung durch Coaching, ebenfalls finanziert durch die Mittel aus dem Teilhabe-Chancengesetz. „Wir haben in anderen Programmen gute Erfahrungen mit engmaschiger Betreuung gemacht und glauben, dass das funktionieren kann.“
Mehr als ein Anschluss an den Arbeitsmarkt
Mit Hilfe der Begleitung könne dafür gesorgt werden, dass ehemals Langzeitarbeitslose den Anschluss an den Arbeitsmarkt nicht nur finden, sondern auch behalten. Dafür spreche ebenso, dass auch Mittel zur Weiterbildung vorgesehen sind, sobald ein Langzeitarbeitsloser eine Anstellung gefunden hat.
Allerdings gebe es derzeit noch Knackpunkte, die die Umsetzung des neuen Gesetzes maßgeblich bestimmten. Etwa: „Bislang orientiert sich das Gesetz am Mindestlohn, viele Arbeitgeber aber zahlen tarifgebunden – die müssten dann draufzahlen“, verdeutlicht Konietzka. Aktuell aber stimmten sich die Bundesländer über einen Gesetzesänderungsvorschlag ab, der die Förderung in Höhe des Tariflohns vorsehe. Das aber würde bedeuten, dass die Zahl der zu fördernden Stellen gemindert würde. Weil die Förderung jedes einzelnen Beschäftigte dann teurer wäre, blieben weniger Stellen übrig, denn die Höhe der Fördersumme für jede einzelne Kommune würde nicht geändert.
Gesetzesentwurf muss noch beschlossen werden
Noch allerdings sei das Gesetz bislang nur ein Entwurf, weder zu Ende abgestimmt, noch beschlossen. „Kurz vor Weihnachten soll das durch den Bundesrat gehen. Solange arbeiten wir auf der Basis von ,Wahrscheinlich kommt das so’“, schildert Konietzka. Schon in diesem Jahr hat die Stadt 800.000 Euro an Bundesmitteln bekommen, um Vorbereitungen für die Umsetzung des neuen Gesetzes zu treffen. „Wir haben schon geguckt, wer kommt dafür infrage und wie sind diese Klienten zu qualifizieren.“ Schließlich soll die Umsetzung am 2. Januar starten.